Seit der Cannabis-Legalisierung ist die Arbeit in einer Mannheimer Apotheke einfacher geworden. Die Collini-Apotheke ist eine der größten in Deutschland, die sich schon seit 2017 auf Cannabis spezialisiert hat. Sie stellt Medizin aus Cannabisblüten her - individuell für rund 1.000 Patienten. Die meisten leiden unter Depressionen, Krebserkrankungen oder schlimmen Schmerzen. Im Schnitt bekommt jeder 15 Gramm.
Cannabis jetzt auch auf Privatrezept
Für den Mannheimer Pharmazeuten Alexander Daske war der Arbeitsalltag vor der Legalisierung sehr aufwendig. Da Cannabis als Betäubungsmittel galt, musste jeder einzelne Schritt dokumentiert - und jedes Milligramm genau abgemessen werden. Vorschrift war es auch, das Cannabis in der Apotheke in Tresoren aufzubewahren. Das habe sehr viel Zeit und Personal gekostet.
Jetzt darf die Medizin auf ein normales Privatrezept rausgegeben werden. Was bleibt ist die Verarbeitung, Abfüllung und Etikettierung. Denn Cannabis ist nach wie vor ein Rezeptur-Arzneimittel.
Nach Gesetzesänderung: "Kleine Verwirrungen gibt es noch"
Bei der Informationsstelle für Arzneispezialitäten (IFA) ist Cannabis noch immer als Betäubungsmittel (BtM) gelistet. Das sorgt bei vielen Ärzten - laut Daske - noch für Verwirrung. "Viele Ärzte orientieren sich an der IFA-Liste und wissen noch nichts von der Umstellung", sagt er. Manche Ärzte stellen keine Privatrezepte aus, sondern nur Betäubungsmittel-Rezepte. Diese mussten die Apotheken seit der Legalisierung am 1. April 2024 ablehnen. Die Folge waren Versorgungslücken für Patienten.
Seit dem 9. April 2024 hat das Bundesministerium für Gesundheit Betäubungsmittel-Rezepte so lange wieder zugelassen, bis Cannabis auch als BtM aus der IFA-Liste fällt. Dafür soll am 1. Mai der Stichtag sein.
Die Mannheimer Collini-Apotheke versorgt Patienten in ganz Deutschland
Die Mannheimer Apotheke lagert Cannabisblüten im Wert von etwa einer Million Euro - auf 400 Quadratmetern in einem der größten Cannabis-Versandzentren bundesweit. Knapp 30 Kilogramm sind sicher in einem Tresorraum verstaut, der mit Wärme- und Bewegungssensoren ausgestattet ist. Von 400 Cannabissorten lagern hier knapp 200. Die Collini-Apotheke bezieht die Blüten hauptsächlich aus Kanada und Südafrika - aber auch von Firmen, die in Deutschland selbst produzieren.
Seit Legalisierung: Mehr Raum für Forschung und Produktentwicklungen
Seit der Gesetzesänderung experimentiert Daske mit verschiedenen Extrakt-Formen, zum Beispiel Hasch und Harz. Zuvor war das nicht erlaubt. Er verwendet dafür verschiedene Techniken, unter anderem spezielle Press- und Druckverfahren. So wird Medizin hergestellt, die auch inhaliert oder oral aufgenommen werden kann. Die neueste Entwicklung sind bisher schmerzlindernde Tabletten aus Granulat, die sich im Mund auflösen und Menschen mit Schluckbeschwerden helfen.
Kranken Menschen mit Cannabis gezielter helfen
Zukünftig können neue Cannabis-Produkte ganz genau dosiert - und Patienten besser auf ihre Medikamente eingestellt werden. Auch der Geruch und das Aussehen spielen eine große Rolle in ihrer Wirkung. Die gängigsten Bestandteile sind THC und CBD. Insgesamt gibt es aber 600 verschiedene Inhaltsstoffe. Sie bestimmen Wirkung und Nebenwirkungen. Da das in Deutschland noch weitestgehend unentdeckt ist, ist die Forschung neuer Cannabis-Medikamente für Daske so wichtig. Er möchte kranken Menschen in Zukunft noch gezielter helfen können.