Der Verkehrsminister von Baden-Württemberg, Winfried Hermann (Grüne), hat im SWR die Pläne der Ampel-Koalition kritisiert, die deutschen Autobahnen schneller auszubauen. "Wenn man Klimaschutz betreiben will, sind 144 Ausbaumaßnahmen von Autobahnen nicht wirklich die gute Antwort", so Hermann. Der Verkehrssektor bleibe ein "Sorgenkind", was den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 angehe, sagte Hermann weiter.
Autobahn-Ausbau-Pläne der Ampel: A8, A5 und A6 in BW dabei
Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte sich am Dienstag nach langen Verhandlungen auf eine schnellere Sanierung der Autobahnen in Deutschland geeinigt. Konkret geht es um den schnelleren Ausbau von Stauschwerpunkten und Engstellen im ganzen Bundesgebiet. Darunter finden sich auch zwölf Autobahnprojekte in Baden-Württemberg, wie eine Liste des Bundesverkehrsministeriums zeigt, die dem SWR vorliegt.
Auf dieser Liste stehen zwei Projekte auf der Autobahn 8 zwischen den Anschlussstellen Stuttgart-Degerloch und Wendlingen (Landkreis Esslingen) und ein weiteres zwischen dem Autobahnkreuz Stuttgart und der Anschlussstelle Stuttgart-Degerloch. Auch für die A5 zwischen den Autobahnkreuzen Heidelberg und Walldorf (Rhein-Neckar-Kreis) sind zwei Projekte aufgeführt. Außerdem finden sich sechs Projekte auf der A6/A81 am Autobahnkreuz Weinsberg (Landkreis Heilbronn) in dem Papier des Ministeriums. Ein weiteres ist auf der A6 zwischen dem Autobahnkreuz Mannheim und der Anschlussstelle Schwetzingen/Hockenheim. Für alle hat das Bundesverkehrsministerium einen vordringlicher Bedarf ermittelt. Außerdem sollen an diesen Streckenabschnitten auch Engpässe beseitigt werden.
Verkehrsminister Hermann zeigte sich gegenüber dem SWR einverstanden mit den aufgeführten Baumaßnahmen auf A5 und A6. Was die Autobahn 8 angehe, werde man jedoch noch diskutieren müssen.
144 Projekte können nun "superschnell" umgesetzt werden
Insgesamt handelt es sich um 144 Projekte aus dem Bundesverkehrswegeplan. Diese könnten nun "superschnell umgesetzt werden", wie es in der Liste des Verkehrsministeriums heißt. Was das konkret bedeutet, ist bislang noch unklar. Das soll Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie Umweltschutzprüfungen beschleunigen. Das Ziel laut Verkehrsministerium: weniger Staus und flüssiger Verkehr auf den Autobahnen.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte argumentiert, der Güterverkehr besonders auf der Straße werde laut einer Prognose in den kommenden Jahrzehnten stark wachsen. Mit dem schnelleren Ausbau von Strecken sollten Staus verringert werden - durch die auch wirtschaftliche Schäden entstünden. Fachleute bezweifeln aber, dass durch den Ausbau der Verkehrswege Staus verringert werden. So gilt zum Beispiel das Bundesland Nordrhein-Westfalen trotz seines dichten Autobahnnetzes als Stau-Land Nummer eins in Deutschland.
Dementsprechend teilen Umweltverbände die Meinung des Verkehrsministers nicht. Der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace, Martin Kaiser, kommentierte, wenn nun 144 zusätzliche "klimaschädliche Autobahnprojekte" beschleunigt durchs Land asphaltiert werden sollten, werde das Klima weiter vor die Wand gefahren.
Grüne und SPD in BW loben Investitionen in die Schiene
Auch andere Politikerinnen und Politiker in Baden-Württemberg reagierten auf die Ampel-Pläne: Baden-Württembergs FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke lobt den geplanten Ausbau der A6 und der Schieneninfrastruktur. Auch die Rettung des umweltfreundlichen Verbrennungsmotors sei elementar im Interesse Baden-Württembergs. Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz lobt an dem Papier vor allen die Investitionen ins Schienennetz und beim Ausbau der Lkw-Maut. Aus Sicht von SPD-Fraktionschef Andreas Stoch war die Einigung auf eine funktionierende Schienen-Infrastruktur besonders wichtig.
Mit den geplanten Autobahnsanierungen und dem Wegfall des Gasheizungsverbots ist der AfD-Fraktionsvorsitzende Anton Baron zufrieden. Das Festhalten am Ausstieg aus Kernkraft und Kohle sei insgesamt jedoch ein Sargnagel für die Wirtschaft im Land. Für CDU-Fraktionschef Manuel Hagel wirft das Ampel-Papier mehr Fragen auf, als es Antworten bietet.
Umweltverbände sehen Klimaschutzregeln geschwächt
Die Reaktionen von Verbänden auf die neuen Ergebnisse des Koalitionsausschusses fallen unterschiedlich aus. Umweltorganisationen werfen der Regierung vor, Klimaschutzregeln zu schwächen, weil konkrete CO2-Vorgaben getrennt nach Bereichen aufgegeben würden. Von der Allianz pro Schiene kam Lob dafür, dass die Bahn mehr Geld bekommen und dafür auch die LKW-Maut verwendet werden soll.
Der "Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland" (BUND) hatte gemeinsam mit Greenpeace Ende Februar ein Papier vorgelegt, in dem es heißt, der Bau, Betrieb und Unterhalt der Autobahnen und Bundesstraßen trage entscheidend zur Verschärfung der Klimakrise bei.