Der Technologiekonzern Bosch will weltweit noch einmal mehrere tausend Arbeitsplätze streichen, darunter viele auch in Deutschland und speziell in Baden-Württemberg. Das hat der Konzern am Freitag bekanntgegeben. Neben dem Stellenabbau setzt Bosch bei einem Teil der Beschäftigten auch auf eine kürzere Wochenarbeitszeit.
Hintergrund ist vor allem der Markt für E-Autos. Er ist für den Technologie-Konzern Bosch besonders wichtig und wächst langsamer als gedacht. Auch insgesamt sieht Bosch die Branche in einer tiefgreifenden Transformation. Die globale Fahrzeugproduktion werde dieses Jahr stagnieren oder sogar leicht zurückgehen. Der Wettbewerbs- und der Preisdruck hätten sich weiter verschärft.
Leonberg, Renningen, Abstatt und Schwäbisch Gmünd von Stellenabbau betroffen
Rund 3.500 Jobs sollen in dem Bereich wegfallen, der für Software und Fahrzeugcomputer zuständig ist. Etwa die Hälfte davon an den deutschen Standorten, teilt Bosch mit. Dem Betriebsrat zufolge geht es um die Standorte Leonberg, Renningen (beide Kreis Böblingen), Abstatt (Kreis Heilbronn), und Schwieberdingen (Kreis Ludwigsburg) in Baden-Württemberg sowie Hildesheim in Niedersachsen.
Dazu kommen noch etwa 1.300 Stellen in Schwäbisch Gmünd, wo Bosch Lenksysteme für Autos und Lastwagen herstellt. Das entspricht mehr als einem Drittel der Beschäftigen dort, Bosch ist derzeit der größte Arbeitgeber in der Stadt. "Das ist ein extrem schwerer Schlag für Schwäbisch Gmünd und für Baden-Württemberg", sagte Gmünds Oberbürgermeister Richard Arnold (CDU) dem SWR. "Es handelt sich um einen massiven, gravierenden Abbau in einem Ausmaß, wie wir ihn hier noch nie gekannt haben." Weitere 750 Stellen werden in dem Werk in Hildesheim in Niedersachsen gestrichen, in dem Bosch Produkte für die Elektromobilität fertigt. Erst Anfang des Jahres war von mehreren Tausend Stellenstreichungen bei Bosch die Rede.
Wann genau die Jobs wegfallen, unterscheidet sich je nach Werk. Die Mitarbeiter würden über die Streichungen informiert, erklärte Bosch hierzu. Die Streichungen seien notwendig, sollen aber so sozialverträglich wie möglich ablaufen. Deshalb liefen aktuell Verhandlungen mit den Personalvertretern. Bosch setzt in anderen Bereichen schon darauf, dass Mitarbeitende ihre Wochenarbeitszeit verringern – und entsprechend weniger verdienen.
Bereits im Februar hat SWR Aktuell über den stetigen Wegfall tausender Stellen bei Bosch berichtet. Hier im Video können Sie die damalige Berichterstattung nachverfolgen:
Konzern verkürzt Arbeitszeit von 10.000 Beschäftigten
Darüber hinaus sind rund 10.000 Mitarbeitende von Arbeitszeitrückführung betroffen, unter anderem an den Standorten Abstatt, Holzkirchen, Stuttgart-Feuerbach, Schwieberdingen, Hildesheim, Leonberg, Renningen, Schwäbisch Gmünd und Gerlingen-Schillerhöhe, wie einer Sprecherin auf Anfrage mitteilte.
Die meisten betroffenen Beschäftigten haben bisher Verträge, die eine wöchentliche Arbeitszeit von 38 bis 40 Stunden vorsehen. Mit der Kürzung der Arbeitszeit verringert sich auch das Gehalt entsprechend. Das Unternehmen hatte die zwangsweise Reduzierung der Arbeitszeit teilweise bereits in der Vergangenheit angekündigt.
Kritik von Betriebsrat und Gewerkschaft an Plänen von Bosch
Betriebsrat und IG-Metall kritisieren den Stellenabbau. "Der Standort Deutschland und die Beschäftigten verdienen eine echte Chance statt einem Manöver in die Sackgasse", erklärte die baden-württembergische IG-Metall Chefin Barbara Resch. Man erwarte nun vom Konzern, gemeinsam eine tragfähige Lösung zu entwickeln. Adrian Hermes von der IG-Metall kritisierte insbesondere, wo der Stellenabbau stattfinden soll: "Besonders pikant: die Kürzungen sollen vor allem in Zukunftsfeldern erfolgen, in denen Bosch langfristig kraftvoll wachsen will", sagte er.
Der Betriebsratschef des Bereichs Mobility Solutions bei Bosch, Frank Sell, erklärte, der zusätzliche Personalabbau innerhalb kürzester Zeit lasse das Vertrauen in die Geschäftsführung schwinden. "Wir werden unseren Widerstand zu diesen Plänen nun auf allen Ebenen organisieren", so Sell. Die Ankündigung des Unternehmens, Personal in diesem Ausmaß zu reduzieren, sei für die Mitarbeiter ein Schlag ins Gesicht. Erst im Juli 2023 habe die Geschäftsführung in einer Vereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat der Mobilitätssparte betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2027 ausgeschlossen. Schon im Mai 2024 sei in vier verschiedenen Geschäftsbereichen ein Personalabbau von insgesamt ca. 2200 Mitarbeitern in Deutschland vereinbart worden.
Der Betriebsrat fordere die Bosch-Geschäftsführung auf, die Digitalisierung der deutschen Standorte voranzutreiben und in die Verbesserung von Prozessen und Zukunftstechnologien zu investieren. Es gelte nach wie vor, ein neues und belastbares Konzept für Chancen, Innovationen und Investitionen in Deutschland zu entwickeln.
Autozulieferer streicht allein dort 1.300 Stellen Stellenabbau bei Bosch: Schwäbisch Gmünd trifft es besonders hart
Der Autozulieferer Bosch will am Standort Schwäbisch Gmünd 1.300 Stellen in seiner Lenkungssparte streichen. Oberbürgermeister Arnold sprach von einem "extrem schweren Schlag".
Bosch-Vorstand verteidigt Abbaupläne
Stephan Hölzl vom Bereichsvorstand Bosch Mobility Solutions verteidigte die Abbaupläne: "Wir sehen, dass unsere Kunden, die Fahrzeughersteller, Programme verschieben, teilweise sogar gänzlich streichen. Wir müssen unseren Bereich jetzt entsprechend dieser niedrigeren Markt-Nachfrage anpassen, um uns für die Zukunft wettbewerbsfähig aufzustellen", sagte er dem SWR. Die Zahlen seien aber nicht in Stein gemeißelt, betonte Hölzl.
Laut Bosch-Chef Stefan Hartung ist das Geschäft 2024 schlechter gelaufen als erwartet. Er hatte jüngst angekündigt, dass Bosch seine wirtschaftlichen Ziele in diesem Jahr nicht erreichen wird. Der Konzern rechnet - entgegen der ursprünglichen Prognose - damit, dass der Umsatz 2024 leicht unter dem des Vorjahres liegen wird. 2023 hatte Bosch knapp 92 Milliarden Euro erwirtschaftet. Auch bei der Rendite, also dem Anteil des Gewinns am Umsatz, werde man die Ziele verfehlen.
Bosch: Markt für Zukunftstechnologien nicht wie erwartet
In einer Mitteilung erklärte Bosch, auch der Markt für Zukunftstechnologie entwickle sich anders als ursprünglich erwartet. Das Unternehmen nannte dabei Fahrerassistenzsysteme, Lösungen zum automatisierten Fahren sowie Steuergeräte für zentralisierte Fahrzeugarchitekturen. Aktuell würden viele Projekte in diesem Geschäftsfeld von Automobilherstellern zurückgestellt oder aufgegeben. Der Wandel zum elektrifizierten, softwaredefinierten Fahrzeug verzögere sich insgesamt enorm. Das wirke sich direkt auf Produktionsanläufe und Abrufzahlen bei Bosch aus. Gleichzeitig müsse man hohe Summen in diese technologischen Innovationen investieren.