Vor einem Jahr haben Terroristen der Hamas und anderen extremistischen Gruppen in Israel Armeeposten, Ortschaften und das Nova-Musikfestival angegriffen. Dabei kamen rund 1.200 Menschen ums Leben, 250 wurden von den Angreifern verschleppt. Ein Jahr nach dem Überraschungsangriff gedenkt die ganze Welt der Verstorbenen und Verschleppten, die teilweise immer noch in Gefangenschaft gehalten werden - auch Angehörige und Freunde gedenken auf dem damaligen Nova-Gelände der Opfer.
Ein Jahr nach dem Terrorangriff der Hamas in Israel
In Baden-Württemberg sind die Ereignisse in Israel ebenfalls noch präsent. "Jüdische Studierende sind natürlich eine Minderheit. Wenn sie dann ständig in Diskussionen verwickelt werden oder an Pro-Palästina-Camps vorbeigehen, wo man oft sehr aggressiv und sehr verzerrt die Situation des Krieges im Nahen Osten darstellt, dann führt das auch zu einem Gefühl des Fremdseins und der Bedrohung", sagte die Vorstandsvorsitzende der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg, Barbara Traub, dem SWR.
Im Land wurde mit verschiedenen Veranstaltungen an den Hamas-Angriff erinnert. Die Polizei in Baden-Württemberg hatte sich auf mögliche gewaltsame Übergriffe vorbereitet. Denn im Land fanden einige Kundgebungen und Demonstrationen statt.
Festnahme in Stuttgart
So gab es in Stuttgart am Montag zwei Demos: Die Deutsch-Israelische Gesellschaft Region Stuttgart e.V. veranstaltete eine Kundgebung auf dem Marktplatz. Das "Leid der Geiseln, vieler weiterer Opfer und ihrer Angehörigen macht mich tief betroffen", sagte Bürgermeisterin Isabel Fezer, die auch Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Stuttgart ist. Sie gedenke heute in Trauer des Massakers vor einem Jahr, das das israelische Volk und viele Menschen weltweit erschüttert habe.
Bei einer pro-palästinensischen Versammlung im Bereich des Schlossplatzes mit etwa 200 Teilnehmenden wurde eine 45-jährige Person festgenommen, weil sie vermummt war, wie die Polizei mitteilte. Ein 62-Jähriger wurde zudem wegen eines beleidigenden Plakats angezeigt.
SWR-Reporterin Magdalena Haupt war bei der Gedenkveranstaltung am Stuttgarter Marktplatz vor Ort. Das Gedenken sei am Montagabend "sehr bewegend" zu Ende gegangen:
Karlsruhe: Veranstaltung wegen Regen vorzeitig beendet
In Karlsruhe haben sich am Montagnachmittag trotz starken Regens bis zu 180 Menschen an einer Gedenkfeier auf dem Marktplatz beteiligt. Die jüdische Gemeinde, der Deutsch-Israelische-Freundeskreis und die Deutsch-Israelische Gesellschaft hatten gemeinsam zu der Gedenkveranstaltung aufgerufen. Auch Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) kam auf den Marktplatz und erinnerte in einer Ansprache an die Opfer und an die Menschen, die sich noch immer als Geiseln in der Gewalt der Hamas befinden. Wegen starken Regens wurde die Veranstaltung gegen 17:30 beendet.
Die Israelitische Gemeinde Freiburg hat zum Gedenken an die Opfer des Hamas-Massakers vor einem Jahr einen Info-Tag auf dem Platz der Alten Synagoge mit Berichten von Überlebenden, Helferinnen und Helfern, Gebeten und Musik organisiert. Rund 250 Menschen haben sich dort versammelt. Außerdem wurde in Freiburg am Abend eine pro-palästinensische Mahnwache abgehalten.
Eine Kundgebung organisierte die Deutsch-Israelische Gesellschaft Bodensee-Region gegen 18 Uhr am Münsterplatz in Konstanz.
In Heidelberg fand auf dem Uniplatz von 13 bis 18 Uhr eine statische Versammlung zum Thema "Gedenken auf den Überfall auf Israel am 7/10/23" statt. Außerdem gab es von 16 bis 18 Uhr einen Aufzug vom Bismarckplatz durch die Altstadt zur Neckarwiese.
Rabbiner ruft in Ulm zu Zivilcourage auf
In Ulm fand am Montagvormittag in der Synagoge eine Kranzniederlegung in Erinnerung an den Überfall der Hamas auf Israel statt. Die Vorsitzende der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg, Barbara Traub, sagte bei der Veranstaltung, das Gefühl der Bedrohung unter Jüdinnen und Juden in Baden-Württemberg sei weiterhin da. Gleichzeitig wolle man sich nicht zurückziehen, sondern zur eigenen Religion stehen.
Ortsrabbiner Shneur Trebnik rief am Vormittag zu Zivilcourage auf: "Die Leute sind sich selbst etwas schuldig. Wenn sie in Freiheit und Demokratie leben wollen, müssen sie sich anstrengen und sich gegen Anti-Stimmung einsetzen." Zur Veranstaltung hatte die CDU-Landtagsfraktion eingeladen. Bei einer weiteren Gedenkveranstaltung am Nachmittag auf dem Ulmer Münsterplatz wurden die Namen der Geiseln verlesen. Organisatoren waren unter anderem die deutsch-israelische Gesellschaft und die Kirchen in Ulm und Neu-Ulm.
Kundgebung auf dem Mannheimer Paradeplatz
"Wir bangen, beten, hoffen, dass sich die Spirale der Gewalt durch die Feinde Israels nicht weiter zuspitzt", sagte Chris Rihm, Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, bei einer Kundgebung mit etwa 300 Teilnehmenden am Montagnachmittag am Paradeplatz in Mannheim. Auch der Mannheimer Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) hielt eine Rede. Er sagte dem SWR am Rande der Kundgebung auf dem Paradeplatz, die Stadt stehe solidarisch zu Israel, von Mannheim gehe ein Appell zum Frieden aus, man dürfe weder Terrorismus noch Antisemitismus eine Chance geben.
Gedenktafel für Opfer des Terror-Überfalls enthüllt
Anschließend fand ein Gedenkgottesdienst in der Mannheimer Synagoge statt, an dessen Ende eine Wand-Gedenktafel für die Opfer des Terror-Überfalls von vor einem Jahr enthüllt wurde. Vor der Synagoge hatten Mitglieder der jüdischen Gemeinde Kerzen so aufgestellt, dass sie die Zahl 101 darstellen. Sie wollten damit an die 101 Geiseln erinnern, die sich noch immer in der Gewalt der Terrormiliz Hamas befinden sollen. Rund um Kundgebung und Gedenkgottesdienst gab es laut Polizei keine Störungen oder Zwischenfälle.
Stadt Mannheim verbietet pro-palästinensische Demonstrationen
Zuvor waren zwei pro-palästinensische Demonstrationen, die ebenfalls für Montag geplant waren, von der Stadt Mannheim untersagt worden. Die Veranstaltungen dürften zwar grundsätzlich stattfinden, jedoch nicht an diesem Datum, so die Stadt. Ein Eilantrag des Organisators gegen die Entscheidung wurde vom Verwaltungsgericht Karlsruhe abgelehnt. Unter anderem hätten Äußerungen des Veranstalters darauf hingewiesen, den Großangriff der Hamas vom 7. Oktober rechtfertigen oder relativieren zu wollen, so die Begründung. Ebenso zurückgewiesen wurde die Beschwerde des Organisators gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg.
Am Montag wurden in Tübingen neue Stolpersteine verlegt. Damit sollen Opfer des Nationalsozialismus in Erinnerung gehalten werden. Dass diese am Jahrestag des Hamas-Angriffs verlegt wurden, ist laut Initiative Zufall. Neben den Opfern des NS-Regimes wollten die Organisatoren aber auch den Hamas-Opfern gedenken.
Erste Veranstaltungen bereits am Sonntag in BW
Die Jüdische Gemeinde Mannheim lud bereits am Sonntag dazu ein, eine Dokumentation zum Angriff auf das Nova-Festival anzusehen. Der Film besteht hauptsächlich aus Handyvideos von Besucherinnen und Besuchern des Festivals. Im Gedenkraum wurden die Namen aller Opfer an die Wand projiziert. Parallel dazu gab es eine Fotoausstellung mit Bildern der Angehörigen der Opfer.
Eine Mahnwache gab es bereits am Sonntag in Karlsruhe. Der Zug lief vom Europaplatz bis an den Kronenplatz. Organisiert wurde der Hoffnungslauf von der Deutsch-Israelischen Gemeinschaft Mittelbaden.