Bahnreisende sind in Baden-Württemberg am Donnerstag von zahlreichen Zugausfällen und Verspätungen betroffen. Der bundesweite Streikaufruf der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) macht sich im Nah- und Fernverkehr der Bahn bemerkbar. Züge fallen ganz aus oder es kommt zu massiven Verspätungen.
Ein GDL-Gewerkschaftssprecher sagte am Donnerstag, er bewerte die Streikbeteiligung in Baden-Württemberg als sehr positiv. Demnach haben sich weit über 90 Prozent der Mitglieder am Warnstreik beteiligt. Beim Blick auf die Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn und die darin angezeigten Zugausfälle "leuchtet das Herz" des Gewerkschafters, sagte der GDL-Sprecher laut Deutscher Presse-Agentur (dpa).
Notfahrplan deckt laut Bahn 20 Prozent ab
Ein Sprecher der Deutschen Bahn (DB) sagte, die Auswirkungen seien entsprechend groß. Die Bahn habe einen Notfahrplan aufgestellt, wonach rund 20 Prozent der eigentlich geplanten Fernverkehrsfahrten angeboten werden. Eine Sprecherin der Bahn riet allen Fahrgästen, ihre Reise wenn möglich zu verschieben oder sich für ihre jeweiligen Strecken einzeln zu erkundigen.
Das gelte auch für den Regionalverkehr, wo einzelne Strecken von privaten Anbietern wie Go-Ahead oder der Südwestdeutschen Landesverkehrs-GmbH (SWEG) bedient werden. Diese teilten auf Nachfrage der dpa jedoch mit, dass der Zugverkehr bis auf einzelne Fahrten weitestgehend normal laufe, da die privaten Anbieter nicht direkt vom GDL-Warnstreik betroffen seien.
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Deutsche Bahn rechnet mit massiven Auswirkungen des Warnstreiks
Die DB stellt sich angesichts des 20-stündigen Warnstreiks der GDL deutschlandweit auf massive Auswirkungen ein. Der Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr werde bis Donnerstag, 18 Uhr, beeinträchtigt sein, hieß es in einer Mitteilung der DB. Der Notfahrplan der DB werde über das Streik-Ende hinaus zunächst weiter gelten, teilte ein Bahn-Sprecher mit. Somit könnten Bahnreisen noch bis Freitag beeinträchtigt sein. Ursprünglich hatte die Bahn angekündigt, ab Freitagfrüh wieder nach dem regulären Fahrplan zu verkehren.
Sowohl im S-Bahn- als auch im Regionalverkehr in Baden-Württemberg wurden bereits ab Mittwochabend Züge gestrichen, damit die Züge dann schon am richtigen Ort sind, wenn in der Nacht auf Freitag der reguläre Fahrplan wieder aufgenommen werde. Das solle einen reibungslosen Start in den Berufsverkehr am Freitag gewährleisten, hieß es.
In Baden-Württemberg sind unter anderem Verbindungen von und nach Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und in die Bodenseeregion betroffen. Auswirkungen wird der Streik laut Bahn zudem im Schwarzwald, auf der Ostalb und im Raum Heilbronn-Franken haben.
Ausfälle und Verspätungen im Raum Stuttgart
In Stuttgart hat die GDL überdurchschnittlich viele Mitglieder. Deshalb war damit gerechnet worden, dass der S-Bahn-Verkehr dort besonders stark betroffen sein werde. Tatsächlich fuhren am frühen Donnerstagmorgen zunächst gar keine S-Bahnen. Später verkehrte die S1 zwischen Herrenberg (Kreis Böblingen) und Kirchheim/Teck (Kreis Esslingen) laut Bahn wieder im Stundentakt. Laut einem Sprecher der Bahn in Stuttgart wird in die Fahrplanauskünfte eingetragen, welche Züge im Regionalverkehr fahren werden und welche nicht.
Auch in Heilbronn-Franken gibt es viele Ausfälle. Auf der Westfrankenbahn zwischen Heilbronn und Crailsheim (Kreis Schwäbisch Hall) fallen beispielsweise regelmäßig Fahrten aus.
Zugausfälle gibt es ebenfalls im Raum Tübingen. Auf der Strecke von Tübingen über Reutlingen nach Stuttgart sind ebenso wie auf der Gäubahnstrecke von Stuttgart über Horb und Tuttlingen nach Singen (Kreis Konstanz) viele Verbindungen betroffen.
Südbaden von GDL-Streik stark betroffen
Im Raum Karlsruhe hat der GDL-Warnstreik auch Auswirkungen auf den Stadtbahnverkehr der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG). Sie nutzt das Liniennetz der Deutschen Bahn und setzt auf ihren Strecken Fahrpersonal der Bahn-Tochter DB Regio ein. Deshalb sind auch S-Bahnen des Karlsruher Verkehrsverbunds (KVV) betroffen, die Karlsruher Straßenbahnen hingegen nicht.
Auch die Region Südbaden ist massiv vom heutigen Warnstreik der GDL bei der Bahn betroffen. Laut einem Gewerkschaftssprecher fahren auf der Elztalbahn sowie der Breisgau-S-Bahn Richtung Höllental im Südschwarzwald beziehungsweise Kaiserstuhl so gut wie keine Züge. Die Elztalbahn sollte laut einem Sprecher der SWEG aber seit 14 Uhr wieder fahren. Im Raum Freiburg beteiligen sich den Angaben zufolge etwa 90 Prozent der GDL-Mitglieder am Streik. Schon am Morgen fielen viele Züge im Fernreiseverkehr aus.
Laut Deutscher Bahn fallen in Mannheim mehrere S-Bahn-Linien komplett aus, darunter die S2 von Kaiserslautern nach Mosbach (Neckar-Odenwald-Kreis), die S4 von der Südpfalz bis nach Bruchsal (Kreis Karlsruhe), die S8 und die S51. Das gleiche gilt für viele Regionalbahnen. Dennoch sollen einige S-Bahn-Linien während des Streiks zumindest zweistündlich fahren. Straßenbahnen und Busse im Gebiet des Verkehrsbunds Rhein-Neckar sollen nicht betroffen sein.
Wichtige Informationen rund um den Streik der GDL:
- Welche Linien sind vom Bahnstreik betroffen?
- Welche Angebote macht die Deutsche Bahn?
- Welche Rechte und Möglichkeiten haben Fahrgäste?
- GDL fordert mehr Geld und Reduzierung der Arbeitszeit
Welche Linien sind vom Bahnstreik betroffen?
Angebote der Deutschen Bahn bei verspäteten und ausgefallenen Verbindungen
Die Bahn weist zugleich auf bestehende Regelungen und Angebote bei Zugausfällen oder -verspätungen hin. Auch im BW-Tarif gilt demnach eine Sonderkulanz: Alle Fahrkarten des Baden-Württemberg-Tarifs mit Gültigkeit innerhalb des Streikzeitraums können laut DB während der Dauer des Streiks bis einen Tag nach Beendigung des Streiks flexibel genutzt werden. Auch Umwege seien zulässig. "Alle für den Streikzeitraum gültigen Einzel- und Pauschalpreisfahrkarten des Baden-Württemberg-Tarifs können kostenlos storniert oder umgetauscht werden", so die Bahn. Außerdem sollten Reisende für die Dauer der Störung mehr Zeit einplanen.
Welche Rechte und Möglichkeiten haben Fahrgäste?
GDL fordert mehr Geld und Reduzierung der Arbeitszeit
Die GDL hatte ihre Mitglieder im Tarifstreit mit der Deutschen Bahn zu einem 20-stündigen Warnstreik ab Mittwochabend aufgerufen. Die Beschäftigten sollten von 22 Uhr bis 18 Uhr am Donnerstag die Arbeit niederlegen. Die Vertreter von GDL und DB hatten sich in der vergangenen Woche zur ersten Verhandlungsrunde getroffen. Die Gewerkschaft fordert für die Beschäftigten unter anderem 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3.000 Euro. Als Knackpunkt gilt bereits jetzt die Forderung nach einer Arbeitszeitreduzierung von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiterinnen und Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich.
Warnstreik der GDL Meinung: Klaus Weselsky schadet nicht nur der Deutschen Bahn
Die GDL hat im Konflikt mit der Deutschen Bahn zum Warnstreik aufgerufen. Das ist unverhältnismäßig und schadet anderen Gewerkschaften, kommentiert SWR-Redakteurin Sabine Geipel.