Hintergrund: Zehn Jahre nach Baubeginn

2014: Tunnelanstiche, Ermittlungen gegen Mappus, Wasserwerfer-Prozess

Stand

Die Anfänge des Bahnprojekts reichen weit zurück. Eine bessere Bahnverbindung zwischen Stuttgart und Ulm war das erste Ziel des Projekts, das dann als "Stuttgart 21" bekannt wurde. Eine Chronologie:

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Mappus

März 2014: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt gegen Baden-Württembergs früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage im Zusammenhang mit einem harten Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner. Mappus weist die Vorwürfe zurück.

Stefan Mappus (Archiv)
Stefan Mappus (Archiv)

21. März 2014: Der zweite Tunnel für das Bahnprojekt Stuttgart 21 in der Landeshauptstadt wird angestochen. Der Tunnel Bad Cannstatt ist Teil eines überwiegend unterirdischen Schienenrings. Er soll von der geplanten Neckarbrücke unter dem Rosensteinpark und dem Nordbahnhof zum neuen Stuttgarter Tiefbahnhof führen. Tunnelpatin ist Simone Herrmann, Ehefrau von Regionalpräsident Thomas Bopp.

Tunneltaufe mit Simone Herrmann und Bahnchef Rüdiger Grube
Tunneltaufe mit Simone Herrmann und Bahnchef Rüdiger Grube

9. Mai 2014: Fast vier Jahre nach dem "Schwarzen Donnerstag" versucht ein Landtags-Untersuchungsausschuss zum zweiten Mal, die Umstände des harten Polizeieinsatzes gegen Stuttgart-21-Gegner zu klären. Das Gremium kommt in Stuttgart erstmals in öffentlicher Sitzung zusammen. Vor allem stellt sich die Frage nach politischer Einflussnahme auf die Polizeikräfte am 30. September 2010, die ungewöhnlich massiv gegen die Demonstranten im Schlossgarten vorgegangen waren.

Tunnelanstiche und Wasserwerfer-Prozess

23. Juni 2014: Der fast sechs Kilometer lange Albabstiegstunnel ist eines der letzten großen Teilstücke auf der Neubaustrecke von Stuttgart 21 über Wendlingen nach Ulm. Gerlinde Kretschmann, Ehefrau von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), tauft den Tunnel.

24. Juni 2014: Knapp vier Jahre nach dem Wasserwerfer-Einsatz gegen Stuttgart-21-Demonstranten im Schlossgarten startet der Prozess. Vor dem Landgericht müssen sich zwei Polizisten verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen fahrlässige Körperverletzung im Amt vor.

25. Juni 2014: Polizisten sagen im Wasserwerfer-Prozess, dass der Einsatz aus dem Ruder gelaufen sei. Die Anweisungen seien vom damaligen Polizeichef gekommen.

10. Juli 2014: Baubeginn am Fildertunnel. Er soll den neuen Stuttgarter Hauptbahnhof mit dem Flughafen und der Landesmesse verbinden.

Letzte Arbeiten am Bohrkopf vor dem Beginn der Bauarbeiten am Fildertunnel
Letzte Arbeiten am Bohrkopf vor dem Beginn der Bauarbeiten am Fildertunnel

30. Juli 2014: Das Staatsministerium kämpft vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim darum, Mappus' E-Mails lesen und speichern zu dürfen. Der baden-württembergische Landtag erhofft sich so neue Erkenntnisse über den Polizeieinsatz am "Schwarzen Donnerstag".

4. August 2014: Mappus' E-Mails bleiben unter Verschluss. Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim entscheidet, dass das Land Baden-Württemberg aus Datenschutzgründen keine Einsicht in Mappus' E-Mails bekommt. Die Richter bestätigen damit ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Karlsruhe aus dem Vorjahr.

5. August 2014: Baustart für das Herzstück des Projekts, den eigentlichen Tiefbahnhof. Laut Bahn soll er Ende 2021 in Betrieb gehen.

7. August 2014: Archäologen finden Sandsteinplatten in der S21-Baugrube. Spätere Untersuchungen ergeben, dass sie zu einem Entwässerungskanal aus dem 17. Jahrhundert gehören.

Ausgrabungen beim Bahnhofumbau Stuttgart 21
Ausgrabungen beim Bahnhofumbau Stuttgart 21

18. August 2014: Das Eisenbahnbundesamt (EBA) startet eine Untersuchung des Grundwassersystems von Stuttgart 21. Im Vorfeld hatten S21-Gegner kritisiert, dass rostiges Wasser aus den Metallrohren in Neckar und Boden geleitet wird. In Wasserproben haben sie erhöhte Eisenwerte gemessen und eine Anzeige wegen möglicher Umweltstraftaten erstattet. Die Untersuchung läuft drei Monate lang.

27. August 2014: Im Wasserwerfer-Prozess berichtet ein Staffelführer der Polizei, dass ein Stuttgart-21-Gegner fast von einem Wasserwerfer überrollt worden wäre. Laut der Aussage des Polizisten ist er unter das Fahrzeug gekrochen, wahrscheinlich um den Reifen zu beschädigen. Ein Beamter konnte den Wasserwerfer gerade noch rechtzeitig stoppen.

3. September 2014: Ein als Zeuge geladener Oberkommissar verweigert seine Aussage im Wasserwerfer-Prozess vor dem Stuttgarter Landgericht. Die Richterin gesteht ihm dies zu, weil der 52 Jahre alte Beamte aus Ulm sich selbst belasten könnte.

5.500 Einwände gegen den Flughafenbahnhof

22. September 2014: Die S21-Bauherrin Deutsche Bahn muss sich 5.500 Einwänden gegen ihre Planungen auf den Fildern stellen. Bei der Erörterung haben Umweltverbände, Träger öffentlicher Belange wie Landratsämter und Privatleute die Gelegenheit, ihre Fragen und Kritik zum geplanten Filderbahnhof, zum Mischverkehr von S-Bahn, Regional- und Fernzügen und zu Eingriffen in die Natur anzubringen. Unter Leitung des Regierungspräsidiums Stuttgart werden die Themen an mehreren Verhandlungsterminen diskutiert. Das Regierungspräsidium erstellt dann einen Bericht für die Genehmigungsbehörde, das Eisenbahnbundesamt (EBA) in Bonn. Der Flughafenbahnhof soll ab 2021 den Stuttgarter Hauptbahnhof mit dem Flughafen in acht Minuten verbinden.

Der S-Bahn-Halt unter dem Landesflughafen Stuttgart-Echterdingen (Archiv)
Der S-Bahn-Halt unter dem Landesflughafen Stuttgart-Echterdingen (Archiv)

20. Oktober 2014: Die Flughafenanbindung ist ein zentraler Punkt beim Bahn-Projekt Stuttgart-Ulm. Auf welcher Trasse sollen Züge den geplanten Filderbahnhof anfahren? Nach erneuter Kritik an den Plänen der Bahn steht diese Frage im Fokus der Lenkungskreissitzung. Im festgefahrenen Streit über die beste Variante des Filderbahnhofs soll jetzt der Bund vermitteln.

Im Filderbahnhof (rot) sollen Fern- und Regionalzüge auf dem Weg von Stuttgart nach Ulm halten - im S-Bahnhof (grün) neben den S-Bahnen auch Züge aus Böblingen, Horb und Zürich.
Im Filderbahnhof (rot) sollen Fern- und Regionalzüge auf dem Weg von Stuttgart nach Ulm halten - im S-Bahnhof (grün) neben den S-Bahnen auch Züge aus Böblingen, Horb und Zürich.

26. November 2014: Enttäuschung für die Opfer des "Schwarzen Donnerstags": Der Stuttgarter Wasserwerferprozess endet mit einer Geldstrafe für die beiden Angeklagten. Die Polizeiführer müssen je 3.000 Euro an eine Kinderkrebsstiftung zahlen. Ihnen war fahrlässige Körperverletzung im Amt vorgeworfen worden. Das Landgericht Stuttgart hatte die Einstellung des Verfahrens selbst vorgeschlagen. In dem seit Juni laufenden Verfahren sei nur eine geringe Schuld der beiden angeklagten Polizeiführer zu erkennen gewesen. Gegner des Bahnprojekts S21 sprechen von einem "Justizskandal".

27. November 2014: Der technische Geschäftsführer für die Neubaustrecke Stuttgart-Ulm verlässt das Milliardenprojekt. Nach Angaben der Bahn wird Stefan Penn nach dreieinhalb Jahren als Technik-Chef Anfang 2015 aus dem Unternehmen ausscheiden. Mit Penn verlässt eine weitere Führungskraft das Planungsteam für Stuttgart 21. Zuvor war bereits der für den Bahnhofstrog zuständige Bauleiter gegangen.

8. Dezember 2014: 250. Montagsdemo gegen S21. Die Jubiläumsveranstaltung darf nach einem Gerichtsbeschluss vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof stattfinden. Um ein Verkehrschaos zu vermeiden, wollte die Stadt die 250. Auflage in eine Seitenstraße verlegen, scheiterte aber vor Gericht. Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim verwies dabei auf die besondere Bedeutung der Jubiläumsveranstaltung. Nach Veranstalterangaben versammeln sich noch einmal 7.000 Menschen, die unter dem Motto "Köpfchen zeigen, oben bleiben" vor dem Hauptbahnhof protestieren.

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SWR

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