75 Prozent der Fahrgäste in Baden-Württemberg haben negative Erfahrungen bei der Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) gemacht. Das geht aus einer ARD-Umfrage hervor, die im Rahmen des ARD-Thementages #besserBahnfahren durchgeführt wurde. "Es vergeht wirklich kein Tag ohne Weichen-, Zug-, Signal-, Betriebs- oder sonstigen Störungen", so ein S-Bahn-Fahrgast aus Filderstadt (Kreis Esslingen), der an der Umfrage teilgenommen hat. Baden-Württemberg liegt damit bei der Umfrage auf Höhe des bundesweiten Durchschnitts.
Die meisten Rückmeldungen aus Baden-Württemberg
Deutschlandweit haben etwa 5.000 Menschen an der Umfrage der ARD teilgenommen. Die meisten Rückmeldungen, etwa 1.000 Stück, kamen aus Baden-Württemberg. Erhoben und ausgewertet wurden die Ergebnisse vom Baden-Württemberg Institut Für Nachhaltige Mobilität (BWIM) an der Hochschule in Karlsruhe.
Am Montag ist Jochen Eckart, Professor am BWIM, zu Gast in der Sendung SWR1 Leute und spricht über die ARD-Mitmachaktion #besserBahnfahren:
Verkehrsökologe Prof. Jochen Eckart | 4.9.2023 Bus, Bahn, ÖPNV: Wie sieht unsere Mobilität in Zukunft aus?
Prof. Jochen Eckart war an der Auswertung der Crowd-Science-Aktion #besserbahnfahren beteiligt. Er verrät, welche Erfahrungen die Menschen mit Bus und Bahn haben und wie wir den ÖPNV in Zukunft besser gestalten können.
Wichtig sind: Pünktlichkeit, Taktdichte und Fahrzeit
Wie auch im Bundesdurchschnitt spielen in Baden-Württemberg vor allem die Faktoren Pünktlichkeit, Taktdichte und Fahrzeit eine wichtige Rolle. Diese Faktoren müssen laut Umfrage besser werden. Speziell in Baden-Württemberg war Wohlfühlen im Bahnverkehr den Befragten besonders wichtig. Im Vergleich zu anderen Bundesländern spielen für die Baden-Württemberger die Kosten im ÖPNV keine so gravierende Rolle. Ersichtlich ist aber auch: In Karlsruhe sind die Menschen besonders zufrieden mit dem ÖPNV.
Baustellen und Einschränkungen verärgern die Fahrgäste
Baden-Württemberg ist, was die Bahn angeht, ein von Baustellen, Einschränkungen und Sperrungen geplagtes Land. Kurzfristige Sperrungen bei Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) im Frühjahr und Sommer machten den Reisenden zu schaffen. Im Sommer sind sowohl der S-Bahn-Tunnel in der Stuttgarter Innenstadt als auch die beiden Zugstrecken von Tübingen nach Stuttgart gesperrt. Diese Einschränkungen machten sich auch in der Umfrage bemerkbar und führten bei einzelnen Teilnehmenden auch zum Umsteigen auf andere Verkehrsmittel. "Durch die spontanen Bauarbeiten im Zusammenhang mit dem digitalen Bahnknoten ist das Fahren mit dem ÖPNV nach Backnang sehr beschwerlich. Dafür nutze ich jetzt wieder das Auto", schreibt ein Umfrageteilnehmer.
Baustellen und Instandhaltungen bei der Bahn Bahnsperrungen in BW: Dringend notwendig - aber schlecht geplant?
Ab Samstag rollen zwischen Bad Cannstatt und Waiblingen wieder die Züge. Aber zahlreiche Baustellen kommen erst noch. Diese sind notwendig, sagt die Bahn - aber schlecht geplant, sagen Kritiker.
Schauen Sie auf dieser interaktiven Karte, was für Rückmeldungen und Erfahrungen zum ÖPNV in Deutschland und Baden-Württemberg gemacht wurde:
Was bringt das Deutschlandticket?
Das Deutschlandticket führt deutschlandweit zu einer stärkeren Nutzung des ÖPNV und reduziert tatsächlich auch den Autoverkehr. Das zeigt eine repräsentative Meinungsumfrage von infratest dimap, die im Auftrag des SWR im Rahmen des ARD-Thementages #besserBahnfahren durchgeführt wurde. Laut Umfrage geben 23 Prozent der Besitzerinnen und Besitzer eines Deutschlandtickets an, seltener mit dem Auto zu fahren, seit sie das Ticket haben.
Auch bei der ARD-Mitmachaktion wurde nach der Nutzung des Deutschlandtickets gefragt. Beide Umfragen lassen laut dem Baden-Württemberg Institut für Nachhaltige Mobilität den Schluss zu, dass das Deutschlandticket insbesondere von Personen genutzt wird, die bereits viel im öffentlichen Personennahverkehr unterwegs sind. Die ARD-Mitmachaktion zeigt: 10 Prozent der Menschen, die ein Deutschlandticket besitzen, steigen vom Auto auf den ÖPNV um. Bei Personen ohne Deutschlandticket ist das so gut wie nie der Fall.
Jochen Eckart, Professor am BWIM in Karlsruhe, war für die Auswertung der ARD-Mitmachaktion verantwortlich. Für ihn ist die Kernaussage der Analyse: "Die Einführung des Deutschlandtickets hat eine Änderung des Verkehrsverhaltens bewirkt: Durch das Deutschlandticket wird der ÖPNV häufiger und das Auto seltener genutzt." Für eine Mobilitätswende müssten allerdings darüber hinaus Maßnahmen ergriffen werden, um den ÖPNV attraktiver zu machen. Damit auch alle erreicht werden, die den ÖPNV noch nicht nutzen. Die Verkehrsunternehmen müssten deshalb den ÖPNV dringend zuverlässiger beziehungsweise pünktlicher machen, so Eckart.
ARD-Thementag #besserBahnfahren
Der ARD-Thementag am 4. September widmet sich den Erfahrungen, die Menschen mit dem Bahnfahren haben. Und der Frage, ob das Deutschlandticket zur Verkehrswende beitragen kann. Wie steht es um unser Schienennetz? Neben der Mitmachaktion wird in vielen Sendungen in Radio, Fernsehen und Online über das Thema #besserBahnfahren berichtet und diskutiert.
ARD-Thementag #bahnfahren Welche Erfahrungen haben die Menschen mit dem Bahnfahren?
Wie steht es um unser Schienennetz? Dieser Frage widmet sich die ARD am Montag, 4. September 2023, mit einem crossmedialen Thementag in Fernsehen, Hörfunk und Online.