Nach den hohen Zustimmungswerten für die AfD im aktuellen BW-Trend, einer repräsentativen Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des SWR, zeigen sich die anderen Parteien im Landtag bestürzt. Die AfD profitiere vor allem vom Unmut über die Ampelregierung in Berlin, sind sich die Parteien im Landtag einig. Auch der Streit um das sogenannte Heizungsgesetz habe viele Menschen verunsichert, glauben sie.
BW-Trend: CDU auf Platz 1, AfD mit deutlichen Zugewinnen
Wäre am kommenden Sonntag Landtagswahl, würden 19 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die AfD stimmen. Im aktuellen BW-Trend schneidet die CDU mit 26 Prozent erneut besser ab als die Grünen (24 Prozent). Die SPD ist laut BW-Trend nur noch bei 13 Prozent, die FDP bei 7 Prozent.
Repräsentative Umfrage BW-Trend Juli 2023 Sonntagsfrage Landtagswahl: AfD mit 19 Prozent auf Allzeithoch
Wenn bereits am nächsten Sonntag Landtagswahl in BW wäre, käme die AfD auf 19 Prozent. Alle anderen im Landtag vertretenen Parteien verlieren an Zustimmung, zeigt die neue Umfrage.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zeigte sich bestürzt über die Umfragewerte der AfD: "Das besorgt mich außerordentlich", sagte er dem SWR. Er könne sich den Aufstieg auch nicht so richtig erklären. "Wir kennen die Ursachen nicht genau." Kretschmann geht von einer "diffusen Verunsicherung der Bevölkerung" aus. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine, die Klimaveränderung, die Preissteigerungen und Probleme mit der Migration löse bei den Menschen ein "Gefühl der Unsicherheit" aus.
Kretschmann: Baden-Württemberg schon immer anfällig für rechte Parteien
Dass die Menschen in Baden-Württemberg stärker Richtung AfD tendieren als in anderen westlichen Bundesländern, wundert Kretschmann nicht. "Wir sind da traditionell anfälliger wie etwa Länder im Norden." Das sei schon bei den Republikanern in den 90er-Jahren so gewesen. Und 2016 habe die AfD bei der Landtagswahl aus dem Stand 15,1 Prozent geholt. Kretschmann forderte die Grünen und die anderen etablierten Parteien auf, sich Gedanken zu machen:
Insbesondere die Ampel-Regierung in Berlin müsse über ihren Stil nachdenken. "Man darf nicht dauernd öffentlich streiten", so Kretschmann. Die Menschen erwarteten, dass Regierungen ihre Probleme lösten. Er hoffe, dass die Ampel die Sommerpause nutzt, um hier besser zu werden. "Selbst wenn sie einen Kompromiss gefunden haben, meckern sie noch hintendrein", kritisierte Kretschmann.
Strobl sieht Rückenwind für CDU
Bereits beim letzten BW-Trend im März überholte die CDU die Grünen und lag erstmals seit 2017 wieder vor dem Koalitionspartner. Der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl zeigte sich erfreut, dass seine Partei erneut auf Platz 1 in der Umfrage landete. Das mache Mut für die nächste Wahl 2026. "Das ist natürlich unser Ziel bei der Landtagswahl, dass wir die stärkste Partei werden", sagte BW-Innenminister Strobl.
Den Aufschwung der AfD hat aus seiner Sicht die Bundesregierung zu verantworten. "Die AfD vereint den Protest gegen die Streitampel in Berlin und gegen die wirklichkeitsfremde Berliner Politik auf sich." Er forderte die Ampel auf, die Streitereien zu beenden. "Die AfD lebt vom Problem." Die Aufgabe der demokratischen Parteien sei, Lösungen zu erarbeiten.
AfD-Fraktionschef erfreut über Umfrageergebnis: "Wir wollen endlich regieren"
Die AfD selbst freut sich über sieben Prozent mehr Zustimmung und sieht sich auf dem Weg zu einer Volkspartei. "Das macht uns extrem stolz", sagte Landtagsfraktionschef Anton Baron dem SWR. Die Menschen in Baden-Württemberg hätten erkannt, dass nur die AfD in Sachen Migrations- und Energiepolitik die richtigen Konzepte habe. Die anderen Parteien wollten die Bürgerinnen und Bürger in die Armut treiben. Baron setzt darauf, dass der Aufstieg weitergeht. "Wir wollen natürlich endlich regieren und gestalten."
Fraktionschef Baron hat weitere Erklärungen für die guten Umfragewerte: "Dass die Bürger in BW sehen, dass wir die einzigste Partei sind für Veränderung. Und insbesondere glaube ich, dass die Bürger auch sehen, dass die anderen Parteien die Bürger in die Armut bringen."
SPD warnt nach guten Umfragewerten vor AfD
SPD-Partei- und Fraktionschef Andreas Stoch findet es "beängstigend", wie viele Menschen sich mittlerweile vorstellen können, die AfD zu wählen. "Ich befürchte nur, dass viele der Menschen, die in Umfragen bereit wären, diese Partei zu wählen, gar nicht so genau mitkriegen, was die Parteien im Parlament und in unserer Gesellschaft anrichten."
Zugleich warb Stoch dafür, die Umfragewerte nicht überzubewerten. "Wir sollten uns nicht verrückt machen lassen." Aus seiner Sicht sind die Menschen - auch von der Debatte über das Heizungsgesetz im Bund - verunsichert. "Die AfD hat Oberwasser, weil sie von einer verängstigten, frustrierten Stimmung in der Bevölkerung profitiert." Die Menschen hätten Angst, Dinge zu verlieren, an die sie sich gewöhnt haben. "Und da helfen die, die die ganz einfachen Lösungen haben, meistens nicht." Die AfD biete keine Lösungen an. Sie sei eine "rechtsextremistische Partei". Stoch zeigte sich überzeugt: "Das ist eine Partei, die im politischen Alltag von Hass, Hetze und Pöbeleien lebt."
FDP-Fraktionschef gibt Grünen die Schuld für AfD-Hoch
Der FDP-Fraktionsvorsitzende, Hans-Ulrich Rülke, sieht die Verantwortung für den Aufstieg der AfD bei den Grünen. "Insbesondere die Diskussion der letzten Wochen um Herrn Habecks Heizhammer hat Spuren hinterlassen", sagte Rülke dem SWR. Ihm sagten die Menschen: "Dieses Heizungsgesetz der Grünen, dafür haben wir überhaupt kein Verständnis und wir wählen jetzt AfD." Zwar sei es der FDP gelungen, das Gesetz in der Ampel zu entschärfen. Doch der Eindruck bleibe: "Am Ende kommt es doch und die FDP macht mit." Damit sei auch das Minus von drei Prozentpunkten für die Liberalen zu erklären.
Die Deutschen haben aus seiner Sicht das Gefühl, es werde ihnen "grüne Ideologie aufgedrückt". Rülke will daraus Konsequenzen ziehen: "Ich denke, man muss sehr deutlich, sowohl in der Bundes-, als auch in der Landespolitik Stoppschilder für grüne Ideologie aufstellen." Die Ampel in Berlin stelle er im Moment nicht infrage, "weil es keine andere Alternative gibt". Aber in den Bundesländern müssten sich die Parteien die Frage stellen, ob sie mit den Grünen regieren wollten.