SWR Aktuell: 88 Prozent. Das klingt erstmal super. Aber als einziger Kandidat relativiert sich das natürlich schon wieder ein bisschen. Und bei 19 Prozent Wahlbeteiligung hätten Sie sich deutlich mehr gewünscht, oder?
Dirk Elkemann: Ja, gerade bei der Wahlbeteiligung denkt man natürlich, hmm. Ich hatte intern gesagt 20 Prozent plus. Aber das hat sich in Rauenberg beim Kollegen Peter Seidl abgezeichnet: Er hat 27 Prozent in einer ähnlichen Konstellation gehabt. Mehr als 19 Prozent war halt dann gestern bei dem guten Wetter in Wiesloch leider nicht drin.
SWR Aktuell: Sie haben ja sozusagen eine ganz große Koalition hinter sich versammeln können. Das ist für Sie natürlich gut. Aber ist es eigentlich gut für die Demokratie, wenn die Opposition fehlt?
Dirk Elkemann: Ich würde nicht sagen, dass die Opposition fehlt. Ich habe das Gefühl, dass die grüne Fraktion bei uns im Gemeinderat sich durchaus als auch als Opposition versteht, insbesondere zu mir, was ich manchmal ein bisschen bedauere, in der Art, wie das ausgetragen wird. Aber ich denke mal, die Themen, die wir haben, sind wirklich konsensfähig.
Mit fast 88 Prozent der Stimmen Wieslocher Oberbürgermeister Dirk Elkemann wiedergewählt
In Wiesloch im Rhein-Neckar-Kreis ist Oberbürgermeister Dirk Elkemann wiedergewählt worden. Er bekam fast 88 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei gut 19 Prozent.
Klimaschutzkonzept erstellt
Wir haben ein Klimaschutzkonzept erstellt, das jetzt umgesetzt werden muss. Wir haben große Sanierungen vor dem Bug, also insbesondere jetzt das Ottheinrich-Gymnasium mit 34 Millionen Euro nur für eine Sanierung. Wir haben eine Digitalisierung zu stemmen. Also da gibt es ganz viele Themen, bei denen man über das Ob nicht viel streiten kann. Über das Wie wird man sich dann im Zweifelsfalle hier und da mal unterhalten müssen, und das wird dann zum Thema im Gemeinderat werden.
SWR Aktuell: Sie haben einige Top-Themen schon angedeutet. Wiesloch soll zum Beispiel klimaneutral werden. Wie weit sind Sie auf diesem Weg?
Dirk Elkemann: Wir haben bislang sehr stark konzeptionell gearbeitet. Wir haben ein Klimaschutzkonzept, wir haben ein Radverkehrskonzept. Wir sind jetzt in den letzten Zügen der kommunalen Wärmeplanung, die wir bis Ende des Jahres nach Baden-Württemberger Recht abschließen müssen. Das heißt: Die Themen, wie wir zur Klimaneutralität 2040, kommen möchten, die sind jetzt gesetzt.
Alle Klimaschutzmaßnahmen konkurrieren natürlich mit anderen Dingen, die auch wichtig sind. Das Ottheinrich-Gymnasium habe ich erwähnt. So gibt es noch einige andere Themen. Wir wollen unsere Lehrschwimmbecken erhalten und so weiter. Also wo man immer sagen muss: Wenn ich das eine tue, dann lasse ich das andere, nein, das geht auch nicht.
Das große Ziel 2040
Das heißt, manches wird vielleicht nicht ganz so schnell gehen, wie wir uns das alle wünschen. Aber ich glaube, dass wir da im Gemeinderat auch eine Lösung finden werden, wie wir Dinge auf die Schiene bringen und dann tatsächlich 2040 auch unser großes Ziel erreichen.
SWR Aktuell: Da sind andere, größere Städte aber doch noch ehrgeiziger. Die haben zum Beispiel schon 2030 als Ziel für Klimaneutralität. Warum geht das in Wiesloch nicht?
Dirk Elkemann: Ob das in anderen Städten bis 2030 geht, da mache ich mal ein kleines Fragezeichen dran. Ich halte das für sehr ambitioniert. Wir haben das bei uns auch im Gemeinderat diskutiert. Und siehe da: Selbst die Grünen bei uns im Gemeinderat haben gesagt: Also 2030 ist nicht realistisch.
Sie müssen sich einfach mal vorstellen: Wir haben einen Gebäudebestand, der gerade in der Innenstadt zum Teil mehrere hundert Jahre alt ist. Um das klimaneutral mit Heizwärme zu versorgen, müssen Kilometer an Fernwärme verlegt werden. Das ist nicht von heute auf morgen machbar. Zum einen müssen Sie die komplette Stadt aufgraben, zum anderen muss auch das mit technischen Mitteln, mit personellen und finanziellen Mitteln hinterlegt sein.
SWR Aktuell: Wer Wiesloch sagt, denkt oft nicht nur an die Stadt, sondern auch an das Psychiatrische Zentrum, eine Einrichtungen des Landes, die vor ein paar Wochen Negativschlagzeilen gemacht hat, weil ein Patient geflüchtet war und in der Innenstadt eine Frau getötet hat. Inwieweit bleibt das PZN auf der Agenda?
Dirk Elkemann: Wir sind mit dem PZPN regelmäßig im Gespräch. Wir haben Quartalsgespräche mit der Leitung dort. Insofern gibt es einen regen Austausch. Das ist ganz normal. Jetzt hat sich natürlich die Situation noch einmal ein Stück weit verändert. Die Leute sind verunsichert, in ihrem Sicherheitsgefühl beeinträchtigt.
Gemeinsam mit dem PZN Vertrauen zurückgewinnen
Hier werden wir gemeinsam mit dem PZN Vertrauen zurückgewinnen müssen. Dazu habe ich vor, dass wir uns jetzt relativ bald mit den Verantwortlichen noch einmal zusammensetzen und gucken, in welcher Form wir diesem Sicherheitsgefühl noch stärker Rechnung tragen können. Das PZN hat zwei Funktionen. Zum einen die Rehabilitation der Patienten dort. Das sind kranke Menschen, denen man helfen muss und die wieder aufs Leben vorbereitet werden müssen. Insofern muss man ihnen auch die Möglichkeit geben, ein Stück weit Gesellschaft auch zu erleben und damit gehören auch dann Lockerungsstufen dazu.
Auf der anderen Seite hat das PZN aber eben auch die Sicherungsfunktion. Ja, dass die Bevölkerung vor gefährlichen Menschen auch geschützt werden muss. Da denke ich mir, müssen wir jetzt bei der Sicherheit in dieser Waagschale zwischen Rehabilitation und Sicherheit bei der Sicherheit noch ein bisschen eine Schippe drauflegen.