Vor drei Jahren ist eine Frau im Elsass gestorben, weil Rettungskräfte nicht rechtzeitig bei ihr sein konnten. Deutsche Notärzte, die schnell am Einsatzort hätten sein können, durften damals nicht zu Einsätzen über die nahe Grenze und elsässische Rettungskräfte brauchten zu lange. Die Frau starb. Der SWR berichtete damals über den Fall, der hohe Wellen geschlagen hat. Was sich seither verändert hat, war nun Thema einer Podiumsdiskussion im Elsass.
Neues Abkommen zwischen Deutschland und Frankreich
Der Fall regte damals dazu an, dass die bestehenden Abkommen zu grenzübergreifenden Rettungseinsätzen 2022 schließlich nachgeschärft wurden. Seit dem ist gut ein Jahr vergangen. Was sich durch die Vereinbarungen geändert hat, war nun Thema der Podiumsdiskussion. 200 Menschen sind dazu in das Kulturzentrum Art Rhena bei Breisach gekommen. Gemeinsam schauten sie sich den SWR-Film von vor drei Jahren an. Er diente nicht nur als Grundlage zur Diskussion, sondern auch als Erinnerung daran, was trotz des damals bereits bestehenden Abkommen schiefgelaufen war.
So hatte der SWR 2020 über den Vorfall berichtet:
Brigitte Klinkert ist Co-Vorsitzende der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung. Sie fasst die Probleme zusammen, die dazu geführt haben. Man habe damals das Abkommen nicht mehr im Kopf gehabt, außerdem sorgten die unterschiedlichen Sprachen für Probleme. In Breisach verstehe man kein Französisch, in Colmar kein Deutsch. Letztlich habe es, so Klinkert, auch keine Übungen mehr zu grenzüberschreitenden Einsätzen gegeben.
Dabei stoße das Interesse an reibungslosen Einsätzen von grenzübergreifenden Notärzten und Rettungswagen in Paris auf offenen Ohren, so Klinkert. An den Grenzen zu Italien und Belgien sei man diesbezüglich schon weiter - ebenso zwischen dem Saarland und dem Departement Moselle. Selbst in der Gegend um Kehl und Straßburg würden grenzübergreifende Einsätze schon deutlich besser funktionieren als im Bereich Breisgau und dem Departement Haut Rhin im Elsass, so Manfred Harms. Er ist Notarzt an der Helios Klinik in Breisach und war vor drei Jahren in Breisach im Dienst, durfte allerdings nicht ausrücken, um der Frau im Elsass zu helfen, weil der französische Rettungsdienst ihn hätte anfordern müssen.
Eintreffen der Rettungskräfte im Elsass dauert deutlich länger
35 Minuten hatte es damals gedauert, bis der französische Notarzt am Einsatzort eintraf. Zu lange für die hilfsbedürftige Frau. Anders ist das in Baden-Württemberg. Durch das Rettungsdienstgesetz des Landes geregelt, dürfen Rettungskräfte höchstens zehn bis maximal 15 Minuten brauchen, bis sie am Einsatzort eintreffen. Davon ist man im Elsass oft weit entfernt. In weiten Teilen, gerade auch in Grenznähe, sind es bis zu 30 Minuten oder länger.
Unterschiedliche Strukturen in Frankreich und Deutschland
Grund dafür ist die Struktur im Elsass. Dort gibt es nur zwei Standorte für Notärzte. Dagegen verfügt Südbaden noch über mehr regionale Krankenhäuser und damit auch über mehr Rettungswachen mit Notärzten als in Breisach. Um die Anfahrtszeiten zu den Patientinnen und Patienten zu verkürzen, gibt es auf der französischen Seite ein verstärktes Interesse an Einsätzen aus Deutschland.
Doch es ist auch die Struktur, die laut Brigitte Klinkert für Probleme bei der grenzübergreifenden Lösung sorgt. Allen voran die dezentralen deutschen Strukturen. Anders als in Frankreich gibt es in nicht Deutschland nicht nur eine, sondern viele unterschiedliche Krankenkassen, mit denen über alles verhandelt werden muss. Dasselbe Problem besteht auch bei den Vertragsabschlüssen mit den Kliniken: von privaten Kliniken über kommunale Krankenhäuser bis zu den Unikliniken.
Grenzübergreifende Rettung heute
Bei der Podiumsdiskussion in Breisach wurde auch darüber geredet, was sich seit dem Tod der Frau vor drei Jahren und dem nachgebesserten Abkommen von 2022 getan hat. In Abstimmung mit dem Elsass habe es in den letzten zwei Jahren insgesamt fünf solcher grenzübergreifender Einsätze gegeben. Im Juli konnten deutsche Notfallmediziner dadurch im Elsass ein Leben retten. Rechtlich gebe es da jedoch bis heute Unsicherheiten, so Harms.
Denn versicherungstechnisch seien die Einsätze in Frankreich noch nicht geregelt. Ein anderes Land, eine andere Sprache und vielleicht andere, unbekannte Kolleginnen und Kollegen. Laut Harms sei es da wichtig, die Rechtslage zu klären und die Zusammenarbeit zu trainieren.
Zweisprachige Formulare und Einsatztrainings
Eben solche Trainings finden in den Leitstellen in Freiburg und im Elsass inzwischen fast wöchentlich statt. Man versuche Sprachbarrieren abzubauen, so Klinkert, und Einsatzformulare für Notfallmediziner und Feuerwehr werden inzwischen zweisprachig angeboten, erklärt Christoph Glaisner, Kreisbrandmeister des Regierungspräsidiums Freiburg. "Durch die Zweisprachigkeit dieses Formulars und die entsprechend schnelle Alarmierung kann das dann direkt ins Nachbarland übermittelt werden, sodass der Disponent dort entscheiden kann. Ich habe die Mittel, ich kann sie entsenden und sie sind dann schnell auch vor Ort", so Glaisner.
Über weitere Verbesserungen bei der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung wird Brigitte Klinkert im Dezember mit dem Landesgesundheitsminister Manfred Lucha sprechen. So möchte man künftig dem Wunsch der Tochter des damaligen Opfers immer näher kommen, nämlich den grenzüberschreitenden Rettungsdienst in Südbaden und dem Departement Haut Rhin verbessern.
Weitere Themen in Dreiland Aktuell am 18.11.2023
Für Schweizer Einkaufstouristen sollen im kommenden Jahr die Steuererleichterungen beim Einkauf im Nachbarland kleiner werden. Auch darum ging es bei Dreiland Aktuell in der letzten Sendung. Bisher ist für Eidgenossen, die in Deutschland shoppen, der Einkauf zwischen 50 und 300 Franken steuerfrei. Bisher dürfen Sie Waren für den privaten Gebrauch oder Geschenke bis zu einem Wert von 300 Franken mehrwertsteuerfrei einführen. In Zukunft könnte schon ab 150 Franken Mehrwertsteuer fällig werden.
Ein weiteres Thema in Dreiland Aktuell war am Samstag außerdem ein Festessen in Paris im Zeichen europäischer Genusskultur. Jahrhundertkoch Alain Ducasse wurde ausgezeichnet und von deutschen Sterneköchen auch aus Südbaden bekocht.
Und dann gab's in Dreiland Aktuell noch Quagga-Muscheln, eine invasive Art, die eingeschleppt wurde, sich massiv ausbreitet und so das heimische Ökosystem bedroht. Forschende aus Deutschland und der Schweiz versuchen, die Verbreitung der Quagga-Muscheln im Bodensee einzudämmen.