Wird die Gesellschaft immer egoistischer und die Menschen immer aggressiver? Glaubt man Leroy Dollner, Bauleiter bei T.Dollner Verkehrstechnik aus Lauffen am Neckar (Kreis Heilbronn), könnte man sagen: Ja. Er und sein Team sichern beispielsweise Baustellen ab und waren im Mai auch für die Absperrung des Heilbronner Triathlons zuständig. Sie bekommen mit, wie sich immer weniger Menschen an Beschilderungen halten - und damit andere und sich selbst gefährden.
Radfahrer bei Triathlon auf Strecke verletzt
Beim Heilbronner Triathlon hatte das schwere Folgen: Da kam es nämlich zu einem Unfall, bei dem ein Teilnehmer verletzt wurde, weil ein Autofahrer eine Absperrung weggeräumt hatte und auf die Strecke gefahren war. Die Polizei hatte die Absicherung der Strecke zuvor abgenommen und als "sicher" eingestuft. Dollner und sein Team haben also eigentlich alles richtig gemacht. Umso mehr ärgern den Bauleiter solche Vorfälle extrem.
Laut Experten werden Autofahrer immer aggressiver
Vor allem seit der Corona-Pandemie stellt Dollner fest: "Die Zündschnur ist kürzer geworden." Die Menschen seien egoistischer und ungeduldiger. Das habe aus seiner Sicht nach der Pandemie auch nicht aufgehört, sondern weiter zugenommen. Immer häufiger stellen er und seine Mitarbeitenden fest, dass Autofahrerinnen und -fahrer schon kurz nach dem Aufstellen die Absperrungen wegräumen und daran vorbeifahren.
Oder noch dreister: Sie fahren in den abgesicherten Bereich, noch während die Absperrungen aufgestellt werden. Es sei auch schon vorgekommen, dass Dollner und Kollegen direkt beim Aufbauen von vorbeifahrenden Autofahrern angefeindet wurden.
Mitarbeiter wurde von Autofahrer angefahren
Dabei gehe es doch auch um die Sicherheit der Autofahrenden, betont Dollner. Beispiele für Fehlverhalten hat er viele: Von einem Auto, das in einer Baustellengrube feststeckte, weil der Fahrer in die Baustelle gefahren war, bis zu einem verletzten Mitarbeiter, der, während er die Strecke absichern wollte, angefahren wurde. "Linksabbiegen war verboten, der Mitarbeiter war im abgesicherten Bereich, dann ist doch jemand abgebogen und hat ihn angefahren. Er musste ins Krankenhaus und ist wochenlang ausgefallen", erinnert sich Dollner.
Schon im Mai berichtete die Heilbronner Polizei davon, dass es immer wieder vorkomme, dass Absperrungen weggeräumt und ignoriert würden. So viele Fälle wie in diesem Jahr seien es noch nie gewesen. Beim angesprochenen Triathlon habe die Polizei einen Teil der Strecke sogar dauerhaft bewachen müssen, hieß es damals, da die Absperrung den Menschen offenbar völlig egal gewesen war.
Auch Ämter stellen Missachtungen von Absperrungen fest
Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg hat zwar keine konkreten Hinweise darauf, dass das Missachten von Absperrungen und Umleitungen zugenommen hat, heißt es auf SWR-Anfrage. Doch es komme durchaus vor, dass Straßensperrungen missachtet würden. Häufigster Grund hierfür ist dem Ministerium zufolge, dass die "Umleitungsstrecke spürbar länger war", heißt es.
Das Landratsamt Heilbronn berichtet ebenfalls von Autofahrerinnen und -fahrern, die Absperrungen missachten. Zwar könne man nur für die Baustellen sprechen, bei denen man selbst Bauherr sei, heißt es da. Doch auch dort komme es immer wieder vor, dass Autos bis in die Baustelle einfahren würden. Vor allem am Wochenende, wenn die Fahrenden denken, dass keine Bauarbeiten stattfinden.
Autofahrer behaupten, keine Schilder gesehen zu haben
Gleiches gilt für den Hohenlohekreis. Auch dort heißt es aus dem Landratsamt, dass Absperrungen immer öfter ignoriert würden. Es sei sogar schon beobachtet worden, dass Fahrer aussteigen, eine Absperrung beiseiteschieben und schnurstracks in die Baustelle fahren - teilweise bis an die Bauarbeiter heran. Da würde dann behauptet, man habe keine Absperrung oder Beschilderung gesehen.