Partei setzt auf Trainings

Nach Protesten in BW: Woher kommt das Feindbild Grüne?

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Autor/in
Knut Bauer
Michael Ströbel

Die Grünen sind derzeit mit viel Wut und Protest konfrontiert, Kretschmann spricht von den "Prügelknaben der Nation". Ein Experte sieht die Partei als Erben von Angela Merkel.

Keiner anderen Partei schlägt derzeit so viel Ablehnung entgegen wie den Grünen. Das zeigten unter anderem die eskalierten Proteste rund um den abgesagten politischen Aschermittwoch in Biberach. Für manche Teile der Bevölkerung sind die Grünen-Politikerinnen und -Politiker regelrecht zum Feindbild geworden. Eine schwierige Situation für die Partei und ihre Mitglieder. Auch in Baden-Württemberg, wo sie dank Ministerpräsident Winfried Kretschmann viele Jahre besonders erfolgsverwöhnt waren.

Hass und Hetze haben sich erst im Internet breit gemacht - inzwischen erleben Grünen-Mitglieder wie die Landtagsabgeordnete Cindy Holmberg dies auf offener Straße auch ganz direkt: "Ich war auf einem Fest mit einer Freundin unterwegs, die mit zwölf Jahren aus Kamerun hierher kam, Diplom-Ingenieurin ist und einen sehr guten Job in der Automobilbranche hat", erzählt sie dem SWR. "Ich wurde dort massiv angegangen; dass ich Deutschland kaputt mache und mich nur 'um so Gesocks' kümmere."

1.200 Angriffe auf Mitglieder der Grünen - in einem Jahr

Meistens sind es Worte, mitunter aber - wie in Biberach - auch Taten. Bundesweit gab es im vergangenen Jahr auf Mitglieder der Grünen mehr als 1.200 Angriffe - auf AfD-Mitglieder waren es knapp 500. Auch die baden-württembergische Landtagsabgeordnete Swantje Sperling stellt fest, dass die Grünen mehr und mehr zum Feindbild geworden sind: "Wir hatten hier Zustände, da gab es Leute, die zu uns gekommen sind und behauptet haben, Ricarda Lang würde drei Millionen verdienen", sagt sie. Außerdem hätten diese sich über das Aussehen der Bundesvorsitzenden ausgelassen.

Vor Partei-Veranstaltungen in ihrem Landtags-Wahlkreis Waiblingen informiert sich die 40-Jährige mittlerweile in einschlägigen Social-Media- und Internet-Kanälen, ob sich mögliche Störer angekündigt haben. "Wir haben Tage davor alle eindeutigen Telegram-Gruppen durchsucht, weil wir wirklich auch Sorge haben, was da passiert." Immer schwieriger sei es, vorherzusehen, wie Veranstaltungen abliefen oder gar endeten. Das mache ihr Angst, sagt die Grünen-Politikerin, auch weil die Unbefangenheit weg sei.

Kretschmann: Grüne "sind die Prügelknaben der Nation"

Dass die Grünen derart angefeindet werden, hängt auch mit ihrer Rolle in der Klimapolitik zusammen. Um den Klimawandel zu stoppen, werden den Menschen Veränderungen abverlangt. "Wir sind im Moment die Prügelknaben der Nation", sagt Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann. "Alles wird auf uns abgeladen, weil wir die Reformpartei sind."

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Grüne als Projektionsfläche für Unmut

Es gibt eine zunehmende Polarisierung in der Gesellschaft. Und da haben die Grünen nach Ansicht des Kommunikationswissenschaftlers Frank Brettschneider von der Uni Hohenheim mittlerweile ein anderes politisches Feindbild abgelöst: "Für einige Menschen sind die Grünen jetzt die neue Merkel, früher haben sie 'Merkel muss weg' gerufen, jetzt attackieren sie die Grünen."

Für diese Menschen sei die Partei nun eine Projektionsfläche für Unmut jedweder Art. "Wut und Hass gegen die Grünen sind vor allem bei jenen festzustellen, die nicht nur politisch, sondern auch kulturell am weitesten von ihnen entfernt sind", sagt Brettschneider.

Deeskalationstrainings vor der Kommunalwahl

Die anstehenden Europa- und Kommunalwahlen werden für die Grünen daher zu einer besonderen Herausforderung, gerade im Straßenwahlkampf auf Marktplätzen und in Fußgängerzonen. Um die Kandidatinnen und Kandidaten auf schwierige Situationen vorzubereiten, will sie die Partei in Sachen Deeskalation schulen. "Wenn es zu unsicheren Momenten kommt, sollen unsere Mitglieder ganz genau wissen, wie sie deeskalierend wirken können", sagt Co-Landeschef Pascal Haggenmüller.

Die Rückmeldungen seien positiv. "Wir werden diese Reihe nochmal auflegen wegen des großen Bedarfs", so Haggenmüller. "Wenn wir das nicht machen würden, hätten die Leute Angst, Gesicht zu zeigen. Das darf in einer Demokratie nicht passieren."

Für die Kommunalwahl will die Partei dennoch vor allem auf die direkte Ansprache möglicher Wählerinnen und Wähler setzen. Man lege den Wahlkämpfern in diesem Jahr den Haustürwahlkampf sehr ans Herz, sagt Haggenmüller. "Wir merken, dass gerade in den letzten Jahren der Austauschbedarf der Menschen steigt", ergänzt er. Denn nichts gehe über das persönliche Gespräch.

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