Der 110. Poetry Slam in der Heilbronner Maschinenfabrik war etwas Besonderes: Zum ersten und vielleicht einzigen Mal haben die fünf Slammer Texte von einer künstlichen Intelligenz schreiben lassen, statt eigene vorzutragen. Erst nach gut einer halben Stunde verriet der Moderator, dass ChatGPT, eine Künstliche Intelligenz (KI) zum Generieren von Texten, verwendet wurde. Viele Besucher waren erschrocken.
Erfahrung regt auch zum Nachdenken an
Die Zuschauerinnen und Zuschauer reagierten überrascht und wurden dann oft nachdenklich: Die Texte hatten zum Teil sehr überzeugt. Erst durch die Auflösung konnten die vom SWR befragten Zuschauer zuordnen, warum sie beim Zuhören manchmal irritiert waren.
Gerade jetzt, wo KI immer mehr Verwendung findet, wo immer mehr Menschen damit arbeiten und eine KI wie ChatGPT so auch mit ihren Daten "trainiert", eine interessante Beobachtung. KI wird allem Anschein nach also immer besser und - gerade wenn noch echte Menschen wie hier die Slammer involviert sind - auch immer schwieriger für die Menschen zu erkennen. Erfahrene Slam-Zuschauer bemerkten, dass der Inhalt der Texte besser hätte sein können an diesem Abend.
ChatGPT dichtet wie ein Kalenderblatt
Besucherin Theresa hatte bei einem Vortrag das Gefühl, das hätten auch Kalendersprüche gewesen sein können. Marcel vermutete, dass bei zwei Slammern die Texte nicht gut zu den Leuten gepasst haben - der Verdacht kam aber deshalb auf, weil die beiden vorneweg entschuldigend erklärt hatten, einen "neuen Schreibstil" auszuprobieren. Bevor das Geheimnis gelüftet wurde, bekamen alle Künstler und Künstlerinnen Applaus, bei zweien klang das Publikum ganz begeistert. Zuschauerin Isabella fragte sich deshalb, was Kunst eigentlich noch ausmache.
Wofür braucht es Künstlerinnen und Künstler?
Slammerin Pauline Füg sagt, auch wenn die Texte von ChatGPT geschrieben wurden, brauchte es sie als Künstlerin, die mit den Prompts, also den Befehlen für die KI, ein Werk erschaffen habe. Sie überprüfte den Text immer wieder und gab neue Anweisungen, wenn ihr der Text zu langweilig oder zu beliebig wurde. Darin liege dann auch ihr Urheberrecht.
Experiment könnte als Beispiel für andere Kunstarten dienen
In Zukunft solle ChatGPT nicht mehr verwendet werden, um ganze Texte schreiben zu lassen, so der künstlerische Leiter Philipp Herold. Schließlich verstoße das klar gegen die Poetry Slam Regeln, denn jeder Text muss von den Autoren selbst verfasst werden. Als Hilfestellung und Inspiration könne es aber weiterhin dienen. Mitorganisator Robert Mucha vom KI-Salon hofft, dass der Abend auch als Beispiel für andere Kunstarten dienen könne: "Wieso nicht mit Musik, wieso nicht mit bildender Kunst? Wieso nicht mit Malerei?" Wichtig sei gewesen, dass sich die Künstler für dieses Experiment geöffnet hätten.
Poetry Slammer narrten Publikum mit KI Meinung: Vorsicht dichtende KI!
In Heilbronn haben Poetry Slammer das Publikum mit ChatGPT-Texten genarrt. Martin Rupps wäre auch auf sie hereingefallen.