Das baden-württembergische Innenministerium hat am Donnerstag bekannt gegeben, dass der Rettungshubschrauber Christoph 45 künftig in Deggenhausertal-Wittenhofen (Bodenseekreis) stationiert wird. Um eine bessere Abdeckung zu erreichen, wird er von seinem bisherigen Standort am Klinikum Friedrichshafen abgezogen. Ein Gutachten im Auftrag der Landesregierung hatte die Verlegung Richtung Norden empfohlen. Über mehrere zukünftige Standorte wurde im Vorfeld spekuliert, darunter waren auch Bavendorf (Kreis Ravensburg) und Ravensburg.
Wie das Innenministerium mitteilte, wird es in Baden-Württemberg zwei ganz neue Standorte für die Luftrettung geben: in Lahr (Ortenaukreis) und im Bereich Ravenstein (Neckar-Odenwald-Kreis). Verlegt wird nicht nur Rettungshubschrauber Christoph 45 in Friedrichshafen. Auch Christoph 41 bekommt einen anderen Standort, dieser wechselt von Leonberg an die BG Klinik Tübingen. An den neuen Standorten könnten jetzt die Planungen beginnen und die luftverkehrsrechtlichen Genehmigungen eingeholt werden, heißt es vom Ministerium. Danach würden die Standorte ausgeschrieben und der Bau der Stationen vorangetrieben.
Landrat Wölfle mit Entscheidung für Deggenhausertal zufrieden
Der Landrat des Bodenseekreises, Lothar Wölfle (CDU), zeigte sich in einer ersten schriftlichen Stellungnahme erleichtert, dass der Rettungshubschrauber im Landkreis bleibt. "Wir sind froh, dass das Land bei seiner Standortentscheidung die Besonderheiten des seenahen Bereiches gewürdigt hat. Industriedichte, Verkehrsaufkommen, Tourismus und besondere Einsatzlagen direkt am See erfordern es, dass der Hubschrauber in greifbarer Nähe stationiert bleibt", so Landrat Lothar Wölfle.
Mit der Gemeinde Deggenhausertal und dem Klinikum Friedrichshafen habe man im Vorfeld nach einem geeigneten Alternativstandort gesucht, der sowohl den neuen Anforderungen des Landes als auch dem Sicherheitsbedürfnis der unmittelbaren Bodenseeregion gerecht werde.
"Das Land hat die Besonderheiten des seenahen Bereiches gewürdigt."
Notfallmediziner sieht bessere Versorgung der Schwäbischen Alb
Der Medizin Campus Bodensee in Friedrichshafen, wo Christoph 45 bislang stationiert ist, wäre gerne Hubschrauber-Standort geblieben. Volker Wenzel, der Chef der Notfallmedizin, begrüßt es aber, dass die Entscheidung zumindest nicht für den Standort Bavendorf (Kreis Ravensburg) gefallen ist. Wenn eine Verlegung unvermeidbar sei, dann sei es am sinnvollsten, den Hubschrauber im Raum Deggenhausertal zu positionieren. Damit liege er näher an der Schwäbischen Alb und decke die dortige Versorgungslücke besser ab als von Bavendorf aus. Notärztinnen und Notärzte vom Medizin Campus Bodensee besetzen seit 1980 den Rettungshubschrauber Christoph 45.
SPD kritisiert Millionenaufwand für Verlegung
Verhalten fällt die Reaktion der SPD im Bodenseekreis aus. Man akzeptiere "zähneknirschend" die Verlegung des Rettungshubschraubers Christoph 45 als zweitbeste Lösung, so die beiden Vorsitzenden der SPD-Kreistagsfraktion und der Friedrichshafener Gemeinderatsfraktion, Norbert Zeller und Wolfgang Sigg, in einer gemeinsamen Erklärung. Beide Politiker hatten sich für den Verbleib des Hubschraubers am Klinikum in Friedrichshafen eingesetzt und die Aussagen des Gutachtens angezweifelt. Zeller und Sigg fragen, ob sich der Millionenaufwand für die Verlegung angesichts knapper Kassen tatsächlich rechtfertigen lasse.
Gegner fürchten schlechtere Versorgung
In der vergangenen Woche hatte der Landtag das Aus für den Standort Friedrichshafen beschlossen. Gegner der Verlegung befürchten nun eine Verschlechterung der Versorgungssituation für die Menschen im Bodenseekreis. Speziell bei den zahlreichen Badeunfällen im Bodensee zähle jede Minute, heißt es von ihrer Seite. Sie hatten für eine Petition 30.000 Unterschriften gesammelt.
Im Notfall in 20 Minuten beim Patienten
Anlass für die Neuverteilung der Hubschrauber-Standorte sind laut Innenministerium die sich ausdünnende Klinikstruktur sowie veränderte Anforderungen an die Notfallversorgung. In einem Gutachten kamen Wissenschaftler des Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement der Universität München zum Schluss, dass die Zahl der Rettungshubschrauber im Land von bislang acht auf zehn erhöht werden sollte, drei Hubschrauber verlegt und zwei Hubschrauber rund um die Uhr Bereitschaft haben sollten. So soll es möglich sein, tagsüber innerhalb von 20 Minuten und nachts in nicht mehr als 30 Minuten Verletzte per Hubschrauber zu erreichen.