Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Finanzminister Danyal Bayaz (beide Grüne) haben am Dienstagmittag den Haushaltsentwurf für die Jahre 2023 und 2024 vorgestellt. Er sieht weitere Kosten in Milliardenhöhe vor. Die Folgen der Pandemie, aber auch das dritte Entlastungspaket des Bundes werden als Gründe genannt.
Kretschmann verlangt Unterstützung von der Ampel-Koalition
Kretschmann forderte, der Bund müsse Farbe bekennen und sagen, wie er die milliardenschweren Entlastungen für bedürftige Menschen und Unternehmen in der Energiekrise schultern wolle. Es könne nicht sein, dass ein großer Teil der Kosten auf die Länder abgewälzt werde, betonte Kretschmann. "Sonst kämen wir in die Gefahr, dass wir gar keine verfassungsgemäßen Haushalte aufstellen können. Das können wir nicht machen und werden wir nicht machen."
Es sei ein besonders schwieriger Haushalt, sagte Finanzminister Bayaz bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfes, und vieles sei noch offen. Fest steht, der Doppelhaushalt soll pro Jahr rund 60 Milliarden Euro umfassen, insgesamt plant die Landesregierung für die kommenden beiden Jahre mit 121 Milliarden Euro. Es sollen keine neuen Schulden aufgenommen werden.
Entlastungspaket des Bundes erschwert Haushaltsplanung
Zusätzlich ist ein Risikopuffer von 1,4 Milliarden Euro vorgesehen. Und überhaupt gehe es jetzt um Risikomanagement, so Bayaz. Denn schon jetzt zeichnet sich ab, dass dieser Risikopuffer nicht reichen dürfte. Und das liegt am dritten Entlastungspaket, das die Ampelkoalition in Berlin Anfang September geschnürt hat, um die rasant steigenden Preise auszugleichen. Finanzminister Bayaz hat ausgerechnet, dass Land und Kommunen etwa 4,8 Milliarden Euro der Kosten schultern müssten, wenn das Paket so umgesetzt wird wie vom Bund gewünscht.
Die genaue Höhe steht aber noch nicht fest. Offen ist auch noch, wie die Steuerschätzung Ende Oktober ausfallen wird. Allerdings hoffe man, dass die Steuermehreinnahmen zumindest die Kosten für das Entlastungspaket der Bundesregierung decken werden.
Kommission tagte Koalition einigt sich auf Haushalt für BW: 1.700 neue Stellen
Die Spitzen der grün-schwarzen Koalition sind sich über den Doppelhaushalt 2023/2024 einig. Es soll 500 neue Lehrerstellen geben - und auch die Polizei bekommt mehr Personal.
Bayaz: "Haben uns Millionenbeträge aus den Rippen gequetscht"
3,1 Milliarden Euro davon müsste das Land beisteuern, 1,7 Milliarden die Kommunen. Ob Baden-Württemberg diese Mittel aufbringen könne, "können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten", sagte Bayaz am Dienstag bei der Regierungspressekonferenz in Stuttgart. Zwar habe das Land im vergangenen halben Jahr "erfreuliche" Mehreinnahmen gehabt. Es sei aber bislang nur schwer zu erkennen, was davon tatsächlich konjunkturell bedingt sei und was hat mit Inflationseffekten zu tun habe, so Bayaz.
Der Doppelhaushalt auf Grundlage der Steuerschätzung vom Mai stehe nach wie vor auf wackligen Füßen. Mit Blick auf das Entlastungspaket der Bundesregierung sagte der Finanzminister: "Das war ein schwieriger Haushalt, bei dem wir uns - ich sag es mal salopp - Millionenbeträge hier und da aus den Rippen gequetscht haben. Und da ist natürlich ein Entlastungspaket von der Größe einfach ein Hammer."
Mit dem Haushaltsentwurf bekennt sich die Landesregierung zu mehr Stellen in Schulen und bei der Polizei, außerdem soll die Digitalisierung vorangetrieben und das Klimaschutzpaket umgesetzt werden. Auf einer Bund-Länder Sonderkonferenz wollen die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder nächste Woche Bundeskanzler Scholz um Klarheit bei den Kosten bitten, die auf die Länder zukommen. Die Ministerpräsidentenkonferenz sollte ursprünglich morgen stattfinden.
Kretschmann erwartet Einigung mit Berlin
Auf die Frage, welche Erwartungen er an das Treffen habe, antwortete Kretschmann am Dienstag: "Dass wir uns einigen. Trotzdem muss man sehen, dass das sehr, sehr schwierig werden wird." Denn die Beschlüsse der Bundesregierung seien vorab nicht mit den Ländern besprochen worden. Die Entlastungen seien wichtig, "um den sozialen Herausforderungen gerecht zu werden, aber auch die volkswirtschaftliche Substanz des Landes zu erhalten", sagte Kretschmann.
Er forderte vom Bund zudem Bewegung bei den Regionalisierungsmitteln, beim Wohngeld, der Krankenhausfinanzierung und bei den flüchtlingsbezogenen Kosten. Bereits im Frühjahr habe die Bundesregierung zugesagt, sich an den flüchtlingsbezogenen Kosten zu beteiligen - und zwar rückwirkend zum Januar. "Jetzt haben wir gleich Oktober - und wir haben immer noch nichts", sagte Kretschmann.
Baden-Württemberg sieht noch viel Klärungsbedarf Kretschmann droht mit Nein zu Entlastungspaket
Ministerpräsident Kretschmann hat das neue Entlastungspaket des Bundes scharf kritisiert. Wo es keine klare Finanzierung und Regelung gebe, werde sich das Land nicht beteiligen.
Kretschmann drang zudem darauf, dass der Rettungsschirm des Bundes auf kleine und mittlere Unternehmen ausgeweitet wird, deren Existenz durch die Energiekrise gefährdet sei. "Das ist ja von enormer Wichtigkeit. Es kommt ja sonst nicht nur zu Insolvenzen, sondern richtig zu Betriebsaufgaben." Der Grünen-Politiker warnte den Bund davor, die Länder im Stich zu lassen.