"Was kommt vor dem Vormärz?", fragt die Führerin der Erinnerungsstätte im Rastatter Schloss die Achtklässler von der Maria-Victoria-Schule in Ottersweier. "Der Februar", antwortet ein Junge aus der Gruppe. Die Schülerinnen und Schüler hatten das Thema bisher zwar im Unterricht, davon ist allerdings nicht viel hängen geblieben.
Eigentlich wollte die Führerin aber auf den Beginn der Industrialisierung in Deutschland und die grundlegende Veränderung der Kommunikation hinaus. Mehr Menschen konnten lesen und schreiben. Außerdem waren sie besser vernetzt. Diese Entwicklungen erleichterte später die Ausbreitung der Revolution 1848/49.
SWR-Reporterin Mirka Tiede hat die Achtklässler in Rastatt begleitet:
Achtklässler haben im Unterricht nicht viel Interesse an Revolution
"Das Problem ist, das Thema wird in der achten Klasse unterrichtet. Da sind die voll in der Pubertät und haben ganz andere Probleme", entgegnet die Geschichtslehrerin der Klasse Isolde Uhl. Freiheit, Religionsfreiheit und das gerechte Steuern seien Dinge, die bei den Schülern hängen bleiben. "Was sie persönlich betrifft, das merken sie sich." Deswegen ergänzt Uhl ihren Unterricht mit dem Museumsbesuch.
Bildliche Darstellung der Revolution überzeugt manche Geschichtsmuffel
In der Erinnerungsstätte in Rastatt gibt es viele Bilder zur Revolution, Modelle und sogar Gegenstände, die damals eine Rolle gespielt haben. Nicht alle Schülerinnen und Schüler überzeugt das. Einige Geschichtsmuffel nimmt die Ausstellung aber doch mit. "Ich bin ehrlich, Geschichte hat mich noch nie so wirklich interessiert. Aber heute fand ich es schön, weil man vieles bildlich gesehen hat", erzählt eine Schülerin. Am Ende können die Schülerinnen und Schüler viel für sich selbst mitnehmen.
Bürgerinnen und Bürger waren vor Revolution unzufrieden
In der Zeit des Vormärz war Deutschland noch in 34 Fürstentümer zersplittert. Die wirtschaftliche Lage in ihnen war schlecht. Viele Menschen waren verarmt und drohten zu verhungern. Revolutionäre Ereignisse führten in Frankreich Anfang des Jahres 1848 zur Gründung der Zweiten Republik und damit auch zu einem allgemeinen Wahlrecht für die Bürgerinnen und Bürger.
Mit Frankreich als Vorbild gab es viele europäische Länder, die dasselbe wollten. Die Kettenreaktion in Europa erreichte auch den Deutschen Bund. Neben der Demokratie und den Grundrechten erhofften sich die Bürgerinnen und Bürger durch eine Revolution auch die Einigung Deutschlands. Danach folgten Versammlungen, Besetzungen, Unruhen und Aufstände.
Grundrechte gehen auf Revolution zurück
Eines der wichtigsten Ereignisse war die Nationalversammlung am 18. Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche. Es war das Erste von Männern gewählte Parlament. Ziel war es, über eine freiheitliche Verfassung und die Bildung eines deutschen Nationalstaats zu beraten.
Im Dezember desselben Jahres präsentierte die Nationalversammlung das sogenannte "Reichsgesetz betreffend die Grundrechte des deutschen Volkes". Festgeschrieben waren unter anderem die Gleichheit aller vor dem Gesetz, die Aufhebung aller Standesvorrechte und persönliche sowie politische Freiheitsrechte unter anderem die Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit.
Nationalversammlung scheiterte im April 1849
Im April 1849 scheiterte die Nationalversammlung. Eigentlich hätte der preußische König Friedrich Wilhelm IV. als gewählter "Kaiser der Deutschen" eingesetzt werden sollen, dieser lehnte aber mit Verweis auf die im Gottesgnadentum begründete monarchische Legitimation ab. Die monarchisch-restaurativen Kräfte im Deutschen Bund bekamen wieder Aufschwung, die Revolution fand keinen Rückhalt mehr in der Bevölkerung und das Parlament löste sich auf.
Rastatt spielte große Rolle in Revolution
Die Stadt Rastatt spielte in der Endphase der Revolution eine große Rolle. Am 9. Mai 1849 kam es zu einem Aufstand der badischen Soldaten im Ehrenhof des Schlosses. Sie bekannten sich zur Verfassung und wollten die Grundrechte verteidigen. Die Revolution bekam dadurch erneut eine neue Dynamik. Am Ende war die Stadt das Hauptquartier und die letzte Bastion der Freiheitskämpfer. Die Stadt wurde im Sommer 1849 belagert. Am 23. Juli kapitulierten die Revolutionäre. Zahlreiche Freiheitskämpfer kamen vor ein preußisches Standgericht und wurden danach hingerichtet.
Revolution spielt Rolle für die Gleichberechtigung
An der Seite der Männer haben auch Frauen während der Revolution gekämpft. Sie wurden öffentlich als politische Akteure wahrgenommen und zeigten anderen Frauen Wege auf, sich politisch zu engagieren. Eine Akteurin der Revolution war zum Beispiel Amalie Struve. In Freiburg wollte sie andere Frauen zur Teilnahme überreden. Auch an den Aufständen in Rastatt war sie beteiligt. Die Revolution hat den Anstoß für später folgende Frauenbewegungen gegeben.