Nach heftiger Kritik aus der Grünen-Landtagsfraktion am Chef der Staatskanzlei hat der Koalitionspartner CDU dem engsten Mitarbeiter von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) den Rücken gestärkt. Man arbeite mit Staatsminister Florian Stegmann (Grüne) "sehr gut und vertrauensvoll zusammen", sagte CDU-Partei- und Fraktionschef Manuel Hagel dem SWR. "Wir können uns auf sein Wort verlassen und er ist zusammen mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann eine Säule für Vernunft und Augenmaß in der Fraktion."
Anfang Oktober erntete die Entscheidung des BW-Ministerpräsidenten, das Gesetz gegen Diskriminierung fallen zu lassen, auch Kritik von der Antidiskriminierungsbeauftragten des Bundes, Ferda Ataman:
Aus Grünen-Fraktion wurde Stegmann hart angegriffen
Stein des Anstoßes in der Grünen-Fraktion war, dass Stegmann per Brief an Fraktionschef Andreas Schwarz gefordert hatte, das Gesetz gegen Diskriminierung fallen zu lassen. In der Fraktion war von einem "beispiellosen In-den-Rücken-Fallen" die Rede, vereinzelt wurde sogar ein Rückzug Stegmanns ins Gespräch gebracht.
CDU will bis Ende der Wahlperiode mit Stegmann zusammenarbeiten
Hagel betonte dagegen, Stegmann sei "wichtig für die Arbeitsfähigkeit der Koalition. Deshalb wollen wir bis zum Ende der Legislatur konstruktiv mit ihm zusammenarbeiten". Die CDU stellt sich offensichtlich auch deshalb hinter Staatsminister Stegmann, weil sie wie er das geplante Gleichbehandlungsgesetz ablehnt.
Nachdem der SWR vergangene Woche den internen Brief Stegmanns öffentlich gemacht hatte, hatte Hagel wie auch Kommunen und Wirtschaft erklärt, es sei wichtig, Bürokratie abzubauen und nicht neue aufzubauen. "Zu diesen beiden wichtigen Zielen stand aus unserer Sicht das Gleichbehandlungsgesetz schon immer in einem Widerspruch."
Kretschmann sucht Ausweg aus Dilemma
Es wird damit gerechnet, dass Kretschmann sich am Dienstag zum weiteren Umgang mit dem Gesetz äußert. Nach dem Stegmanns Brief öffentlich geworden war, hatte die Regierungszentrale vergangenen Dienstag das ursprüngliche Nein zu dem Gesetz relativiert. "Wir stehen weiter darüber im Austausch, wie wir die Ziele des Gleichbehandlungsgesetzes wirksam und unbürokratisch erreichen", teilte ein Sprecher mit. Was dies genau bedeutet, blieb offen. In Regierungskreisen hieß es, Kretschmann sei schon länger der Meinung, dass das Gesetz nicht mehr in die Zeit passe. Nach dem Protest aus der Grünen-Fraktion soll er aber mehrere Krisengespräche geführt haben, um eine Lösung zu finden.
Nach massiven Protesten von Kommunen und Wirtschaft Kretschmann will Gesetz gegen Diskriminierung fallen lassen und und löst Zoff aus
Lange haben Kommunen, Wirtschaft und Teile der CDU Front gegen das geplante Gleichbehandlungsgesetz gemacht. Der Regierungschef lenkte ein - zum Ärger des linken Grünen-Flügels.
Kommunen warnen vor Rolle rückwärts
Die Kommunen warnten Kretschmann davor, das Gesetz nun doch noch zu beschließen. Joachim Walter, Präsident des Landkreistags, sagte dem SWR: "Bürokratieabbau ist nicht nur etwas für Sonntagsreden. Daher muss es gelingen, das vom Normenkontrollrat als kropfunnötig eingestufte Gleichbehandlungsgesetz abzumoderieren."
Gleichbehandlungsgesetz steht im Koalitionsvertrag
Laut dem ersten Gesetzentwurf sollen sich Bürgerinnen und Bürger künftig leichter gegen eine Benachteiligung durch Behörden wehren können. Vor einem Dreivierteljahr hatte die Regierung den ersten Entwurf aus dem CDU-geführten Innenministerium gebilligt. Das Vorhaben war vor allem auf Drängen des linken Grünen-Flügels im Koalitionsvertrag gelandet. Danach soll das Recht auf Gleichbehandlung auch beim Finanzamt, in der Ausländerbehörde oder auf dem Polizeirevier gelten. Damit hätte das Land das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz des Bundes ergänzt, das auf den privaten Bereich zielt - wie etwa die Gleichbehandlung bei der Wohnungssuche oder am Arbeitsplatz.
Anspruch auf Schadensersatz vorgesehen
Durch das Gesetz bekämen die Betroffenen erstmals einen gesetzlich verankerten Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld, wenn sie durch eine Behörde oder öffentliche Stelle diskriminiert werden. Dabei soll es eine sogenannte Beweislast-Erleichterung geben. Das heißt, wenn es klare Indizien für eine Benachteiligung gibt, muss die Behörde nachweisen, dass keine Diskriminierung stattgefunden hat. Anders als etwa im Land Berlin soll es aber kein Verbandsklagerecht und auch keine Beweislastumkehr geben.