Julia Kirchner steht in Karlsruhe-Maxau am Ufer und wirft einen Eimer, der an einem Seil befestigt ist, ins Wasser. Sie arbeitet für die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) und entnimmt eine Wasserprobe des Rheins. Langsam zieht Julia Kirchner den Eimer wieder aus dem Fluss. Das Wasser füllt sie mit einem Trichter in eine braune Glasflasche. Julia Kirchner wiederholt den Ablauf, diesmal kommt die Flüssigkeit aber in eine weiße Kunststoffflasche.
Die Flaschen seien aus unterschiedlichem Material, weil in der einen nach anorganischen Stoffen - also Stoffen, die nicht in der belebten Natur vorkommen - gesucht wird und in der anderen nach organischen, erklärt Julia Kirchner. Das schütze die Proben vor der Verunreinigung. Die braune Glasflasche lasse zusätzlich auch keine UV-Strahlen durch, wodurch die organischen Stoffe in der Flasche nicht zerfielen. Am Ende etikettiert Julie Kirchner die Flaschen.
So eine Stichprobe wird an der Messstation in Karlsruhe-Maxau alle zwei Wochen durchgeführt. Gleichzeitig gibt es weitere Kontrollen an verschiedenen Messstellen an unterschiedlichen Flüssen in ganz Baden-Württemberg. Neben der händischen Entnahme des Rheinwassers werden laut Julia Kirchner an der Messstation in Karlsruhe-Maxau auch automatisch jeden Tag sechs Liter für das sogenannte Rhein-Screening abgepumpt. Die händische Methode sei aber einfacher und schneller, erzählt Julia Kirchner.
Sauberkeit des Flusses ist wichtig für Tiere, Natur - aber auch den Menschen
190 Messstellen und 27 Messstationen mit einer automatischen Probeentnahme gibt es laut dem Fließgewässerökologen der LUBW, Christian Haile, in Baden-Württemberg. In Karlsruhe-Maxau werde aber am meisten gemacht. "Wir bei der LUBW schauen erstmal auf die Organismen und Lebewesen im Wasser, auf deren Gesundheit und Artenvielfalt, aber natürlich gibt es auch Auswirkungen auf den Menschen. Und die wollen wir durch die vielfältigen Maßnahmen, die im Land getroffen werden, vermeiden", erzählt Christian Haile.
Für 30 Millionen Menschen sei der Rhein aber auch eine Trinkwasserquelle - insbesondere in den Niederlanden. "Die Niederländer sind absolut auf das Wasser im Rhein angewiesen", sagt der Fließgewässerökologe. Ziel der Kontrollen sei es, eine Bewertung der Fließgewässer in Baden-Württemberg vorzunehmen." Die LUBW könne dann auch Aussagen treffen, ob und welche Maßnahmen getroffen werden müssen, um die Situation weiter zu verbessern.
Internationale Zusammenarbeit hält Rhein sauber
Doch nicht nur Deutschland und die Niederlande bemühen sich um die gute Wasserqualität des Rheins. Spätestens seit dem gravierenden Chemieunfall am Rhein bei Basel im Jahre 1986 sei die internationale Zusammenarbeit rund um den Rhein intensiviert worden, erzählt Christian Haile. Damals brannte die Chemiefabrik Sandoz. Die Folgen spürte man bis in die Niederlande.
"Alle Anrainerstaaten und Länder, die am Rhein zu finden sind, arbeiten Hand in Hand und versuchen Schäden zu vermeiden", sagt Christian Haile. In jüngster Vergangenheit hat es laut ihm aber keine größeren Ereignisse oder Unglücke am Rhein gegeben. Pro Jahr gebe es aber etwa 20 bis 30 kleinere Ereignisse, bei denen Diesel aus den Häfen, von Schiffen sowie von Anlagen am oder im Gewässer in den Rhein gelange.
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Labor dokumentiert auch unbekannte Stoffe
Die nächste Station für die Gewässerproben ist das Labor der LUBW in Karlsruhe. Hier wird das Rheinwasser analysiert und ausgewertet. Dabei können Stoffe wie zum Beispiel Quecksilber, Pflanzenschutzmittel aus der Landwirtschaft oder den Kleingartenbereichen, Industriechemikalien oder Medikamente gefunden werden.
Die Konzentration der Stoffe im Rheinwasser unterscheidet sich laut Laborleiter Marco Scheuer je nach Saison. Medikamente wie Antihistaminika zum Beispiel für Allergiker seien besonders in der Pollenflugzeit zu finden. Andere Medikamente, die das komplette Jahr hinweg notwendig seien, könnten auch ganzjährig nachgewiesen werden.
In dem Labor in Karlsruhe werden täglich Proben aus dem Rhein untersucht. Sollten einmal die Werte die Meldeschwelle überschreiten, tritt laut Marco Scheurer ein Alarmplan in Kraft. Die anderen Messstationen würden dann informiert werden oder auch, wenn es notwendig sein sollte, die Trinkwasserversorgung.
Aber auch Stoffe, die noch nicht bekannt sind, können nach Angaben des Laborleiters mit dem sogenannten "Non-Target-Screening" gemessen und dokumentiert werden. "Wenn beispielsweise ein neuer Sporenstoff bekannt wird, können wir dann auch Jahre später noch in die Probe von heute schauen, ob er damals schon im Rhein unterwegs war", so Marco Scheurer.
Marco Scheurer: "Rheinwasserqualität seit 20 Jahren stetig gestiegen"
In Zukunft könnten aber auch Einflüsse wie zum Beispiel starke Trockenheit einen Einfluss auf die Wasserqualität haben. "Wenn wir niedrige Flusswasserstände haben, dann haben wir einen höheren Abwasseranteil im Wasser und dementsprechend steigen die Konzentrationen der Stoffe, die durch Kläranlagen eingetragen werden, im Flusswasser an", erklärt der Laborleiter. Durch Hochwasser trete wiederum der umgekehrte Effekt ein.
Alles in allem habe die Rheinwasserqualität in den vergangenen 20 Jahren aber stetig zugenommen, so Marco Scheurer. Das liege insbesondere am Ausbau der Kläranlagen. Hinzu komme, dass die in den letzten Jahren so aufgerüstet wurden, dass sie in der vierten Reinigungsstufe sogar Spurenstoffe aus dem Abwasser entfernen können.