Nach Ausschreitungen bei Politischem Aschermittwoch

Kretschmann in Biberach zu Gast: Gewaltsamer Protest "war ein Ausreißer"

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Die eskalierten Proteste am Aschermittwoch in Biberach beschäftigen die Stadt immer noch. Am Freitagabend kam Ministerpräsident Kretschmann zu einer Podiumsdiskussion.

Die Proteste in Biberach am politischen Aschermittwoch der Grünen hatten nach Worten von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nichts mit demokratischem Protest und den Interessen der Bauern zu tun - und rein gar nichts mit Biberach. Es sei nur darum gegangen, Wut herauszulassen, die Wut anderer anzustacheln und andere zum Schweigen zu bringen, kritisierte der Grünen-Politiker am Freitagabend bei einer Veranstaltung in der Gigelberghalle. "Zivilisierter Streit hält zusammen, unzivilisierter Streit treibt auseinander", so Kretschmann. Der 75-Jährige war gemeinsam mit Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Freitagabend nach Biberach gekommen, um an einer Podiumsdiskussion über politische Streitkultur teilzunehmen.

SWR Redakteur Tim Kukral war in Biberach vor Ort. Die Veranstaltung sei friedlich verlaufen, die Aufarbeitung der Geschehnisse gehe indes weiter:

Kretschmann: Ereignisse in Biberach nicht typisch für Stadt und Region

"Sowas zerstört am Ende den Kern liberaler Demokratie, was sie ausmacht - nämlich argumentieren", so Kretschmann weiter. Es gebe immer Streit in der Demokratie, aber dieser solle auch ein Ziel haben. Was geschehen sei, sei zudem überhaupt nicht typisch für Stadt und Region. "Das war ein Ausreißer." Die gewaltsame Auseinandersetzung stehe nicht für den Geist und die Werte von Biberach. Die Stadt sei traditionell offen und liberal, so Kretschmann.

Der Biberacher Oberbürgermeister Norbert Zeidler und Landrat Mario Glaser (beide parteilos) hatten Kretschmann und Strobl zu dem politischen Abend eingeladen, um die Geschehnisse im Umfeld des politischen Aschermittwochs der Grünen einzuordnen. Für das Podiumsgespräch, bei dem auch der Ulmer Polizeipräsident Bernhard Weber vor Ort war, hatten Bürgerinnen und Bürger vorab Fragen eingereicht.

Das ist am Politischen Aschermittwoch der Grünen in Biberach (14. Februar 2024) passiert:

Politischer Aschermittwoch wegen Sicherheitsbedenken abgesagt

Für Zeidler stehen die Ereignisse am Politischen Aschermittwoch in krassem Gegensatz zur Lebensart in der Stadt. Biberach stehe seit dem 14. Februar weniger für eine weltoffene Stadt, "seitdem steht der Name unserer Stadt sinnbildlich für ein neues Niveau undemokratischer Unkultur", sagte er. Doch die Krawalle seien eine gesellschaftliche Entwicklung, die sich in der Stadt entladen habe. 

Innenminister Strobl erklärte auf dem Podium, die Erfahrungen vom Aschermittwoch würden in künftige Einsatzplanungen bei Veranstaltungen in ganz Baden-Württemberg einfließen. Er hoffe nicht, dass große Polizeiaufgebote wie an diesem Abend zur neuen Normalität würden. Der Ulmer Polizeipräsident Bernhard Weber erklärte, die Situation vor der Halle sei von der Polizei beruhigt gewesen und die Veranstaltung hätte stattfinden können. Es sei jedoch nicht absehbar gewesen, ob Demonstrantinnen und Demonstranten in die Halle hineingelangen hätten können. Letztlich entschied man sich bei den Grünen gegen die Durchführung der Veranstaltung.

Die Veranstaltung der Partei war am 14. Februar wegen Sicherheitsbedenken abgesagt worden. Zu der Zusammenkunft der Grünen waren unter anderem Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) und Kretschmann erwartet worden. An einem Begleitfahrzeug Özdemirs wurde eine Scheibe beschädigt. Des Weiteren hatten Landwirte einen Misthaufen vor die Treppen zur Stadthalle gekippt und Straßen mit Pflastersteinen und Sandsäcken blockiert. Polizei und Staatsanwaltschaft haben mittlerweile zwei Tatverdächtige ermittelt - unter anderem auch den Mann, der für die zerstörte Autoscheibe verantwortlich sein soll.

Bei den Protesten waren mehrere Menschen verletzt worden, mittlerweile wurden laut Staatsanwaltschaft 41 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Tatvorwürfe reichen von Widerstand gegen und tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte bis hin zur öffentlichen Aufforderung zur Begehung einer Straftat. Ministerpräsident Kretschmann machte im Nachgang in einem Interview mit der "Schwäbischen Zeitung" deutlich, dass er es bereue, nicht dennoch an diesem Tag nach Biberach gefahren zu sein. "Erst mit erheblicher Zeitverzögerung ist mir klar geworden, dass das ein unglaublicher Vorgang war", sagte Kretschmann. "Rückblickend würde ich sagen: Wäre mir das gleich bewusst gewesen, wäre ich gerade deshalb hingefahren. Es kann nicht sein, dass ein Ministerpräsident im eigenen Land auf einer Veranstaltung nicht reden kann", so Kretschmann.

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