Was Lehrkräfte, Eltern und Schüler künftig beachten müssen

Kuchensteuer kommt 2025 an Schulen - dann wird es kompliziert

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Marc-Julien Heinsch
SWR-Redakteur Marc-Julien Heinsch Autor Bild
Autor/in
Henning Otte
SWR-Reporter und -Redakteur Henning Otte, SWR Landespolitik

Baden-Württemberg will eigentlich Bürokratie abbauen. Doch das steuerrechtliche Kuddelmuddel durch eine EU-Richtlinie zeigt: Selbst beim Kuchenverkauf an Schulen lauern Probleme.

Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht für Schulen und Kitas. Die gute: Die bereits angekündigte Umsatzsteuerpflicht für bestimmte Erlöse aus Schul- oder Kitafesten greift erst von 2025 an. Die schlechte: Wenn die Kuchensteuer genannte Abgabe kommt, gibt es viele Sonderregeln zu beachten.

Was ist die Kuchensteuer?

Die Landesregierung hat vor kurzem die 4.500 öffentlichen Schulen in einem elfseitigen Schreiben informiert, in welchen Fällen sie steuerpflichtig werden. Die Leitschnur: Es fällt keine Umsatzsteuer von 19 Prozent an, wenn Schülerinnen und Schüler oder Eltern selbst organisiert Kuchen verkaufen. Tritt die Schule als Teil des Staats als Verkäuferin auf, fällt dagegen Steuer an. Dazu gehören aber auch die Schülermitverantwortung (SMV), der Elternbeirat und die Theater-AG, heißt es in einem Schreiben von Innen- und Kultusministerium. Unabhängig davon kann ein Förderverein der Schule agieren.

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Was muss eine Klasse beim Kuchenverkauf bedenken?

In der Handreichung werden zahlreiche Fallbeispiele durchgespielt. Ein Beispiel: "Die Schülergruppe der Klasse 10a veranstaltet in der großen Pause einen Kuchenverkauf, um die Klassenkasse aufzubessern. Die Schülergruppe der Klasse 10a macht mit Plakaten am Schuleingang Werbung für dieses Ereignis. Aus diesen Plakaten ergibt sich, dass die Klasse 10a den Verkauf der Kuchen selbstständig organisiert. Der Kuchenverkauf ist umsatzsteuerrechtlich der Schülergruppe der Klasse 10a zuzurechnen. Es ergeben sich keine steuerlichen Pflichten für die Schule." In diesem Beispiel wird also keine Umsatzsteuer fällig.

Bei Aufführungen von Schulchor oder -theater gilt Steuerpflicht  

Anders sieht es aus, wenn in der Schule Konzerte und Theateraufführungen durch AGs organisiert werden: "Erfolgt die Organisation und Durchführung der Veranstaltung durch eine Klasse, einen Kurs oder eine Arbeitsgemeinschaft im Rahmen des Unterrichts, sind entsprechende Einnahmen der Schule zuzurechnen. Hierzu zählt beispielsweise auch der Schulchor oder die Theater-AG."

Selbst für die Kaffeekasse im Lehrerzimmer gibt es genaue Regelungen. In dem Schreiben der Ministerien heißt es dazu: "Von diesem Geld werden regelmäßig durch eine Lehrkraft Kaffeefilter und Kaffeepulver gekauft. Entsprechende Gelder sind nicht der Schule, sondern der Lehrergemeinschaft bzw. der kaffeetrinkenden Personengemeinschaft (Kaffeegemeinschaft) zuzurechnen." Daraus ergeben sich für eine Schule keine steuerlichen Pflichten ergeben. Anders sieht es aus, wenn die Kaffeekasse von der Schule oder vom Personalrat organisiert wird. Dann müssen Steuern abgeführt werden.

Wie ist es mit Fördervereinen an Schulen?

Viele der Schulen im Land haben einen Förderverein, über den viele Sammelaktionen laufen. Hier gilt: Ein Verkauf darf nicht im Namen der Schule laufen und nicht so regelmäßig sein, sodass Erträge von mehr als 22.000 Euro im Jahr zusammenkommen. Denn dann würden Steuern fällig.

EU will private Unternehmer schützen

Das Land setzt mit neuen Regelungen entsprechende europarechtliche Vorschriften um, die eigentlich schon von 2023 an gelten sollten. Die Übergangsfrist wurde aber bis Anfang 2025 verlängert. Die Frage, ob künftig Kinder und Jugendliche, die für ihre Klassenreise oder einen guten Zweck Kuchen verkaufen, Steuern zahlen müssen, sorgt schon länger für Unmut vor allem an Schulen.

Im Kern geht es darum, ob an öffentlichen Einrichtungen Leistungen erbracht werden, die auch ein privater Dritter erbringen könnte. Das heißt: Wenn etwa Eltern für ein Schulfest Kuchen backen, der dann verkauft werden soll, hätte den auch ein Bäcker liefern und damit Geld verdienen können. Die EU will mit ihrer Mehrwertsteuerrichtlinie verhindern, dass private Unternehmer im Wettbewerb benachteiligt werden.

Kuchensteuer verdeutlicht Aufgabe der Entlastungsallianz

Erst vergangene Woche hatte die Landesregierung grünes Licht für die sogenannte "Entlastungsallianz" gegeben, bei der sie zusammen mit Kommunen und Wirtschafts- und Finanzverbänden der überbordenden Bürokratie zu Leibe rücken will. Die Diskussion um die Kuchensteuer zeigt aber, wie schwierig es ist, das Geflecht der Vorgaben unterschiedlicher staatlicher Ebenen zu entwirren. In diesem Fall macht Brüssel eine Vorgabe und der Bund reicht diese an die Länder weiter. Und das Land Baden-Württemberg sieht sich aus rechtlichen Gründen dazu gezwungen, das Vorgehen bis ins kleinste Details durchzubuchstabieren. Bei den Kommunalverbänden wird darauf verwiesen, dass es hier auch noch nach dem Prinzip "Rechte Tasche, linke Tasche" funktioniert. Denn das Land und die kommunalen Schulträger führen die Umsatzsteuer an den Bund ab, um dann wenig später einen bestimmten Anteil an den Einnahmen der Umsatzsteuer vom Bund zurückzubekommen.    

GEW hält elfseitige Handreichung für wenig hilfreich

Die Bildungsgewerkschaft GEW erwartet, dass die Regelungen zur so genannten Kuchensteuer an Schulen nicht zu einem "Bürokratiemonster" für die überlasteten Schulen werden. "Ein elfseitiges Gutachten zum Kuchenverkauf an die Schulen zu schicken, ist wenig hilfreich", sagte GEW-Sprecher Matthias Schneider dem SWR. "Es ist prima, wie sich Schülerinnen und Schüler mit Eltern und Lehrkräften engagieren. Das muss weiter möglich sein. Und die Schulen brauchen dafür praktikable Tipps zur Umsetzung." Schule bedeute nicht nur Lernen, auch Feste, Konzerte und andere Aktionen gehörten zu einem guten Schulalltag dazu.

Land und Kommunen müssen sich selbst überprüfen

Mit der Regel für die Schulen hat das Land aber längst noch nicht alles geregelt, was sich durch die EU-Vorschriften ergibt. Denn alle staatlichen Stellen im Land, Ministerien, Kommunen und eben auch Schulen, müssen Umsatzsteuer zahlen. Der Gemeindetag hatte zuletzt beklagt, man werde lange brauchen, um die eigenen Abläufe auf steuerliche Relevanz zu überprüfen. So müssten Bauhöfe, Hallen-, Freibäder und vieles mehr intensiv geprüft werden.

Was sind hoheitliche Aufgaben und was können Private übernehmen?

Als Beispiel nennen die Kommunen die Feuerwehr. Deren Hauptaufgabe ist natürlich das Löschen von Bränden. Nicht selten aber wird die kommunale Feuerwehr gerufen, um etwa bei einem Verkehrsunfall technische Hilfe zu leisten. Da muss weiträumig abgesperrt, ein Baum aus dem Weg geräumt oder eine Ölspur beseitigt werden. Diese Leistung könnte auch ein privater Unternehmer übernehmen. Ergo: Eigentlich müsste die Kommune dafür Umsatzsteuer bezahlen. Etwas anderes ist es, wenn die Kommunen hoheitliche Aufgaben übernehmen, etwa Personalausweise ausstellen oder ein Paar standesamtlich trauen.

Ein weiteres Beispiel zeigt, dass auch die Zusammenarbeit zwischen Kommunen betroffen sein könnte. Wenn eine Gemeinde dem Nachbarort anbietet, bei ihm im Winter mit den Schnee zu räumen, könnte das eigentlich auch ein Bauer mit seinem Traktor tun und diese Leistung der Gemeinde in Rechnung stellen. Auch hier tritt gewissermaßen die Kommune mit einem Privatunternehmer in Konkurrenz.

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