Das Rüstungsunternehmen Diehl Defence in Überlingen (Bodenseekreis) steht offenbar vor einem Millionenauftrag. Die baltischen Staaten Estland und Lettland planen nach estnischen Angaben, das deutsche Mittelstrecken-Luftabwehrsystem Iris-T bei dem Hersteller am Bodensee zu kaufen. Die beiden EU- und NATO-Länder wollen dazu gemeinsame Verhandlungen mit Diehl Defence aufnehmen, das sagte der estnische Verteidigungsminister Hanno Pevkur laut mehrerer Nachrichtenagenturen am Sonntag in Riga nach einem Treffen mit der Verteidigungsministerin von Lettland, Inara Murniece.
Auftrag im Wert von mehreren hundert Millionen Euro?
Wie viele Systeme angeschafft werden sollen und zu welchem Preis, ist noch nicht bekannt. Nach Angaben von Murniece wird es sich jedoch um das größte Rüstungsgeschäft seit der Wiedererlangung von Lettlands Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991 handeln. Pevkur seinerseits sprach von einem Volumen von mehreren hundert Millionen Euro.
Schutz vor Angriffen aus der Luft
Ein Vertrag könnte im Sommer unterzeichnet, die ersten Systeme dann 2025 eingesetzt werden. Bis dahin müssten die Ausbildung der Soldaten und der Aufbau der Infrastruktur erfolgen, so Murniece. Das Luftabwehrstystem Iris-T ermöglicht nach Herstellerangaben den Schutz vor Angriffen durch Flugzeuge, Hubschrauber, Marschflugkörper und Kurzstreckenraketen.
Estland und Lettland fühlen sich durch Russland bedroht
Die Luftverteidigung gilt als Schwachstelle der baltischen Staaten. Estland und Lettland, die der EU und der NATO angehören, grenzen an Russland, Lettland auch an Russlands engen Verbündeten Belarus. Die beiden Staaten betrachten den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine als direkte Gefahr für ihre Sicherheit. Sie haben ihre Militärausgaben bereits massiv aufgestockt und rüsten Streitkräfte auf.
Das Überlinger Unternehmen selbst teilte auf Nachfrage des SWR schriftlich mit, dass man immer gerne mit potentiellen Kunden spreche, insbesondere mit NATO-Partnern und ESSI-Ländern. Zu konkreten Abschlüssen könne sich Diehl aber nur dann äußern, wenn und soweit diese erfolgt und durch die Kunden kommuniziert wurden. Zu vertraulichen Inhalten möglicher Abschlüsse wie Typenspezifizierungen, Stückzahlen, Preisen und Konditionen mache man keine Angaben.