Wasser eines Flusses läuft über ein Wasserwerk

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Energiewende in BW: Wie viel Potenzial hat die Wasserkraft?

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Simone Steffan

Strom aus Sonne und Wind stehen im Fokus der erneuerbaren Energien. Doch in BW gibt es auch an die 1.600 Wasserkraftwerke. Ob sich diese Energiequelle noch ausbauen lässt, ist umstritten.

In Baden-Württemberg wird immer mehr Strom mit Sonne, Wind und Wasser produziert. Im vergangenen Jahr lag der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung bei 56,5 Prozent oder 20,9 Terawattstunden (TWh). Das schätzt das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW). Knapp ein Viertel davon oder 4,5 TWh steuerte die Wasserkraft bei.

In Iffezheim steht das deutschlandweit größte Laufwasserkraftwerk

Im Land gibt es laut dem Umweltministerium rund 1.500 kleinere Anlagen mit einer Leistung von unter einem Megawatt (MW), die vor allem privat betrieben werden. Sie stehen größtenteils im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb. Daneben gibt es auch noch Dutzende große Anlagen. Das größte Laufwasserkraftwerk Deutschlands steht in Iffezheim am Rhein. Das Wasser der Turbinen versorgt im Jahr rund 250.000 Haushalte mit klimafreundlichem Strom.

Wenn Sonne und Wind fehlen, geht immer noch Wasserkraft

Bei der Energiewende spielt die Wasserkraft aus Sicht der EnBW eine "besondere Rolle", vor allem wenn es um Pumpspeicherkraftwerke geht. Im Unterschied zu Wind und Sonne könne die Stromerzeugung durch Wasser bei jedem Wetter und jeder Tageszeit genutzt werden, teilte die EnBW auf Anfrage mit. Die Stromspeicher stünden immer zur Verfügung und sorgten so für stabile Netze. Wenn es zu wenig Strom gibt, wird das Wasser aus dem Speicher gelassen. Gibt es zu viel Strom, wird das Wasser wieder hochgepumpt und gehalten. Ein weiterer Vorteil für die Energieversorger: Die Anlagen setzen keine CO2-Emissionen frei.

Über das Ausbaupotenzial der Wasserkraft im Land sind sich Grüne und CDU allerdings uneins. Während das grün-geführte Umweltministerium die Möglichkeiten der Wasserkraft - im Gegensatz zu denen von Sonne und Wind - für nahezu ausgeschöpft hält, sieht der Koalitionspartner CDU das anders.

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Lässt sich Wasserkraft als Energiequelle noch ausbauen?

Das baden-württembergische Umweltministerium sieht "kaum noch" Möglichkeiten, den Anteil der Wasserkraft als Energiequelle zu steigern. Eine Ministeriumssprecherin verwies dem SWR gegenüber auf den Energieatlas der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW). Dort wurde geprüft, ob Anlagen aus- oder neue gebaut werden könnten. Das Ergebnis: Das Potenzial sei minimal. Als Gründe wurden etwa eine zu geringe Wasser-Fallhöhe an Anlagen genannt oder auch zu hohe Kosten für den Fischschutz.

Photovoltaik / Solarthermie / Windkraft / Wasserkraft

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Landesfischereiverband und BUND BW gegen "kleine" Wasserkraft

Beim Landesfischereiverband stößt die Analyse auf offene Ohren. Der Verband kritisiert mit Blick auf die kleinen Anlagen, dass diese oft nur wenige Haushalte belieferten. Die ökologischen Auswirkungen auf Flora und Fauna in kleinsten Bächen und Fließgewässern seien dagegen erheblich, sagte Verbandspräsident Ingo Kramer dem SWR.

Auch für den Landesverband des BUND fällt die Kosten-Nutzen-Rechnung sehr schlecht aus. Neben einer gestörten Gewässerökologie erzeugten sämtliche kleine Kraftwerke zusammen ungefähr so viel Strom wie ein einziges Rheinkraftwerk, teilte der BUND dem SWR mit.

CDU sieht sehr großes Potenzial bei Pumpspeicherkraftwerken

Der energiepolitische Sprecher der CDU-Fraktion im baden-württembergischen Landtag, Raimund Haser, lässt das Argument nicht gelten, wonach die kleinen Anlagen nur einen kleinen Beitrag zur Energiewende beisteuerten. Er hält deren Wert für "völlig" unterschätzt, gerade mit Blick auf die dauerhafte stabile Stromversorgung und auch den Hochwasserschutz. Die Anlagen produzierten klimaneutral, ohne fossile Quellen. Vor dem Hintergrund der Energieknappheit und nach dem Abschalten der Atomkraftwerke müsse man sich die Eigenstromproduktion im Land nochmal anschauen, sagte Haser dem SWR.

Das größte Potenzial sieht er allerdings bei Pumpspeicherkraftwerken. Er findet es deshalb richtig, dass die EnBW ihr Wasserkraftwerk bei Forbach im Nordschwarzwald zum Pumpspeicherkraftwerk ausbaut. Über den Ausbau weiterer Werke müsse man sich dringend unterhalten.

Auch die Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke hält es für möglich, den Anteil der Wasserkraft an den erneuerbaren Quellen noch zu steigern. Der Vorsitzende Martin Renn sagte dem SWR, die kleinen Anlagen müssten technisch modernisiert werden. Wenn Wasserstand und Fallhöhe vieler Anlagen erhöht würden, könne deutlich mehr Strom produziert werden, ist Renn überzeugt. Der Verein vertritt nach eigenen Angaben etwa 450 der rund 1.500 Besitzer von Kleinwasserkraftwerken im Land.

Kleine Anlagen: "Gefahr für Fische und Ökologie der Gewässer"

Für den Landesfischereiverband ist die "kleine" Wasserkraft auch eine Gefahr für Fische. Der Betrieb der Anlagen in Bächen oder Fließgewässern könne tödlich sein für Lachse, Bachforelle oder Äsche, so Ingo Kramer. Für die Stromerzeugung wird das Wasser in den Bächen vor allem durch Wehre künstlich aufgestaut. Fische wie Lachse zum Beispiel, die auf dem Weg aus dem Atlantik zum Laichen zurück in ihre Heimatgewässer sind, müssen die Wehre überwinden. Zwar gebe es inzwischen Fischtreppen, aber dort könne das Tier nur nach oben wandern. Wenn der Fisch wieder "absteigen" wolle, müsse er bei den meisten Kraftwerken durch die Turbinen, wo sich Tiere verletzen oder verenden können. Wie viele Tiere dabei getötet werden, dazu wollte sich Kramer offiziell nicht festlegen.

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Die Gemeinde Rheinhausen hat ein neues Wasserkraftwerk. Die Anlage produziert jährlich rund eine Million Kilowattstunden Strom. Auch andere Kommunen können sich daran beteiligen.

Außerdem sammelten sich dort, wo sich das Wasser staue, Schlamm und Sand an. Die natürlichen Fließgewässer würden gestört - zum Nachteil von Flora und Fauna. Leider kämen nur wenige Kraftwerksbetreiber auf den Landesfischereiverband zu, um zu fragen, wie man die eigene Anlage ökologisch verbessern könne.

Betreiber: Fischerei und "kleine" Wasserkraft funktionieren zusammen

Die Arbeitsgemeinschaft der kleinen Wasserkraftwerke sieht dagegen mit Blick auf die Fische weniger Probleme und verweist auf die Erfahrungen mit Anglern vor Ort. Diese hätten nichts gegen Kleinwasserkraftanlagen einzuwenden. Solche Anlagen gebe es schon 100 Jahre und länger, die Fischbestände gingen aber erst seit den 1970/80er Jahren zurück, sagt der Vorsitzende Renn. Seiner Ansicht nach schaden den Fischen beispielsweise auch Kläranlagen, die weder Hormone noch Medikamente filtern. Sein Fazit: Fischerei und "kleine" Wasserkraft funktionieren zusammen. Beide seien Nutzer an Gewässern.

Bundesregierung will kleine Wasserkraftwerke weiter fördern

Kleine Wasserkraftwerke mit einer Leistung von weniger als 500 Kilowatt werden momentan nach dem Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG) gefördert. Die Ampel-Regierung wollte zunächst den Stopp der Förderung im Jahr 2022. Dagegen regte sich Widerstand von den Verbänden der Energieunternehmen, auch in Baden-Württemberg.

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