Mülltonnen aus den Hinterhöfen herausholen, sie leeren und wieder zurückstellen: Dieser sogenannte Vollservice war für die Karlsruher bisher kostenlos und selbstverständlich. In anderen Städten wie Bruchsal oder Pforzheim ist er bereits kostenpflichtig. Nun sorgen die gestiegenen Kosten und nicht abgeholte Wertstofftonnen für Ärger in Karlsruhe.
Wertstofftonne: Kein kostenloser Vollservice mehr in Karlsruhe
Bisher war die Müllentsorgung für die Karlsruher sehr einfach. Alle haben vom sogenannten Vollservice profitiert. Das bedeutet, die Müllabfuhr hat die Tonnen aus dem Innenhof geholt und wieder zurückgestellt. Die Stadt mit dem "Team Sauberes Karlsruhe" macht das auch weiterhin. Aber nicht für die Wertstofftonnen. Diese werden seit Anfang des Jahres von der Firma Knettenbrech + Gurdulic abgeholt.
Vollservice der Wertstofftonne nun an Bedingungen geknüpft
Die Firma lässt sich den bisher kostenlosen Vollservice bezahlen und weist darauf hin, dass der Behälterplatz nicht weiter als 15 Meter vom nächstmöglichen öffentlichen Halteplatz des Müllfahrzeugs liegen darf. Für 240-Liter-Behälter verlangt die Firma mindestens 55 Euro netto pro Abholung, auch bei weniger als 15 Metern Entfernung zum Müllauto. Laut eines Schreibens der Firma Knettenbrech + Gurdulic dürfen die Transportwege außerdem keine Stufen und keine Steigungen von über fünf Prozent haben.
Hausbewohnerin verärgert über neue Regelung der Wertstofftonne
Marina Giorgi wohnt in einem Gründerzeithaus ohne Einfahrt und mit vier Stufen am Treppenauf und -abgang zum Garten. Knettenbrech + Gurdulic teilte ihr in einem Schreiben mit, dass "der Standort der Behälter für die Wertstoffsammlung den Vorgaben der Abfallentsorgungssatzung der Stadt Karlsruhe nicht entspricht." Nun muss die Hausgemeinschaft von Giorgi für den bisher kostenlosen Service mindestens 55 Euro netto pro Leerung bezahlen. Die Behälter einfach selbst am Leerungstag an die Straße zu stellen, mache sie nur ungerne, so Giorgi. Der Gehweg sei zu schmal.
Firma: Vollservice bei Treppen kostenpflichtig
Die Firma Knettenbrech + Gurdulic weist die Kritik an den gestiegenen Kosten zurück und bezieht sich auf die europaweite Ausschreibung, nach der sie den Zuschlag bekommen habe und die Rahmenbedingungen vorgebe.
Bei geringfügigen Abweichungen sei man kulant, so die Firma. Bei gravierenden Abweichungen würde sie einen kostenpflichtigen Vollservice anbieten. Die Treppen bei Marina Giorgi zählen bereits als "gravierende Abweichung".
Die Firma gibt auch eine Erklärung für den nicht abgeholten Müll: "Bei Treppen und Steigungen mit mehr als fünf Prozent können wir aus arbeitssicherheitstechnischen Gründen keine Dienstleistung erbringen." In einer Pressemitteilung heißt es außerdem: "Zu Beginn kann es zu leichten Verzögerungen bei der Leerung kommen, da die FahrerInnen die neuen Gebiete erst kennenlernen müssen."
Stadt will pauschale Lösung finden
Die Stadt mit dem "Team Sauberes Karlsruhe" bietet für andere Müllarten wie Rest- oder Papiermüll weiterhin einen kostenlosen Vollservice an. Nur der privatisierte Abholdienst für Wertstofftonnen ist nun im Vollservice kostenpflichtig. Das führt zu Beschwerden, zumal Bürgerinnen und Bürger beklagen, dass die neue Firma teilweise den Wertstoff nicht abgeholt habe. Die CDU-Gemeinderatsfraktion hat deswegen einen Offenen Brief an den Oberbürgermeister Frank Mentrup geschrieben.
Laut Bürgermeisterin Bettina Lisbach solle die Erreichbarkeit der Hotline der Firma verbessert werden und am besten eine "pauschale Lösung" gefunden werden. Lisbach ist zuständig für die Abfallwirtschaft der Stadt Karlsruhe.
Erschwerend käme hinzu, dass die Stadt Karlsruhe nicht Vertragspartner von Knettenbrech + Gurdulic ist, sondern die Betreiber Dualer Systeme (BDS). Sie hoffe dennoch, zu guten Verhandlungsergebnissen zu kommen.