Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei, spricht bei einer Pressekonferenz am Flughafen Istanbul-Atatürk vor seiner Reise in die Golfstaaten. Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise in der Türkei ist Präsident Recep Tayyip Erdogan zu einer Reise nach Saudi Arabien, Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate aufgebrochen.

Türkische Gemeinde in Baden-Württemberg widerspricht Präsidenten

Vor Erdogan-Besuch: BW-Innenpolitiker kritisieren Äußerungen zum Gaza-Krieg

Stand
Autor/in
Filiz Kükrekol
Onlinefassung
Matthias Breitinger

Der türkische Präsident Erdogan hat die Terrororganisation Hamas als Freiheitskämpfer bezeichnet. Jetzt besucht er Deutschland. Im Vorfeld gibt es in BW parteiübergreifend Kritik.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan reist am Freitag das erste Mal seit drei Jahren nach Deutschland. Am Abend trifft er in Berlin Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Der Besuch gilt angesichts der jüngsten Äußerungen Erdogans zum Gaza-Konflikt als heikel. Er hatte die Terrororganisation Hamas zu Freiheitskämpfern erklärt, die ihren Boden und ihre Bürger verteidigten, und gesagt, man müsse prüfen, ob die Gegenoffensive Israels einem Genozid gleiche.

Türkische Gemeinde: "Wir lehnen die Aussagen ab"

In Baden-Württemberg stoßen diese Äußerungen vor Erdogans Deutschlandbesuch auf Kritik. "Wir lehnen natürlich die Aussagen ab. Für uns ist Hamas eine Terrororganisation", sagte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Baden-Württemberg und in Deutschland, Gökay Sofuoglu, dem SWR. "Sie sind einfach auf eine Veranstaltung eingedrungen und haben mehrere Menschen getötet und Geiseln genommen. So eine Organisation als Freiheitskämpfer zu bezeichnen, ist aus unserer Sicht falsch."

Für uns ist Hamas eine Terrororganisation.

Der innenpolitische Sprecher der CDU in Baden-Württemberg, Christian Gehring, nannte Erdogans Äußerungen sehr verstörend. Die Vorzeichen des Besuchs seien "nicht gut", sagte Gehring dem SWR. Die Hamas als Freiheitsbewegung zu bezeichnen und der Vernichtung des Staates Israel nicht klar zu widersprechen, seien "keine Werte, die wir in Deutschland teilen".

Grüne wünschen sich von Erdogan weniger Polarisierung

Bei Grünen, CDU, SPD und FDP herrscht Einigkeit darüber, dass Erdogan ein problematischer Partner sei, aber ein Partner, mit dem man im Gespräch bleiben müsse. Es gebe viele Verflechtungen, so der Sprecher für Migration der Grünen, Daniel Lede Abal. Allerdings polarisiere der türkische Präsident mit seinen Aussagen die Menschen. "Wir würden uns wünschen, wenn Herr Erdogan auch solche Dinge mit im Blick hätte und weniger polarisierend agieren würde."

Sascha Binder, innenpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, verweist auf die Tatsache, dass im Oktober allein 49 Prozent der Asylantragstellenden in Baden-Württemberg aus der Türkei stammten. "Das hat menschenrechtliche Dimensionen, aber auch wirtschaftliche Dimensionen, weil er die Wirtschaftskrise in der Türkei nicht in den Griff bekommt", sagte Binder dem SWR mit Blick auf Erdogan. Es sei gefährlich, dass solche Staatsmänner, wenn sie Probleme im eigenen Land nicht lösen könnten, dann oft Konflikte im Ausland suchten, um vom eigenen Versagen abzulenken.

Klare Worte von Kanzler Scholz an seinen Gast gefordert

Die Innenpolitiker im Land teilen die gleiche Erwartung an das Treffen Erdogans mit Kanzler Scholz am Freitagabend in Berlin, wie sie die innenpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Julia Goll, formuliert: "Ich erwarte, dass der Bundeskanzler unser aller Position in Deutschland zu Israel und zur Hamas klar macht und Erdogan auch klar macht, wie seine Äußerungen hier bei uns in Deutschland aufgenommen werden."

Scholz hatte angekündigt, in seinem Gespräch mit Erdogan Differenzen im Zusammenhang mit dem Gaza-Konflikt deutlich anzusprechen. Die Vorwürfe des türkischen Präsidenten gegenüber Israel hatte Scholz zuvor bereits als "absurd" bezeichnet.

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