Zunächst sind sie zuvorkommend und aufmerksam: sogenannte Loverboys. Sie haben vor allem junge Mädchen im Visier. Doch die vermeintlich großen Gefühle sind nur eine Masche, um die jungen Frauen hörig zu machen und sie dann für sich anschaffen zu lassen.
Das emotionale Thema gibt es schon länger, ist jedoch kaum publik. Die Betroffenen trauen sich aus Scham nicht, sich zu offenbaren. Die SPD im baden-württembergischen Landtag fordert daher eine Aufklärungspflicht an Schulen. Das Thema müsse in den Bildungsplänen verankert werden, sodass Lehrer es im Unterricht behandeln müssen. "Die Loverboy-Gefahr ist auch deshalb so groß, weil sie schlichtweg ignoriert wird", sagte der SPD-Landtagsabgeordnete Daniel Born. "Das muss sich ändern, denn für viele junge Frauen ist es eine reelle Gefahr, von erwachsenen Männern emotional abhängig und ausgebeutet zu werden, bis hin zur Prostitution." Als potenzielle Ansprechpartner müssten auch die Schulsozialarbeiter sensibilisiert werden.
"Loverboys" sprechen potentielle Opfer vor Schulen an
Die "Loverboys" nehmen im Internet oder auch in unmittelbarer Nähe von Schulen Kontakt mit ihren Opfern auf. Dabei suchen sie häufig gezielt junge Frauen in schwierigen Lebensphasen, sei es durch Probleme mit Eltern oder Schule, durch Scheidung der Eltern oder Umzug mit Verlust des Freundeskreises. Sie entfremden die Mädchen ihrem sozialen Umfeld und werden schnell der wichtigste Mensch in seinem Leben. Dann heißt es, der anfangs spendable Freund habe Geldprobleme, so Gesa Birkmann von der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes. Das Mädchen könne helfen, wenn es für die gemeinsame Zukunft anschaffen gehe. Die meisten Opfer sind zwischen 14 und 17 Jahren, einige auch unter 14 Jahren.
Sexuelle Ausbeutung als Thema im Ethik-Unterricht?
Terre des Femmes fordert ebenfalls mehr verbindliche Aufklärung an Schulen. "Man kann als Klassenkamerad und Lehrer wichtige Symptome für das Abgleiten der Mädchen in die Abhängigkeit von einem Mann erkennen, wenn man um deren Strategie weiß", sagt Birkmann. So sollten beispielsweise die Alarmglocken bei Mitschülern und Lehrkräften schrillen, "wenn Mädchen sich abschotten, sich nicht mehr mit Freundinnen treffen oder auf einmal teure neue Kleidung oder Schmuck tragen", so Birkmann. Das im Unterricht durchzunehmen sei essenziell, um möglichst viele potenziell Betroffene zu erreichen.
Das Kultusministerium in Stuttgart betonte, die sexuelle Ausbeutung Minderjähriger komme in den Bildungsplänen nicht vor, aber in Fächern wie Ethik gebe es "Anknüpfungspunkte".
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"Loverboy"-Masche wird nicht eigens erfasst
Die "Loverboy"-Masche fällt unter Menschenhandel. Im Jahr 2022 gab es laut Bundeskriminalamt in Deutschland 171 Verfahren mit minderjährigen Opfern - 156 wegen kommerzieller sexueller Ausbeutung. Die Loverboy-Methode ist nicht als eigener Straftatbestand in der polizeilichen Kriminalitätsstatistik aufgeführt. Auch hier fordert der SPD-Landtagsabgeordnete Born Änderungen, so dass die Loverboy-Masche statistisch erfasst wird. Birkmann betont, dass Zahlen und Fakten helfen würden, die von langer Hand geplante Strategie der Täter zu durchleuchten und präventiv einzugreifen.