Ein Patient mit Herzstillstand wird eingeliefert. Er liegt im Rettungswagen - Ersthelfer um ihn herum.

SWR-Datenrecherche #Notfall Rettung

Unter acht Minuten? So lange braucht der Rettungsdienst in Karlsruhe, Pforzheim & Co.

Stand
Autor/in
Laura Bisch
Laura Bisch, Reporterin und Redakteurin im SWR Studio Karlsruhe

Ob ein Mensch wiederbelebt werden kann, hängt von vielen Faktoren ab: Wie schnell wird geholfen? Wie gut sind die Leitstellen organisiert? So sieht die Realität in Karlsruhe, Pforzheim und dem Rest der Region aus.

Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zählt jede Minute. Wird im Notfall eine Person nicht innerhalb von zehn Minuten reanimiert, sinkt die Wahrscheinlichkeit zu überleben gegen null. Die gesetzlichen Vorgaben beziehen sich jedoch auf alle Arten von Notfällen. Im Fall einer Reanimation reicht das Einhalten dieser Fristen nicht aus. Denn hier ist das Motto: Je früher geholfen wird, desto besser.

Acht Minuten als Marker für Rettungsdienste

Eine Expertengruppe aus zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern der an der notfallmedizinischen Versorgung beteiligten Akteure empfiehlt deshalb, dass beim plötzlichen Kreislaufstillstand das Intervall vom Notrufeingang bis zum Eintreffen der ersten organisierten Helfer in 80 Prozent der Fälle acht Minuten nicht überschreiten sollte. Auch das Deutsche Reanimationsregister bezieht sich unter anderem im Jahresbericht 2023 auf diese Frist.

Aber wie sieht es in Karlsruhe, Calw, dem Enzkreis, Pforzheim, Baden-Baden, dem Ortenaukreis und Rastatt aus? Kommt die Hilfe in diesen Städten und Landkreisen im Notfall schnell genug? Dazu hat der SWR Daten erhoben.

Hier finden Sie alle Rettungsdienstbereiche der Region im Überblick. Wie lange braucht der Rettungsdienst in Ihrem Bereich?

🚑 Stadt- und Landkreis Karlsruhe

Im Rettungsdienstbereich Stadt- und Landkreis Karlsruhe ist das erste Rettungsmittel im Fall einer Reanimation den SWR-Daten zufolge in 49 Prozent der Einsätze in unter acht Minuten vor Ort. Der Zielwert von mindestens 80 Prozent wird damit nicht erreicht. Zum Vergleich: Bundesweit schaffen es nur 24 Rettungsdienstbereiche, dass das erste Rettungsmittel in 80 Prozent der Reanimationseinsätze in unter acht Minuten am Notfallort eintrifft. Mehr als 130 Rettungsdienstbereiche erreichen diesen Zielwert nicht.

Außerdem ergab die SWR-Erhebung: Im Stadt- und Landkreis Karlsruhe wurden in den Jahren 2020 bis 2022 deutlich weniger reanimierte Patientinnen und Patienten lebend ins Krankenhaus eingeliefert, als statistisch zu erwarten wären.

Auf der anderen Seite ergab die Befragung, dass in der für den Stadt- und Landkreis Karlsruhe zuständigen Leitstelle eine sogenannte Strukturierte oder Standardisierte Notrufabfrage eingesetzt wird. Bundesweit nutzen mindestens ein Fünftel der deutschen Rettungsdienstbereiche bislang keine Strukturierte oder Standardisierte Notrufabfrage in ihrer Leitstelle. Dabei werden die Fragen in den Leitstellen nach einem bestimmten Schema gestellt - die Formulierungen sind dabei teils vorgegeben.

Stand 10. April 2024 war im Stadt- und Landkreis Karlsruhe keine sogenannte First-Responder-App im Einsatz. Das sind ehrenamtliche Helferinnen und Helfer mit medizinischem Hintergrund, die über die Leitstellen ebenfalls alarmiert werden können.

Auch andere First-Responder-Systeme, wie etwa die Rufbereitschaft der Freiwilligen Feuerwehr, können in Notfällen ehrenamtliche Helfer alarmieren. Im Stadt- und Landkreis Karlsruhe waren Stand 03. August 2023 solche Systeme im Einsatz. Bundesweit nutzen mehr als die Hälfte der Rettungsdienstbereiche in Deutschland kein App-basiertes First-Responder-System.

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🚑 Landkreis Calw

Im Rettungsdienstbereich Landkreis Calw ist das erste Rettungsmittel im Fall einer Reanimation den SWR-Daten zufolge in 53 Prozent der Einsätze in unter acht Minuten vor Ort. Der Zielwert von mindestens 80 Prozent wird damit nicht erreicht. Im Landkreis Calw wurden demnach in den Jahren 2020 bis 2022 etwas weniger reanimierte Patientinnen und Patienten lebend ins Krankenhaus eingeliefert, als statistisch zu erwarten wären.

In der für den Landkreis Calw zuständigen Leitstelle wird keine Strukturierte oder Standardisierte Notrufabfrage eingesetzt. Stand 11. März 2024 war im Landkreis Calw eine sogenannte First-Responder-App im Einsatz. Diese App heißt Region der Lebensretter. Dort waren 263 Menschen ehrenamtlich als First Responder registriert. Die Ersthelfenden haben jährlich zehn Einsätze. First Responder sind ehrenamtliche Helferinnen und Helfer mit medizinischem Hintergrund, die über die Leitstellen ebenfalls alarmiert werden können.

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🚑 Landkreis Enzkreis und Stadtkreis Pforzheim

Im Rettungsdienstbereich Enzkreis und Stadtkreis Pforzheim ist das erste Rettungsmittel im Fall einer Reanimation nach der SWR-Recherche in 64 Prozent der Einsätze in unter acht Minuten vor Ort. Der Zielwert von mindestens 80 Prozent wird damit nicht erreicht.

Im Landkreis Enzkreis und Stadtkreis Pforzheim wurden in den Jahren 2020 bis 2022 deutlich mehr reanimierte Patientinnen und Patienten lebend ins Krankenhaus eingeliefert, als statistisch zu erwarten wären.

In der für den Landkreis Enzkreis und Stadtkreis Pforzheim zuständigen Leitstelle wird keine Strukturierte oder Standardisierte Notrufabfrage eingesetzt.

Stand 28. Juni 2024 war im Enzkreis und Stadtkreis Pforzheim keine sogenannte First-Responder-App im Einsatz, aber bereits geplant. Zur Mitgliederzahl liegen keine Angaben vor. First Responder sind ehrenamtliche Helferinnen und Helfer mit medizinischem Hintergrund, die über die Leitstellen ebenfalls alarmiert werden können.

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🚑 Stadtkreis Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Im Rettungsdienstbereich Stadtkreis Baden-Baden und Landkreis Rastatt ist das erste Rettungsmittel im Fall einer Reanimation nach SWR-Daten in 56 Prozent der Einsätze in unter acht Minuten vor Ort. Der Zielwert von mindestens 80 Prozent wird damit nicht erreicht.

Im Stadtkreis Baden-Baden und Landkreis Rastatt wurden in den Jahren 2020 bis 2022 etwas weniger reanimierte Patientinnen und Patienten lebend ins Krankenhaus eingeliefert, als statistisch zu erwarten wären.

In der für den Stadtkreis Baden-Baden und Landkreis Rastatt zuständigen Leitstelle wird eine Strukturierte oder Standardisierte Notrufabfrage eingesetzt.

Stand 11. März 2024 war im Stadtkreis Baden-Baden und Landkreis Rastatt eine sogenannte First-Responder-App im Einsatz. Diese App heißt Region der Lebensretter. Dort waren 655 Menschen ehrenamtlich als First Responder registriert. Das sind ehrenamtliche Helferinnen und Helfer mit medizinischem Hintergrund, die über die Leitstellen ebenfalls alarmiert werden können.

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🚑 Landkreis Ortenaukreis

Im Rettungsdienstbereich Landkreis Ortenaukreis ist das erste Rettungsmittel im Fall einer Reanimation in 61 Prozent der Einsätze in unter acht Minuten vor Ort. Der Zielwert von mindestens 80 Prozent wird damit nicht erreicht. Im Ortenaukreis wurden in den Jahren 2020 bis 2022 ungefähr so viele reanimierte Patientinnen und Patienten lebend ins Krankenhaus eingeliefert, wie statistisch zu erwarten wären.

In der für den Ortenaukreis zuständigen Leitstelle wird keine Strukturierte oder Standardisierte Notrufabfrage eingesetzt.

Stand 11. März 2024 war im Landkreis Ortenaukreis eine sogenannte First-Responder-App im Einsatz. Diese App heißt Region der Lebensretter. Dort waren 615 Menschen ehrenamtlich als First Responder registriert. Die Zahl bezieht sich auf den 31. Dezember 2023. Die Ersthelfenden haben jährlich 244 Einsätze. Die Zahl bezieht sich auf das Jahr 2023. Durchschnittlich brauchen sie fünf Minuten zum Einsatzort. Die Zahl bezieht sich auf das Jahr 2023. Die Eintreffzeit wird über Standortdaten erhoben. First-Responder sind ehrenamtliche Helferinnen und Helfer mit medizinischem Hintergrund, die über die Leitstellen ebenfalls alarmiert werden können.

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