Nach fast 24 Stunden konnte die letzte Überlebende aus dem eingestürzten Hotel in Kröv gerettet werden.

Haus aus dem 17. Jahrhundert wurde umgebaut

Hoteleinsturz in Kröv: "Null Risiko im Bauwesen gibt es nicht"

Stand

Das eingestürzte Haus in Kröv soll eine jahrhundertealte Bausubstanz gehabt haben, es wurde in den Achtzigerjahren aufgestockt. Ein Experte erklärt, warum der Umbau eines solchen Gebäudes schwierig ist.

Es ist nach wie vor unklar, wie es zu dem Einsturz eines Hotels in Kröv an der Mosel (Rheinland-Pfalz) kommen konnte. Bei dem Unglück wurden am Dienstagabend neun Menschen verschüttet. Sieben von ihnen konnten gerettet werden, für zwei von ihnen kam jede Hilfe zu spät.

Nach Angaben des Landkreises Bernkastel-Wittlich wurde das Haus bereits im 17. Jahrhundert erbaut. In den 1980ern wurde es den Informationen zufolge um zweieinhalb Stockwerke aufgestockt. An dieser Baulinie sei es zum Unglück gekommen, hieß es in einer Mitteilung.

Prüfingenieur: Eigentümer grundsätzlich für Gebäude verantwortlich

Bereits bestehende Gebäude umzubauen, ist für Statiker nach Ansicht von Experten eine "extrem große Herausforderung". Grundsätzlich sei der Eigentümer für die Sicherheit und Instandsetzung der Gebäude verantwortlich, sagte der Prüfingenieur für Bautechnik, Axel Bißwurm aus Mannheim, dem SWR. "Wir als Prüfingenieure kommen immer erst dann hinzu, wenn umgebaut wird und wenn wir vom Bauherrn auch damit beauftragt werden, das Tragwerk zu überprüfen."

Er erlebe es allerdings leider sehr häufig, dass sich zu wenig mit der alten vorhandenen Substanz des Bauwerks beschäftigt werde. Die Bauherren forderten dies nicht ein, weil das wirklich Geld koste, so der Experte.

Historischer Bau versus Neubau: Unterschiedliche Sicherheitsstandards

Die Sicherheitsstandards bei sehr alten und neuen Gebäuden sind laut Bißwurm jeweils völlig andere. Wenn man einen Neubau auf die grüne Wiese stelle, gebe es sehr hohe Anforderungen. Diese habe es so vor mehreren hundert Jahren nicht gegeben. "Sie haben sich mit der gesellschaftlichen Entwicklung verändert", so Bißwurm, der auch Mitglied in der Ingenieurkammer Baden-Württemberg ist. "Damals musste ein Gebäude stehen bleiben und nutzbar sein. Man hat sich wenig Gedanken darüber gemacht, wie sicher es sein muss."

Um die heutigen Ansprüche an die Sicherheit im Bauwesen zu verdeutlichen, bringt der Prüfingenieur folgendes Beispiel: "Wenn ein Statiker eine Million Bilder aufhängen soll, muss er dafür sorgen, dass in 50 Jahren nur ein Bild abfallen darf." Man müsse sich also beim Umbau eines Hauses genau damit beschäftigen, was der Bestand noch "weiter ertragen kann".

Experte: Es gibt kein Nullrisiko im Bauwesen - aber viele Vorschriften

In den letzten Jahren hat Bißwurm eine enorme Zunahme an Vorschriften registriert. "Es kommt teilweise zu Überregulierungen. Ingenieure können immer weniger die Sache als Ganzes begreifen." So wie sich die Normen entwickelt hätten, sei es extrem. Vielleicht solle grundsätzlich darüber nachgedacht werden, wie der Begriff der Standsicherheit in unserer Gesellschaft definiert werden solle, fordert Bißwurm.

Man könne nie ausschließen, dass es zu Unfällen kommt. "Wenn der Schaden im Rahmen der gesellschaftlichen Akzeptanz liegt, zieht man eben mal keine Konsequenzen und versucht nicht, noch was drauf zu packen." Denn: "Null Risiko gibt es nicht im Bauwesen. Das ist schon rein physikalisch nicht möglich", so Bißwurm.

Kröv

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