Kneten, rollen, formen: Im Ukrainischen Kulturzentrum in Karlsruhe laufen am Freitag die Vorbereitungen für Heiligabend. Denn der wird in der Ukraine am 6. Januar gefeiert.
Dass Heiligabend in der Ukraine nicht wie in Deutschland am 24. Dezember zelebriert wird, hat den Hintergrund, dass die Ukraine ein ehemaliger Teil der Sowjetunion ist. Dort galt bis 1918 noch der sogenannte julianische Kalender, bei dem die Tage im Vergleich zum gregorianischen Kalender, der auch hier in Deutschland gilt, verschoben sind.
Auch an Weihnachten spielt der Krieg eine Rolle
Eine kleine Gruppe Menschen ist im Ukrainischen Kulturzentrum in Karlsruhe zusammengekommen. Unter ihnen auch Julia Kyrychenko. Normalerweise würde sie mir ihren Liebsten jetzt in ihrer Heimatstadt Odessa feiern. Doch wegen des Kriegs ist dort an ein friedliches Fest aktuell nicht zu denken.
Sie kam mit ihrem Sohn im März nach Karlsruhe. Ihr Mann und viele andere Verwandte und Bekannte sind noch in der Ukraine. Das macht das Weihnachtsfest zu einer besonderen emotionalen Herausforderung.
Ukrainische Traditionen in Karlsruhe
Umso glücklicher ist Julia, dass sie gemeinsam mit anderen Geflüchteten aus der Ukraine zu Weihnachten ein Stück Heimat nach Karlsruhe holen kann. Dazu gehört auch das traditionelle Anrichten des Weihnachtstischs. Dafür werden beim Verein der Ukrainer in Karlsruhe mindestens 12 Gerichte aufgetischt - alle fleischlos. In den vier Ecken des Tisches werden dann Knoblauch für Gesundheit, Nüsse für Weisheit, Kalyna für Schönheit und Mohn für Reichtum platziert. Etwas abseits sind ein Teller und ein Glas zu finden - ein Symbol, für alle die nicht dabei sein können.
Auf den Tellern landet dann unter anderem "Kutja", ein ukrainisches Weihnachtsessen. Das kommt klassischerweise nur an Weihnachten auf den Tisch und wird aus Weizen, Nüssen, Mohn und Honig gemacht. Die Kutja wird traditionell vom Familienältesten gesegnet - anschließend wird ein Gebet gesprochen, verbunden mit dem Wunsch, im nächsten Jahr ebenfalls wieder zusammen feiern zu können.
Ukrainischer Tannenbaum aus Weizen
Traditionell geht es aber nicht nur auf den Tischen zu. Zur ukrainischen Weihnacht gehören auch bunt bestickte Trachten und der sogenannte "Diduch", ein gebundener Strauß aus Weizen. Quasi eine Art ukrainischer Tannenbaum.
Feier geht erst abends los
Gefeiert wird aber erst, wenn es dunkel ist - genauer gesagt dann, wenn der erste Stern am Himmel ist. Dann - so heißt es in der Ukraine - ist Jesus geboren. Die Gemeinschaft steht dabei heute an erster Stelle. Zusammen wird gesungen, gelacht - und auch ein bisschen geweint.
Außerdem wird noch ein Video in die Ukraine geschickt. Es ist Teil einer Weihnachtsaktion, bei der Ukrainer aus vielen Ländern mitmachen. Es soll den Zurückgebliebenen in der Heimat Hoffnung schenken. Denn nicht nur Julia Kyrychenko, auch die anderen Geflüchteten im Ukrainischen Kulturzentrum in Karlsruhe, teilen einen Wunsch: dass der Krieg bald zu Ende geht.