Die geplante Reform des deutschen Wahlrechts wird von den Bundestagsabgeordneten in der Region Bodensee-Oberschwaben unterschiedlich bewertet. Andreas Jung, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Konstanz kritisiert die Pläne der Ampelkoalition zur Reform des Wahlrechts. Dem SWR sagte er, der Entwurf breche mit dem bestehenden System, dass gewählte Direktkandidaten automatisch ins Parlament einziehen und forderte, über die bisherigen Vorschläge hinaus gemeinsame Lösungen zu suchen.
Ampelfraktionen verteidigen die Wahlrechtsreform
Jungs Kolleginnen und -kollegen aus den Ampelfraktionen, die die Region Bodensee-Oberschwaben im Bundestag vertreten, verteidigen den Vorschlag der Wahlrechtsreform gegenüber dem SWR. So sieht die Konstanzer FDP-Abgeordnete Ann-Veruschka Jurisch das Verhältniswahlrecht gestärkt, weil Kandidaten mit minimalen Ergebnissen kein Direktmandat mehr sicher hätten. Außerdem müsse der Bundestag dringend zu einer vernünftigen Größe zurückgeführt werden, so Jurisch.
SPD findet den Vorschlag fair - die Grünen die Reform überfällig
Der Biberacher SPD-Abgeordnete Martin Gerster bezeichnet den Vorschlag für alle Fraktionen als "fair".
Den Bestand ihres Wahlkreises Ravensburg sieht die Grünen Abgeordnete Agnieszka Brugger als Pluspunkt für ganz Oberschwaben. Ihre Kollegin Anja Reinalter aus Laupheim sagte, es sei peinlich, dass der Bundestag bisher keine Wahlrechtsreform beschlossen habe. Die Hand sei nun ausgetreckt.
Das Problem: Der Bundestag ist stetig gewachsen
Mit jeder Wahl ist der Bundestag zuletzt weiter gewachsen. 598 Abgeordnete sind die Norm, tatsächlich sind es aktuell 736. Expertinnen und Experten halten auch einen noch größeren Bundestag für möglich. Um das zu verhindern, legten Innenpolitiker der Ampel-Koalition einen Entwurf für eine Wahlrechtsreform vor.
Die Bundestagsabgeordneten selbst äußerten die Sorge, dass das Parlament nicht mehr arbeitsfähig sei, wenn der Bundestag zu groß werde. Zu große Fraktionen oder Arbeitsgruppen erschwerten die Abläufe. Auch die Platzfrage müsse gelöst werden.
Was will die Ampel ändern?
Der Gesetzentwurf von SPD, Grünen und FDP deckelt die Zahl der Mandate. Die Normgröße von 598 Abgeordneten wird nicht mehr überschritten. Dazu werden keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr vergeben. Maßgeblich für die Sitzzahl einer Partei soll allein das Ergebnis der Zweitstimmen sein. Diese bekämen einen neuen Namen: Hauptstimmen. Das Hauptstimmenergebnis würde allerdings nochmal auf die 16 Bundesländer umgerechnet. Gewinnt eine Partei in einem Land weniger Wahlkreise direkt, als ihr Mandate zustehen, werden die restlichen Mandate über die Landesliste vergeben. Gewinnt sie aber mehr Wahlkreise direkt, als Sitze nach dem Hauptstimmenergebnis auf sie entfallen, gehen die Kandidatinnen und Kandidaten mit dem niedrigsten Wahlkreisstimmenergebnis leer aus.