Dass Bauarbeiter bei ihrer Arbeit auf Skelette oder einzelne Knochen stoßen, ist nicht ungewöhnlich. Auch im Karlsruher Stadtteil Durlach kam es in der Vergangenheit schon häufiger zu Skelettfunden. Nun wurden bei Bauarbeiten im November mehrere Skelette entdeckt. Und es könnten noch mehr werden.
Karlsruhe: Bagger legen unbekannten Friedhof frei
Dass bei den Bauarbeiten ein unbekannter Friedhof entdeckt wird, ist eher ungewöhnlich, erklärt Folke Damminger vom Landesamt für Denkmalpflege. Alte Friedhöfe sind überlicherweise in Kirchenbüchern oder Stadtplänen dokumentiert, von dem jetzt entdeckten Friedhof am Hengstplatz in Durlach waren aber selbst Experten überrascht.
Dort, wo gerade die Skelette ausgegraben werden, sollten eigentlich neue Wohnhäuser entstehen. Bei den Grabungen für eine Tiefgarage stieß eine Baufirma im November dann unerwartet auf den Fund und meldete ihn dem Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg.
Friedhof könnte zu Krankenhaus gehört haben
Laut Folke Damminger handelt es sich um einen christlichen Friedhof. Das erkenne man an der Ausrichtung der Skelette. Sie befinden sich in einzelnen Gräbern und sind in Richtung Osten ausgelegt, also in Richtung der aufgehenden Sonne.
Solche christlichen Friedhöfe wurden früher häufig in der Nähe einer Kirche angelegt. Das sei hier nicht der Fall. Stattdessen habe es in der Nähe der Grabstätte ein Krankenhaus aus dem 16. Jahrhundert gegeben. Damminger vermutet, dass die Skelette Patienten des Krankenhauses gewesen sein könnten.
Knochen werden nach und nach geborgen
Das Landesamt für Denkmalpflege beauftragte eine archäologische Grabungsfirma, um die Knochen zu bergen. Erst wurden zwölf Skelette gefunden, dann zehn weitere. Die Grabungsfirma hat aber bislang erst etwa ein Drittel des Bauareals freigelegt. Insgesamt werden wahrscheinlich noch bis zu 70 Skelette erwartet.
Kindergrab mit Totenkrone entdeckt
Ein Grab fällt besonders auf: Auf einem Kinderschädel ist eine grüne Stelle zu erkennen, die sich wie ein Haarreif über den Schädel zieht. An den Seiten hängen Überreste kleiner Perlen. Damminger schließt daraus, dass es sich hierbei um eine Totenkrone handelt.
Ende des 16. Jahrhundert begann der Brauch, toten Säuglingen und Kindern geschmückte Metallkronen aufzusetzen, bevor sie beerdigt wurden. Das Material könnte über den langen Zeitraum oxidiert sein und eine grüne Spur auf dem Schädel hinterlassen haben.
Grabungen könnten bis Februar dauern
Für die Grabungsfirma heißt es jetzt, Knochen freilegen und dokumentieren. Denn diese werden nach Abschluss der Grabung für weitere Untersuchungen an das Landesamt für Denkmalpflege übergeben und langfristig gelagert.
Der Wechsel von Frost und Regen macht es der archäologischen Grabungsfirma nicht leicht, die Skelette zu bergen. Die Archäologen müssen nicht nur den Schlamm überwinden, um überhaupt zu den Skeletten zu gelangen, sondern auch bereits freigelegte Knochen immer wieder säubern. Insgesamt sind zehn Wochen für die Bergung der Skelette eingeplant. Durch die Feiertage könnte sich die Bergung also noch bis Ende Februar ziehen.
Dass es noch mehr Friedhöfe aus dem 16. Jahrhundert in Durlach gibt, hält Folke Damminger für unwahrscheinlich. Der letzte unentdeckte Friedhof dürfte damit gefunden worden sein.