Weil ein Mann aus Pforzheim seine Frau vom Balkon geworfen und anschließend fast zu Tode gewürgt hat, muss er nun 13 Jahre und sechs Monate in Haft.
Die Kammer am Landgericht Karlsruhe ist der Überzeugung, der Angeklagte habe im vergangenen Sommer seine Frau auf den Balkon im vierten Stock gelockt. Dann hat er laut Gericht die Frau über das Geländer gehievt. Die Frau landete auf einem Balkon einen Stock tiefer. Der Angeklagte versuchte dann dort erneut, die Frau in die Tiefe zu stürzen. Als dies nicht gelang, schleifte er sein Opfer teils an den Haaren. Anschließend trat und würgte er die Frau bis zur Bewusstlosigkeit, so die Kammer. Als er Polizeisirenen hörte, flüchtete er. Das Opfer konnte durch eine Notoperation gerettet werden.
Anklage forderte lebenslange Haft
Vor dem Landgericht Karlsruhe plädierte die Staatsanwaltschaft am Dienstag auf lebenslange Haft. Der Mann habe dreimal versucht, seine Frau zu ermorden. Das Landgericht sah den Ablauf der Tat wie die Staatsanwaltschaft. Strafmildernd wurde allerdings gewertet, dass der Mann unter "schwierigen Familienverhältnissen" gelitten habe - unter anderem sind seine Frau und er Eltern von Kindern mit Behinderung, die Frau ist außerdem an Krebs erkrankt. Ebenfalls strafmildernd wertete das Gericht, dass die Verletzungen der Frau, die sich von ihrem Mann trennen wollte, inzwischen weitgehend abgeheilt seien.
Lena Gumnior ist promovierte Strafrechtlerin und Mitglied der Strafrechtskommission des Deutschen Juristinnenbundes (DJB). Sie hat gegenüber dem SWR in der Vergangenheit kritisiert, dass sich bei Fällen von Partnerschaftsgewalt gegen Frauen die strukturelle Ungleichheit in der Gesellschaft manchmal bis ins Gericht fortsetze. Zum Beispiel, wenn Gerichte bei Partnerschaftsgewalt die Tat als grundsätzlich nachvollziehbar darstellten und das das Strafmaß deutlich niedriger ansetzten.
Verteidigung fordert höchstens zwei Jahre
Die Verteidigung forderte eine Strafe von höchstens zwei Jahren auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung. Das Treten und Schlagen habe der Angeklagte eingeräumt - vom vierten Stock geworfen habe er die Frau aber nicht, so die Verteidigung. Es habe zuvor eine Auseinandersetzung gegeben, aber keinen Kampf. Die Frau habe fluchtartig die Wohnung verlassen. Der Mann sei ihr gefolgt und auf dem Balkon im dritten Stock sei es dann erneut zu einer Auseinandersetzung gekommen.
Die Verteidigung stellte die Aussage des Opfers und deren Glaubwürdigkeit vor dem Landgericht Karlsruhe infrage. Bei der Frau habe es wegen ihrer Gehirntumoren Verhaltensänderungen und auch Aggressionsschübe gegeben. Dem widersprach das Gericht: die Frau sei glaubwürdig. Trotz ihrer Hirnerkrankung hätten sich ihre Aussagen ausreichend gedeckt.
Die Verteidigung hat auch die Sachverständigen des Prozesses kritisiert. Zum Beispiel habe ein gehörter Arzt zu wenig Berufserfahrung. Zu Beginn der Verhandlung am Dienstag hatte die Kammer einen Antrag der Verteidigung abgelehnt. Diese hatte eine neue psychologische Beurteilung der Geschädigten gefordert.
Gegen das Urteil kann Revision eingelegt werden.