Heinrich Hermann versuchte Deportationen zu verhindern

Stand
Autor/in
Martin Hattenberger

Der 27.1. ist der Tag an dem wir den Opfern des Nationalsozialismus gedenken. Es ist der Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, aber nicht nur der ermordeten Juden, sondern allen Menschen, die unter der Terrorherrschaft der Nazis litten, wird heute gedacht. Durch dieses Gedenken wollen auch wir die Erinnerung an diese Menschen lebendig halten. Denn auch viele Opfer kamen aus unserer Region. 18 Menschen wurden alleine aus der damaligen Taubstummenanstalt in Wilhelmsdorf deportiert und später umgebracht. Doch, wenn es nicht den mutigen Hausvater der Anstalt gegeben hätte, wären es viel mehr gewesen. Martin Hattenberger über einen mutigen Mann, der Widerstand leistete – und damit leider alleine war.

Mit seiner Glatze, einer dicken Hornbrille und dem weißen Bart strahlt Heinrich Hermann auf den verbliebenen Bildern auch viele Jahrzehnte später noch eine Autorität aus. Die brauchte der Hausvater der Taubstummenanstalt in Wilhelmsdorf wahrscheinlich auch. Denn dort war er 1939 für 158 Pfleglinge, wie es damals hieß, verantwortlich. Heute ist Gottfried Heinzmann als Vorstandsvorsitzender der Zieglerschen sowas wie der Nachfolger von Heinrich Hermann. Er spricht von dem alten Hausvater mit Bewunderung.
Immer mit Gewissen abgeklärt

Mit Beginn des zweiten Weltkrieges beginnt auch die Aktion T4. Menschen mit Behinderung, psychischen Erkrankungen oder sonstige, die von den Nazis als nicht wertvoll für die Volksgemeinschaft anerkannt wurden, sollten umgebracht werden. 1940 beginnen erste systematische Tötungen in Grafeneck auf der Schwäbischen Alb. Auch in Wilhelmsdorf gehen bald erste Anfragen ein, so Thomas Stöckle, Leiter der Gedenkstätte Grafeneck.
Täter waren auf Kooperationen angewiesen

Auch in Wilhelmsdorf gingen Anfragen ein. Heinrich Hermann sollte Meldebögen ausfüllen und darauf Menschen nennen, die unheilbar waren. Doch Hermann schickt die Bögen unausgefüllt zurück. Er begründet seine Verweigerung in einem Brief an das Innenministerium in Berlin:
Gott mehr gehorchen als den Menschen

Doch, er war mit seinem Protest allein. Nur wenige Tage später fordert ein Mitarbeiter die Meldebögen wieder an. Der Druck auf Hermann wächst. Er schreibt schließlich 45 Namen auf eine Liste. Weil er weiß, was mit diesen Menschen passieren könnte, schreibt er schweren Herzens:
Die Verantwortung ist schwer

Im Oktober fährt eine Gutachterkommission nach Wilhelmsdorf, um die Menschen anzuschauen. Doch es dauert, bis 1941 am Ende 19 von ihnen von den berüchtigten grauen Bussen abgeholt werden. Die Tötungsanstalt in Grafeneck ist da bereits geschlossen. Auch aufgrund des Widerstands von Heinrich Hermann waren unter den 10.654 Toten von Grafeneck keine aus Wilhelmsdorf, sagt Thomas Stöckle.
Busse wären gefahren

Nach der Deportation der 19 Menschen versucht Heinrich Hermann weiter für seine Schützlinge zu kämpfen. Er fordert sie an für wichtige Arbeiten in seiner Anstalt – die Menschen seien also nach Logik der Nazis doch noch nützlich.
Braucht Leute

In einem einzigen Fall hat er Erfolg. Der 20-jährige Ernst Weiß kehrt wieder zurück nach Wilhelmsdorf. Alle anderen werden später im hessischen Hadamar ermordet.
Steht für Protest und scheitern

Hermann selbst wird für seinen widerstand nie verfolgt. Er bleibt bis zu seinem Ruhestand in Wilhelmsdorf und stirbt 1961 dort.
Für Pfarrer und den Vorstand der Zieglerschen, Gottfried Heinzmann, ist es wichtig, die Erinnerung an das Schicksal der Menschen, aber auch an den Mut Hermanns lebendig zu halten.
Vorbild

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Martin Hattenberger

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