Karl-Eugen Bleyler gehört ein Gründerzeithaus im Freiburger Stadtteil Wiehre mit Garten. Dafür soll er jetzt viel mehr Grundsteuern zahlen.

Neues Steuermodell ab 2025

Die neue Grundsteuer: Warum ein Eigentümer in Freiburg das Hundertfache zahlen müsste

Stand
Autor/in
Michael Hertle
Damian Correa Koufen
Damian Correa Koufen

Ab 2025 wird die Grundsteuer im Land neu berechnet. Dann zählt allein der Bodenwert - unabhängig davon, was drauf steht. Für Eigentümer kann das teuer werden. Ein Beispiel aus Freiburg.

Die "große Wiese" von Karl-Eugen Bleyler aus Freiburg, wie sie im Familienjargon heißt, liegt versteckt hinter den Gärten der Nachbarhäuser. Sie ist unbebaut. Ein stilles Refugium zur Erholung und zum Spielen für die Kinder mitten in der Stadt. Bisher zahlt Bleyler 85 Euro Grundsteuer dafür pro Jahr. Wenn es bei dem geplanten neuen Grundsteuermodell in Baden-Württemberg und den geltenden Hebesätzen der Stadt Freiburg bleibt, muss er ab 2025 für die Wiese 9.200 Euro Grundsteuer zahlen - das wäre mehr als das Hundertfache.

Neue Grundsteuer bemisst sich aus Bodenwert

Mit der Grundsteuerreform des Landes Baden-Württemberg wird die Grundsteuer allein aus dem Bodenwert des Grundstücks bemessen. Das bedeutet: Beim neuen Steuermodell spielt es keine Rolle mehr, wie das Grundstück bebaut ist, also ob ein bescheidenes Einfamilienhaus, eine Villa oder ein zehnstöckiges Mietshaus drauf steht.

Das ist mehr als das Hundertfache. Ich meine: Irgendwas stimmt da nicht.

Karl-Eugen Bleyler gehört ein Gründerzeithaus im Freiburger Stadtteil Wiehre mit Garten. Dafür soll er jetzt viel mehr Grundsteuern zahlen.
Für diese Wiese muss Karl-Eugen Bleyler wohl bald deutlich mehr bezahlen.

Bleyler gibt Grundsteuer wohl an Mieter weiter

Der Freiburger Hausbesitzer Bleyler hadert mit dem neuen Steuermodell. Seine Wiese ist ohne Zufahrt eingeschlossen zwischen den Nachbargärten. Er kann und darf dort kein neues Haus bauen. Und die Stadt Freiburg will die großen Gärten in der Gegend aus Klimaschutzgründen unbedingt erhalten. Die höhere Grundsteuer wird er deswegen an die Mieter in seinem Gründerzeithaus weitergeben müssen. 175 Euro wären das pro Monat für jeden Mieter.

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Neues Grundsteuermodell soll Wohnungsbau ankurbeln

Auch viele andere Grundstücksbesitzer sind unzufrieden mit den neuen Regeln und wehren sich dagegen. Landesweit liegt die Einspruchsquote nach Schätzungen von Finanzämtern im Land zwischen 25 und 40 Prozent. Viele Eigentümer befürchten eine drastische Erhöhung ihres Grundsteuer-Beitrags. Der Bund der Steuerzahler Baden-Württemberg führt gemeinsam mit anderen Verbänden mehrere Musterklagen gegen die Grundsteuer an. Sie kritisieren, dass Eigentümer bei gleich großen Grundstücken die selbe Grundsteuer zahlen müssen, egal ob dort eine Villa oder ein alter Schuppen steht.

Die Befürworter dagegen sehen Vorteile in der Reform. Die neue Regelung ziele darauf ab, den Wohnungsbau zu fördern, sagt etwa Gisela Splett (Grüne), Staatssekretärin im Finanzministerium in Stuttgart. Durch die Änderung des Steuermodells werde es teurer werden, Grundstücke unbebaut zu lassen. Beim Finanzamt Freiburg-Land zeigt man sich mit dem neuen Modell zufrieden: Die Beamten müssten nicht wie in anderen Bundesländern jedes Haus einzeln bewerten. "Es ist natürlich in Anbetracht der Umstände eine gute Lösung, weil wir mit weniger Daten arbeiten können", sagt der Leiter des Finanzamts Freiburg-Land, Thomas Züfle.

Gerichte entscheiden, wie es mit der Reform weitergeht

Jetzt liegt die Sache erstmal beim Finanzgericht Baden-Württemberg. Für den Fall, dass es die neue Grundsteuer rechtlich nicht beanstandet und damit den Einsprüchen nicht stattgibt, hat der Bund der Steuerzahler Baden-Württemberg bereits beantragt, dass Revision zugelassen wird. Über die Verfassungsmäßigkeit muss letztlich das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Karl-Eugen Bleyler gehört ein Gründerzeithaus im Freiburger Stadtteil Wiehre mit Garten. Dafür soll er jetzt viel mehr Grundsteuern zahlen.
Hausbesitzer Karl-Eugen Bleyler denkt manchmal, das sei eine Art von Wegelagerei, von Straßenräuberei.

Daten zu den Grundstücken sind veraltet

Auch die neue Kalkulation der Grundsteuer geht übrigens auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurück. Denn zuletzt berechneten die Finanzämter den Immobilienwert auf Grundlage veralteter Daten. In Westdeutschland werden die Grundstücke nach ihrem Wert aus dem Jahr 1964 berücksichtigt, im Osten sogar auf der Basis von Daten von 1935.

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