13-Jährige mit seitenlangen Strafakten. Kinder, die mit geklauten Autos durch die Stadt fahren. In Karlsruhe ist das seit Jahren Realität. Polizei, Stadt und Staatsanwaltschaft konnten jetzt gegen einige der jungen Straftäter vorgehen. Von einem Erfolg will trotzdem niemand sprechen.
Karlsruhe: Kriminelle Kinder in geschlossenen Anstalten
Im aktuellen Fall geht es um eine Gruppe von vier bis fünf Kindern und Jugendlichen, so Manuel Graulich, Sprecher der Staatsanwaltschaft Karlsruhe. Sie hatten in den vergangenen Monaten mehrere Autos aus Autohäusern geklaut, waren in Gastronomien und auch das Europabad eingebrochen. Der hinterlassene Sachschaden ist schwer zu beziffern, aber er geht vermutlich in die Hunderttausende.
Laut Ilja Gottwald von der Polizei Karlsruhe sei aus der kriminellen Gruppe mittlerweile aber keiner mehr auf freiem Fuß. Die beiden Älteren seien in einer Jugendhaftanstalt, die beiden Jüngeren in einer Jugendhilfeeinrichtung. Die jahrelange Serie an schweren Straftaten durch Kinder und Jugendliche in Karlsruhe findet dadurch vorerst ein Ende, hofft zumindest Karlsruhes Bürgermeister Martin Lenz. Doch der Weg dorthin war lang.
Kinder begehen seit Jahren Straftaten
Seit 2021 waren Gruppen von Kindern und Jugendlichen in unterschiedlichen Zusammensetzungen immer wieder in Karlsruhe auffällig geworden. Das Problem: Die meisten von ihnen waren strafunmündig. Polizei und Staatsanwaltschaft waren also mehr oder weniger die Hände gebunden. Und das nutzten die Kinder laut Polizei ganz bewusst aus.
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Jugend- und Sozialarbeit einziger Zugang
In solchen Fällen ist der einzige Zugriff zu den Kindern die Jugend- und Sozialarbeit. Die Stadt Karlsruhe habe laut Bürgermeister Martin Lenz in den vergangenen Jahren immer wieder versucht, auf die jungen Straftäter einzuwirken. Es seien Gespräche mit Eltern gesucht worden, auch mit den Kindern habe man regelmäßig in Kontakt gestanden.
In besonders schweren Fällen habe man sogar sogenannte Fallkonferenzen eingerichtet. Dabei kommen Vertreter verschiedener Behörden wie Polizei, Staatsanwaltschaft und Stadt zusammen und reden mit einzelnen Kindern über ihr Verhalten und die zukünftigen Konsequenzen.
Letzte Konsequenz: geschlossene Anstalt
Das habe laut Martin Schacht von der Staatsanwaltschaft Karlsruhe in einigen Fällen Wirkung gezeigt. Bei einigen aber nicht. Hier spricht Schacht von Systemsprengern. Die Gesellschaft müsse vor solchen Straftätern geschützt werden. Die Kinder einfach wegzusperren, sei aber auch keine Lösung, so Schacht. Sie bräuchten eine intensive Betreuung in geschlossenen Anstalten, doch davon gebe es viel zu wenig.
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Die Kinder müssten in solchen Einrichtungen wieder Strukturen bekommen und sich einen geregelten Tagesablauf erarbeiten. Selbst das Besuchen der Schule müsse gelernt werden.
Personal für Jugendarbeit fehlt
Die Stadt habe sich immer wieder darum bemüht, einzelne minderjährige Straftäter in solchen Einrichtungen unterzubringen, so Bürgermeister Lenz. Meist jedoch ohne Erfolg. Das frustriere auch die Angestellten in den Jugendämtern. Hier fehle es überall an Personal.
Am Ende müsse man laut Bürgermeister Martin Lenz auch die Frage stellen, wer die Verantwortung für die Verrohung der Gesellschaft übernimmt. Es sei in Zukunft durchaus möglich, dass es öfter schwere Fälle wie die der kriminellen Kindergruppe in Karlsruhe gebe. Das lasse sich aber nur bewältigen, wenn mehr finanzielle Unterstützung in die Jugendarbeit fließe.