Auch "Kolosseum", Seilbahn und schwimmende Stadtviertel

Golden Gate Bridge am Bodensee - Spektakuläres, das nie gebaut wurde

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Autor/in
Karin Wehrheim
SWR-Redakteurin Karin Wehrheim Autorin Bild

Ein schwimmendes Konzerthaus vor Konstanz, eine Brücke über den Bodensee, Wolkenkratzer am Ufer und Autobahnen - all das ist in der Vergangenheit geplant worden. Und Utopie geblieben.

Sie hätte wie die Golden Gate Bridge in Kalifornien aussehen oder schwimmend auf Pontons gelagert sein können - eine Brücke zwischen Konstanz und Meersburg, die in den 1960er-Jahren heftig diskutiert worden ist. Diese und andere architektonische Utopien sind noch bis Anfang März im Museum Rosenegg in Kreuzlingen in der Schweiz zu sehen. Vorangetrieben hatte die Idee zur Autobrücke statt Autofähren damals der FDP-Stadtrat und Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Konstanz, Josef Hund. Die Brücke wäre etwa 3,6 Kilometer lang gewesen und hätte zwischen 100 und 600 Millionen D-Mark gekostet.

SWR Retro zeigt dazu diesen Bericht des regionalen Nachrichtenmagazins "Abendschau" von SDR, SWR und HR am 22.7.1964:

Spektaktuläre Utopie am BodenseeEine Ponton-Brücke für 4.000 Fahrzeuge pro Stunde

Eine andere Idee, eine schwimmende Brücke, hätte den Planungen zufolge westlich der Insel Mainau ansetzen und nach Meersburg oder Unteruhldingen im Bodenseekreis führen können. Die vierspurige Brücke hätte an beiden Enden eine Durchfahrtmöglichkeit für Schiffe aller Art geboten und ansonsten auf je 100 Meter langen und 16 Meter breiten Beton-Hohlkörpern geruht, die etwa drei Meter tief in den See eingetaucht wären. Der Bau sollte privat finanziert und über eine Maut wieder hereingeholt werden.

Wie damals Befürworter einer Brücke über den Bodensee warben und welche anderen spektakulären Ideen es in Konstanz und Kreuzlingen gab, zeigt das Museum Rosenegg:

"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
Wie die Golden Gate Bridge in San Francisco hätte eine Brücke über den Bodensee aussehen sollen, zwischen Meersburg und Konstanz oder Unteruhldingen und Litzelstetten. Sie wäre gut drei Kilometer lang gewesen und hätte auf Pfeilern im bis zu 150 Meter tiefen See gestanden - ein Plan aus den 1960er-Jahren. Bild in Detailansicht öffnen
"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
Die Stützpfeiler für die Golden Gate Bridge vom Bodensee hätten tief auf dem Seegrund stehen müssen. Das hätte die Brücke bis zu 600 Millionen DM teuer gemacht. 1971 aber gab das baden-württembergische Innenministerium bekannt, daß nach den vorliegenden Verkehrsuntersuchungen in absehbarer Zeit kein dringender Bedarf für den Bau einer Straßenbrücke über den Bodensee im Raum Konstanz-Meersburg bestehe. Bild in Detailansicht öffnen
"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
Ein Brillenputztuch warb in den 1960er-Jahren für eine Brücke über den Bodensee. Damals gingen die Planer davon aus, dass etwa 4.000 Fahrzeuge pro Stunde die Brücke zwischen dem Nord- und Südufer passieren würden. Bild in Detailansicht öffnen
"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
Auch eine Idee, die technisch möglich gewesen wäre, aber nicht verwirklicht worden ist: ein im Wasser schwimmender Tunnel zwischen Konstanz und Meersburg. Er scheiterte an den Zufahrten, die an beiden Ufern hätten gegraben werden müssen. Bild in Detailansicht öffnen
"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
Keine Hängebrücke, keine Drehbrücke - die Gemeinschaft "Seebrücke - Seetunnel" sah als einzig finanzierbare Lösung eine schwimmende Brücke. Sie sollte auf 100 Meter langen Beton-Hohlkörpern ruhen, die etwa drei Meter tief in den See eingetauchen wären. Eine Durchfahrt für Boote wäre nur jeweils in Ufernähe möglich gewesen. Bild in Detailansicht öffnen
"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
Das "Kolosseum von Konstanz" war Anfang der 1970er-Jahre dort geplant, wo später die Schmieder-Kliniken entstanden, in unmittelbarer Nähe zum Strandbad Hörnle. Es hätte Wohnungen, Verkaufsflächen und ein Drehrestaurant auf dem Dach gehabt. Doch der "Bodensee-Erlass" des Landes vereitelte neue Großbauten am Seeufer. Bild in Detailansicht öffnen
"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
So hätte die "Goldene Schale" vom Konstanzer Trichter her ausgesehen. Heute ist eine Bebauung, die über den Horizont ragt, nicht mehr erlaubt. Bild in Detailansicht öffnen
"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
Wie zwei Segel hätten die Zwillingshochhäuser am Bodenseeufer die deutsch-schweizerische Grenze einrahmen sollen. Das war die Idee des britischen Architekturbüros Atkins. Doch ihre Idee von 2005 scheiterte an unterschiedlichem Baurecht in Konstanz und Kreuzlingen. Bild in Detailansicht öffnen
"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
So hätten die Zwillingshochhäuser auf dem ufernahen Gelände Klein Venedig vom See aus gewirkt: riesig. Bild in Detailansicht öffnen
"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
Kein Aprilscherz: Eine Seilbahn sollte den innerstädtischen Verkehr in Konstanz entlasten. Die Argumente: wenig Platzverbrauch am Boden, geringe Wartezeiten, überschaubare Baukosten. 5.000 Fahrgäste pro Stunde hätte sie transportiert. Aber die Seilbahn wurde 2022 verworfen. Bild in Detailansicht öffnen
"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
Die Seilbahn hätte die Insel Mainau und den großen Parkplatz am Hafner mit der Konstanzer Altstadt verbinden sollen. Bild in Detailansicht öffnen
"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
"Goldene Schale" hieß die Idee, im Bodensee vor der Grenze Kreuzlingen-Konstanz ein ganzes Stadtviertel auf Pfählen zu bauen, etwa 17.000 Quadratmeter Fläche mit Hotel, Wohnungen, Restaurants und Veranstaltungsräumen. Das war bereits zuvor in Bregenz abgelehnt worden. 2005 entschied sich Kreuzlingen dagegen. Bild in Detailansicht öffnen
"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
Nur ein Spaß zur Fastnacht: eine grenzüberschreitende S-Bahn Konstanz-Kreuzlingen. Tatsächlich aber gab es ab 1927 eine grenzüberschreitende Busverbindung. Bild in Detailansicht öffnen
"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
Das sechseckige schwimmende Konzerthaus mit 2.500 Plätzen, Restaurants und Ausstellungsflächen wäre an vier Bojen befestigt und vom Ufer aus über Wassertaxis erreichbar gewesen Bild in Detailansicht öffnen
"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
2018 gab es die Idee, ein schwimmendes Konzerthaus im Bodensee vor Konstanz zu verankern. Der Architekt Noel Rabuffetti nannte den Entwurf "arqustica". Bild in Detailansicht öffnen
"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
In der Ausstellung "Geplatzte StadttRäume" im Museum Rosenegg sind die Besucherinnen und Besucher aufgefordert abzustimmen, ob sie es gut fänden, wenn die Pläne realisiert worden wären. Bild in Detailansicht öffnen
"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
Im Kreuzlinger Museum Rosenegg sind die Utopien und Ideen der vergangenen Jahrzehnte von Studierenden der HTWG Konstanz zusammengetragen und aufgearbeitet worden. Die Ausstellung "Geplatzte StadttRäume" ist bis Anfang März 2025 zu sehen. Bild in Detailansicht öffnen

1971 ist in der Heimatchronik Hegau zu lesen, dass sich die Studiengesellschaft "Seebrücke — Seetunnel" aufgelöst habe. Es seien alle erforderlichen Planungen erstellt worden. Wenige Monate später entschied jedoch die Landesregierung, dass in absehbarer Zeit kein dringender Bedarf für den Bau einer Straßenbrücke über den Bodensee im Raum Konstanz-Meersburg bestehe.

Ein Brückenbau über den Bodensee würde den Landschaftscharakter beeinträchtigen, zu Flächenverlusten durch Brücken- und Anschlussbauwerke führen, zusätzliche Verkehrsmengen in den Uferbereich verlagern und dadurch die Lärm- und Abgasbelästigung erhöhen.

Auch eine abenteuerliche Idee: ein Straßentunnel durch den Bodensee

Auch ein Straßentunnel durch den Bodensee war in den 1960er- und 1970er-Jahren in der Diskussion. Er wäre rund 45 Meter unter der Wasseroberfläche im See zwischen Unteruhldingen und der Mainau treibend verankert worden. Allerdings erwiesen sich die Zufahrten zum Tunnel als nicht realisierbar. 1982 legte der Konstanzer Gemeinderat den Bodensee-Tunnel zu den Akten.

Autobahnen am Bodensee - letztlich nie so gebaut wie geplant

Ebenfalls in den 1960er-Jahren gab es Pläne, den Bodenseeraum mit Autobahnen besser zu erschließen. So sollte es eine Autobahn von Stuttgart über Singen nach Konstanz geben. Gebaut worden ist vom Teilstück Singen-Konstanz, das in der Planung A881 hieß, lediglich die Autobahnbrücke über den Konstanzer Seerhein. Sie erhielt den Spitznamen "So da"-Brücke, weil sie jahrelang nur so da stand, ohne dass an den Enden der Brücke eine Straße irgendwohin geführt hätte.

Am nördlichen Bodenseeufer sollte eine Autobahn von Singen bis Esseratsweiler (Kreis Ravensburg) führen, sie hieß erst A22, später A98 und hätte schon 1972 fertig sein sollen. Doch über die Frage "seenah oder im Hinterland" wurde heftigst gestritten. Es hagelte Gemeinderatsbeschlüsse der Seeanrainer-Gemeinden und in Überlingen einen Bürgerentscheid dagegen. Am Ende lagen mindestens sieben Varianten vor und die grundsätzliche Kritik an einer Autobahn nahm zu. Schließlich nahm der Bund die "Bodensee-Autobahn" aus der Bedarfsplanung. Stattdessen wurde die B31 ausgebaut.

Aufschrei der Bürger Planungen für eine Autobahn direkt am Bregenzer Bodenseeufer

Am östlichen Bodenseeufer, am Nadelöhr Bregenz, sahen Planungen vor, eine Autobahn zwischen Innenstadt und Seeufer zu bauen. Dort führen bereits die Bahngleise entlang. In einer Volksbefragung 1960 waren 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger gegen die Seeufer-Trasse. Es dauerte aber noch mehrere Jahre, bis die Regierung in Wien ihre Pläne aufgab und stattdessen den Pfändertunnel baute.

So sah die Planung für eine seenahe Autobahntrasse durch Bregenz aus.
So sah in den 1960er-Jahren die Planung für eine seenahe Autobahntrasse durch Bregenz aus.

Bauwerke im Bodensee: schwimmende Wohnblocks und Konzerthaus

Immer wieder hat es spektakuläre Pläne gegeben, den Bodensee als Baufläche zu nutzen. So entwarf ein Bregenzer Architekt die "Goldene Schale", eine Art moderne Pfahlbausiedlung mit einer Fläche von rund 17.000 Quadratmetern. Sie sollte im Flachwasser vor Bregenz Platz für ein Hotel, Restaurants, Einkaufsläden und Wohnungen bieten. Das scheiterte 2004 in Bregenz, ein Jahr später auch vor Konstanz und Kreuzlingen. Auch der Vorschlag aus dem Jahr 2018, ein Konzerthaus im Bodensee vor Konstanz zu verankern, weil sonst nirgendwo Platz dafür sei, scheiterte. Die 2.500 Konzertgäste hätten unter der Wasseroberfläche gesessen und wären mit Wassertaxis an Land gebracht worden.

Erst Scherz, dann ernster VorschlagEine Seilbahn quer durch Konstanz

Eine der jüngsten Ideen war eine Seilbahn für Konstanz. Sie sollte vom Stadtrand und der Insel Mainau sowie der Universität in die Innenstadt führen. So etwas gab es bereits als Scherzpostkarte in den 1920er-Jahren. 2013 brachte Oberbürgermeister Uli Burchardt (CDU) sie erneut in die Diskussion. Doch ein Gutachten beschied: nicht wirtschaftlich! 2022 landete auch diese Utopie auf dem Stapel "nichts geworden".

"Geplatzte StadttRäume" Konstanz Kreuzlingen - architektonische Utopien am Bodensee
Kein Aprilscherz: Eine Seilbahn sollte den innerstädtischen Verkehr in Konstanz entlasten. Die Argumente: wenig Platzverbrauch am Boden, geringe Wartezeiten, überschaubare Baukosten. 5.000 Fahrgäste pro Stunde hätte sie transportiert. Aber die Seilbahn wurde 2022 verworfen.

Auch gescheitert: mit der Weißen Flotte vom Bodensee in die Nordsee?

Auch diese Utopie gab es: 1974 schlug der Kanton Thurgau vor, den Wasserstand des Bodensees zu regulieren und dafür ein Stauwehr mit zwei Schiffsschleusen im Rhein zu bauen. Es war unter anderem angedacht, eine Hochseeschifffahrt von der Nordsee bis zum Bodensee möglich zu machen. Auch Wasserkraftwerke zur Stromerzeugung sollten gebaut werden. Doch ein Volksentscheid schmetterte das Vorhaben ab.

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