Helfer aus dem Kreis Biberach berichten

Rettungsdienste arbeiten am Limit

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Überlastete Kliniken und lange Fahrtwege: Rettungsdienste arbeiten auch in der Region Bodensee-Oberschwaben derzeit am Limit. Das kann dramatische Folgen haben.

Die hohe Belastung in den Krankenhäusern, Klinikschließungen und viele krankheitsbedingte Ausfälle machen Rettungsdiensten in der Region Bodensee-Oberschwaben zu schaffen. Sie müssen mitunter lange nach einer Klinik suchen, die sie mit ihrem Rettungs- oder Krankentransportwagen anfahren können und zudem längere Fahrtwege in Kauf nehmen. Das könne Folgen für die Helfenden und die Patienten haben und müsse sich dringend ändern, heißt es vom DRK im Kreis Biberach.

Druck auf Krankenhäuser und Rettungsdienste wächst

"Wir versuchen Dinge aufzufangen, die im Gesundheitssystem nicht rundlaufen. Ob es uns gelingt, weiß ich nicht", sagt Michael Mutschler, Geschäftsführer des Rettungsdienstes beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) im Landkreis Biberach. Denn es fehlen niedergelassene Ärzte und viele Krankenhäuser schließen. Auch angesichts der momentanen Krankheitswelle wachse der Druck auf die Kliniken. Einige Krankenhäuser, wie die im Kreis Konstanz , beschränken sich im Notbetrieb auf die Akutversorgung.

Lange Suche nach einer Klinik

Dadurch könne es derzeit deutlich länger dauern, bis der Rettungsdienst eine Klinik finde, die Patienten aufnehmen könne, sagt Anja Moll, die in der Integrierten Leitstelle in Biberach arbeitet. Während sich Sanitäter und Notarzt im Krankenwagen am Einsatzort um den Patienten kümmern, sucht die Leitstelle die nächstgelegene geeignete Klinik, die noch Patienten aufnehmen kann. Das dauere in manchen Fällen bis zu 45 Minuten, so Moll.

"Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort müssen diese Zeit im Rettungswagen überbrücken, immer mit der Sorge, dass das Folgeschäden für den Patienten bedeuten könnte oder er es vielleicht gar nicht mehr lebend in eine Klinik schafft."

Zum Glück habe es den Fall im Landkreis Biberach aber noch nicht gegeben, dass ein Patient aufgrund einer langen Suche nach einem Klinikplatz im Rettungswagen verstorben sei, so Anja Moll gegenüber dem SWR. Habe man schließlich einen Platz für den Patienten gefunden, müsse der Krankenwagen oft weite Wege fahren. Dieser "Krankenwagen-Tourismus", wie er es nennt, könne dramatische Folgen haben, so Mutschler. "Die Sofortverfügbarkeit von Rettungswagen sinkt. Für Folgeeinsätze stehen sie dann nicht immer zeitnah zur Verfügung."

Hohe Belastung für Einsatzkräfte

Das sei auch belastend für die Kolleginnen und Kollegen, sagt Anja Moll, die Vorsitzende des Betriebsrates ist. Hinzu komme, dass es derzeit auch bei den Rettungskräften einen hohen Krankenstand gebe. "Wir können nicht sagen: Ein Auto wird nicht besetzt, wir lassen die Arbeit liegen und arbeiten es auf, wenn alle wieder gesund sind", sagt Moll. Das sei eine herausfordernde Situation, grade für die Personalplanung, ergänzt Michael Mutschler.

Im Gespräch mit SWR-Moderatorin Rebecca Lüer erzählen Anja Moll und Michael Mutschler unter anderem, wie die Arbeit der Rettungskräfte an Weihnachtsfeiertagen aussah:

Krankenwagen nur im Notfall rufen

Die Struktur des Gesundheitswesens müsse angepasst und verbessert werden, damit eine reibungslose Anfahrt der Kliniken wieder möglich sei, fordert Mutschler. Etwa dadurch, dass die Leitstellen wieder den direkten Zugriff auf den ärztlichen Notdienst hätten. Nur so könne man diesen Problemen entkommen. Außerdem appelliert er an alle, nur in Notfällen einen Krankenwagen zu rufen. In einigen Fällen könnten die Patienten auch eigenständig in eine Notfallpraxis gehen, so Mutschler.

Im zweiten Teil des Gesprächs fragt SWR-Moderatorin Rebecca Lüer Michael Mutschler und Anja Moll wie Entlastung für die schwierige Situation der Rettungsdienste geschafft werden könnte:

Immerhin, eine gute Nachricht gibt es laut Michael Mutschler: Das Interesse an dem Beruf sei hoch. Das DRK im Kreis Biberach bekäme pro Jahr etwa 150 bis 200 Bewerbungen für den Beruf des Notfallsanitäters, so Mutschler. Ausgebildet würden jährlich bis zu zwölf junge Menschen. Der Nachwuchs scheine also gesichert, auch, wenn ein Teil der Notfallsanitäter das System später wieder verlasse.

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