Schwere Gewitter haben am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag in Baden-Württemberg für Schäden gesorgt. In Hechingen (Zollernalbkreis) ist ein 62 Jahre alter Mann ums Leben gekommen. Die Ereignisse im Überblick:
- Blitze und Orkanböen über Baden-Württemberg
- Mann von Baum erschlagen
- Campingplatz und Zeltlager am Bodensee geräumt
- Blitzeinschläge in mehrere Wohnhäuser
- Umgestürzte Bäume an mehreren Orten
- Hunderte Einsätze in Freiburg nach Starkregen und Sturm
- SWR-Wetterexpertin erklärt Wolkenwalze
- Wetterprognose für die kommenden Wochen
50.000 Blitze über Baden-Württemberg
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat während des Unwetters am Donnerstagabend mehr als 230.000 Blitze über Baden-Württemberg gezählt. Dies sei schon "eine ordentliche Anzahl", sagte ein DWD-Meteorologe am Freitag. Es habe eine sehr große Blitzaktivität gegeben, so der Experte weiter.
Allein am Freitagmorgen "gab es 50.000 Blitze über Baden-Württemberg. Das ist für ein Gewitter viel, aber nicht völlig unnormal", sagte SWR-Wetterexperte Hartmut Mühlbauer. Bei schweren Gewitterlagen sei das "schon mal möglich". In der Nacht auf Freitag war aus Sicht des Wetterexperten interessant, "dass die Orkanböen allein aus dem Gewitter kamen". "Das hat nur eine Wolke produziert. Da merkt man, was für eine Gewalt Wolken haben können", sagt Mühlbauer.
Die Meteorologinnen und Meteorologen verzeichneten beispielsweise in Sonnenbühl (Kreis Reutlingen) auf der Schwäbischen Alb Böen mit einer Geschwindigkeit von 174 Kilometer pro Stunde. In Lindau waren es 144 Kilometer pro Stunde und in Friedrichshafen 137. "Solche Böen entstehen üblicherweise bei Orkantiefs. Böen von bis zu 170 Kilometer pro Stunde sind wirklich eine Seltenheit. So etwas kommt höchstens alle zehn Jahre mal vor", so Mühlbauer.
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Mitte August haben Unwetter wieder Schäden in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz verursacht. Teils sind Eigentümer und Mieter nicht versichert oder nicht ausreichend informiert.
In seinem Zelt: Mann bei Unwetter von Baum erschlagen
Bei dem Unwetter am Donnerstag ist bei Hechingen (Zollernalbkreis) ein 62 Jahre alter Mann ums Leben gekommen. Er wurde beim Zelten von einem Baum erschlagen. Laut Polizei kam der Mann aus dem Schwarzwald und war mit dem Fahrrad unterwegs. Er hatte zwischen Hechingen und dem Stadtteil Stetten neben einem Baum gezeltet. Einer von zwei großen Baumstämmen wurde bei dem Unwetter entwurzelt und erschlug ihn. Eine Frau fand den Toten am Freitagmorgen. Die Feuerwehr musste die Leiche des Mannes bergen.
Wegen der Unwetterfolgen ist die Burg Hohenzollern in Hechingen seit Freitag geschlossen und bleibt auch am Samstag zu. Die Zufahrtsstraße sei oberhalb der B27-Anschlussstelle gesperrt, teilte die Verwaltung mit. "Grund sind die Auswirkungen des Sturmes im Wald unterhalb der Burg. Viele Bäume sind umgestürzt und haben die Zufahrtsstraße, die Waldwege und Fußwege blockiert." Außerdem bestehe weiterhin hohes Baumbruchrisiko. Es wurde empfohlen, die Wald- und Fußwege nicht zu betreten. Am Sonntag sollte die Burg voraussichtlich wieder öffnen. Besucher sollten weiterhin nicht zu Fuß durch den Wald gehen, sondern den Pendelbus vom Parkplatz zum Burg-Eingang zu nutzen.
Im Schwarzwald-Baar-Kreis warnte das Kreisforstamt am Freitag vor herabfallenden Ästen und eventuell noch umstürzenden Bäumen. "Wer jetzt in den Wald geht, riskiert sein Leben", hieß es auch vom Forstamt in Villingen-Schwenningen.
Campingplatz in Lindau und Zeltlager in Friedrichshafen evakuiert
Die Gewitter, die am Donnerstagabend über das Land gezogen sind, haben einige Schäden angerichtet. Auf einem Campingplatz im bayerischen Lindau am Bodensee stürzten am Donnerstagabend mehrere Bäume um. Dabei wurden sechs Menschen verletzt, einer davon schwer. Das sagte ein Polizeisprecher dem SWR am Freitagmorgen. Weil weitere Gefahr drohte, wurde der Platz geräumt. Rund 900 Menschen wurden in der Inselhalle in Lindau untergebracht und dort unter anderem von Helferinnen und Helfern des Roten Kreuzes versorgt. Nun soll der Platz begutachtet werden, zahlreiche Autos und Wohnmobile wurden beschädigt.
In Friedrichshafen-Seemoos (Bodenseekreis) wurde ein Zeltlager evakuiert. 236 Kinder und 57 Betreuerinnen und Betreuer waren betroffen. Sie verbrachten die Nacht in der Sporthalle einer Schule, verletzt wurde laut Polizei niemand.
Auch in Möhringen (Kreis Tuttlingen) musste in der Nacht auf Freitag ein Zeltlager geräumt werden. Nachdem einige Zelte eingestürzt waren, kamen die 24 Jugendlichen über Nacht in der Möhringer Sporthallte unter, so das Landratsamt Tuttlingen.
Blitzeinschläge in mehrere Wohnhäuser
In Litzelbach, einem Teilort von Pfullendorf (Kreis Sigmaringen), schlug der Blitz in ein Wohngebäude mit Scheune ein. Verletzt wurde niemand, es entstand ein Schaden von rund 700.000 Euro. Nach SWR-Informationen war es das zweite Mal innerhalb einer Woche, dass in dem Teilort ein Blitz eingeschlagen ist.
Sowohl die Scheune als auch der Dachstuhl des Gebäudes brannten vollständig aus. Verletzt wurde niemand. Der bewohnte Teil fing kein Feuer, könnte durch die Löscharbeiten aber beschädigt worden sein. Diese waren auch am Nachmittag noch in Gang. Eine dortige Kreisstraße wurde während des Einsatzes gesperrt.
Auch in ein Wohnhaus in Mittelbiberach (Kreis Biberach) schlug der Blitz ein. Auch hier gab es keine Verletzten, der Schaden wird auf rund 80.000 Euro geschätzt. In Herdwangen-Schönach (Kreis Sigmaringen) musste das "Eine Liebe-Festival" für einige Stunden unterbrochen werden.
Laut Polizei hat jeweils ein Blitz in ein Haus bei Niedereschach im Schwarzwald-Baar-Kreis und bei Deilingen im Kreis Tuttlingen eingeschlagen. Auch in Balingen (Zollernalbkreis) gab es einen Blitzeinschlag in ein Wohnhaus. Gebrannt hat keines der Häuser, verletzt wurde niemand.
Ast auf Wohnmobil in Westerheim gestürzt
Auch auf einem Campingplatz in Westerheim (Alb-Donau-Kreis) richtete das Gewitter Schäden an. Dort stürzte ein schwerer Ast auf ein Wohnmobil, das dann umkippte. Vater und Sohn konnten laut Polizei über die Dachluke aussteigen und blieben unverletzt.
Blitzeinschläge und Sturmschäden Unwetter: Verletzte auf Motorradtreffen in Nördlingen
Die Unwetter haben in der Nacht auf Freitag in der Region Schäden angerichtet. In Nördlingen wurden zehn Menschen auf einen Festival verletzt. In Westerheim kippte ein Wohnmobil um.
Baum stürzt auf eine Stromleitung und ein Haus
In Fichtenau-Matzenbach ist laut Polizei ein Baum auf eine Stromleitung und ein Haus gefallen. Verletzte gab es nicht. In Bühlerzell (beides Kreis Schwäbisch Hall) stürzte ein Baum auf ein geparktes Auto.
Bei Althütte-Sechselberg (Rems-Murr-Kreis) ist ein Fußgänger beim Spaziergang im Wald von einem herabstürzenden Baum eingeklemmt worden. Für die Bergung musste laut Polizei die Höhenrettung angefordert werden.
Die Polizei Stuttgart meldete ebenfalls einige umgefallene Bäume, über nennenswerte Schäden ist bislang nichts bekannt. Laut Feuerwehr sei ein Baum gegen eine Fassade gefallen. Größere Einsätze habe es zunächst nicht gegeben.
Heilbronn-Franken bei Gewittern glimpflich davon gekommen Kreis Schwäbisch Hall: Blitzeinschlag ins Sägewerk und umgestürzte Bäume
Unwetter haben am Donnerstagabend in Teilen Baden-Württembergs für zahlreiche Feuerwehreinsätze gesorgt. Die Region Heilbronn-Franken ist vergleichsweise glimpflich davongekommen.
Hunderte Einsätze in Freiburg nach Starkregen und Sturm
In und um Freiburg hat der Starkregen Keller und Straßen überflutet und zahlreiche Feuerwehreinsätze ausgelöst. Bei der Freiburger Polizei sind nach eigenen Angaben 140 witterungsbedingte Notrufe eingegangen. Über die Integrierte Leitstelle sind zudem rund 600 Einsätze abgearbeitet worden, davon betrafen laut Polizei rund 400 das Freiburger Stadtgebiet.
Verletzte gab es nach Angaben eines Feuerwehrsprechers aus der Nacht nicht. Es seien auch Bäume umgestürzt, außerdem sei eine abgerissene Stromleitung auf ein Auto gefallen. Ein Mensch konnte kurz vor dem Ertrinken aus seinem Wohnhaus gerettet werden, so die Freiburger Feuerwehr. Zudem sei die Emil-Thoma-Schule mit Wasser voll gelaufen.
Wetterexpertin erklärt Wolkenwalze: "Luft wird nach oben geschleudert"
Dieses Wetterphänomen der Wolkenwalze hat SWR3-Hörer Andreas Hein am Freitagmorgen über Appenweier (Ortenaukreis) beobachtet und das Video der Redaktion zugeschickt:
SWR-Wetterexpertin Lea Spindler erklärt: "Das ist eigentlich eine ganz normale Gewitterwolke, eine Cumulonimbus." Auf dem Video könne man sehen, wie die Wolke anrolle und erkennen,wie eine Gewitterwolke funktioniert. "Die warme, schwüle Luft von unten wird angesogen und nach oben geschleudert", so die Expertin. "Die Luft kühlt dann ab und fällt als Regen runter. Je nachdem wie hoch die Luft geschleudert wird, gefrieren die Wassertröpfchen und dann gibt es teilweise auch Hagel."
Verstärkt Schauer und Gewitter in den kommenden Wochen
SWR-Wetterexperte Bernd Madlener geht von Temperaturen zwischen 17 und 24 Grad für die kommende Woche in Baden-Württemberg aus. Das sei auch davon abhängig, wie lange die Sonne sich blicken lässt. "Es kann zu kurzen Schauern und Gewittern kommen, aber es wird weitestgehend trocken und sonnig sein", sagte er.
Und ein Comeback des Sommers? "Der Sommer ist auf jeden Fall durch", erklärte Madlener. Ab 1. September sei der meteorologische Herbstanfang. "Es ist nicht besonders wahrscheinlich, die 30-Grad-Marke noch einmal zu durchbrechen."