Menschen in der Innenstadt, Symbolbild

Auch Wertheim und Wittighausen betroffen

Über 100 Kommunen in Baden-Württemberg zweifeln Zensus-Ergebnisse an

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Alice Robra

Die Ergebnisse des Zensus 2022 wirken sich auf die Kassen der Kommunen aus. Rund 100 haben sich beim Gemeindetag gemeldet, weil ihnen die Ergebnisse fragwürdig vorkommen.

Beim Gemeindetag Baden-Württemberg haben sich seit Dienstag rund 100 Kommunen gemeldet, die Zweifel an den neuesten Ergebnissen des Zensus 2022 haben. Das sagte ein Sprecher auf SWR-Anfrage. Betroffen sind auch Kommunen wie Wertheim und Wittighausen (beide Main-Tauber-Kreis).

 

Zum Stichtag am 30. Juni 2022 hatte die Gemeinde Wittighausen nach ihrem Melderegister 22 Einwohnerinnen und Einwohner mehr als im Zensus angegeben. Mittlerweile liegt die Differenz zwischen Register und Zensus sogar bei über 100 Menschen. Dies könnte finanzielle Auswirkungen haben, denn für jeden zusätzlichen Einwohner könnte die Gemeinde 1.670 Euro mehr vom Land erhalten.

Das sind ruck zuck zehn- bis hunderttausende Euro, die uns da fehlen.

Über die Dauer von zehn Jahren gerechnet, könnte dies zu einer deutlichen Summe an zusätzlichen Einnahmen führen. Bei der Stadt Wertheim liegt der Unterschied zwischen Melderegister und Zensus sogar bei rund 500 Personen. Stadtsprecherin Angela Steffan erklärt es sich so: "Die eklatante Abweichung der Zensuszahlen zu unseren Bestandsdaten ist wohl der lückenhaften Methodik des Zensus geschuldet, in der die Einwohner nur stichprobenartig erfasst und dann hochgerechnet werden."

Statistisches Landesamt hält gegen

Ein Experte des Statistischen Landesamts sieht dagegen die Fehler bei den Melderegistern, weil sich viele Menschen in den Kommunen anmelden, aber nicht mehr abmelden. Zum Beispiel, wenn sie ins Ausland ziehen oder versterben. Der Zensus wirke da wie eine Inventur. Studentenstädte beispielsweise profitierten vom Zensus, da hier oft nicht alle Studierenden gemeldet seien.

Jagsthausen muss mit 14 Prozent weniger Einwohnern rechnen

Ein Sprecher des Gemeindetags erklärte, die Meldedaten hätten eine hohe Qualität, aber Zu- und Wegzüge könnten nicht vollständig erfasst werden. Die Kommunen prüfen nun, ob das Statistische Landesamt nachvollziehbar gehandelt hat. Eine Erklärung könnte zum Beispiel sein, wenn zum Stichtag eine Pflegeeinrichtung geschlossen worden sei und deshalb viele Menschen weggezogen seien. Aber "zum Teil ist das Maß so hoch, dass man sich die Abweichung nicht erklären kann", so der Sprecher.

Stadt Heilbronn mit "guter Datenbasis"

In der Stadt Heilbronn gab es laut Mitteilung zum Stichtag kaum einen Unterschied zwischen Melderegister und Zensusergebnis – lediglich eine Abweichung von 0,1 Prozent, heißt es. "Das gibt uns die Bestätigung, dass wir eine sehr gute Datenbasis haben", so Isabelle Metzger, Leiterin der Kommunalen Statistikstelle.

Alle Werte, die im Landesdurchschnitt lägen, seien akzeptabel, so der Sprecher des Gemeindetags. In der Liste des Zensus aber sind zum Beispiel in Jagsthausen (Kreis Heilbronn) 14 Prozent weniger Einwohnerinnen und Einwohner aufgeführt, auch in Kirchberg an der Jagst (Kreis Schwäbisch Hall) sind es minus sechs Prozent. Insgesamt hätten sich schon rund 100 Kommunen gemeldet, die überdurchschnittliche Abweichungen bemängeln. Der Gemeindetag fordert deshalb vom Statistischen Landesamt, die Abweichungen aufzuschlüsseln. Auch der Städtetag befragt zurzeit seine Mitglieder, wie gut die Ergebnisse zur Realität vor Ort passen. Erste Resultate werden kommende Woche erwartet.

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