Sind Tradition und Verbundenheit wichtiger als Geld? Hat Adidas zu hoch gepokert und - mit einer gewissen Arroganz - viel zu wenig geboten? Hat das deutsche Unternehmen damit gerechnet, dass der Deutsche Fußball Bund sich nicht traut, einen Konkurrenten aus dem Ausland zu wählen? Zwei Standpunkte aus der SWR-Wirtschaftsredaktion zum Ende einer langen Partnerschaft:
Contra - SWR-Wirtschaftsredakteur Christoph Mautes:
"Ja klar: Am Ende geht’s um schnödes Geld. Aber der DFB ist kein DAX-Konzern. Er ist ein gemeinnütziger Verein und das Aushängeschild des deutschen Fußballs. Wer mit Tradition und der Verbundenheit zur eigenen Nation derart hausieren geht, der sollte nicht einfach so seinen lukrativsten Auftrag an einen amerikanischen Konzern vergeben, wenn der deutsche Konkurrent seit einem dreiviertel Jahrhundert gute Dienste leistet.
Adidas und die Deutsche Nationalmannschaft auf blanke Zahlen zu reduzieren, ist davon abgesehen schon fast lächerlich. Und wird auch dem Wirtschaftsaspekt nicht gerecht. Diese Partnerschaft bestand über 70 Jahre und ist damit beinahe so alt, wie Adidas selbst. 1954 liefen Fritz Walter, Helmut Rahn und Co. mit Schuhen von Adidas auf den tiefen, matschigen Rasen von Bern. Und schafften nichts Geringeres als ein Wunder. Die Marken DFB und Adidas sind für viele untrennbar miteinander verbunden. Diese Verbindung ist ein Wert an sich! Den einfach wegzuwerfen ist auch betriebswirtschaftlich betrachtet langfristig dumm, glaube ich.
Und an der Kern-Klientel des DFB selbst geht die Entscheidung auch meilenweit vorbei. Denn niemand liebt Fußball, weil er so schön steril, rational und geschäftstüchtig ist. Außer vielleicht ein paar Brause-Fans. Unterm Strich ist dieser Wechsel ein weiteres Signal, dass im modernen Fußball wirklich restlos ALLES austauschbar ist, wenn nur irgendwer mit genug Cash winkt."
Pro - SWR-Wirtschaftsredakteur Michael Wegmer:
"Der DFB beschäftigt Menschen, hat Einnahmen und Ausgaben in dreistelliger Millionenhöhe, verhandelt mit Sponsoren und ist damit knallhart ein Wirtschaftsunternehmen. Dem es in den letzten Jahren nicht besonders gut geht. Durch das schlechte Abschneiden der Fußballnationalmannschaft der Männer sind Prämien flöten gegangen. Der Bau der neuen Zentrale hat viel Geld gekostet, doppelt so viel wie eingeplant.
In dieser Lage kommt der US-Konzern Nike vorbei und bietet, wenn die Zahlen stimmen, mindestens doppelt so viel pro Jahr wie bisher Adidas. Welcher Chef welches Unternehmens würde da nicht Ja sagen. Wenn schon schwarzer Peter, dann könnte der auch bei Adidas liegen. Wer bei der WM 2014 zum Finaleinzug der Deutschen zwei Millionen Nationaltrikots verkauft hat, wohlgemerkt noch vor dem Spiel, der hätte einfach etwas mehr bieten müssen für die Vertragsverlängerung. 70 Jahre, Tradition, Fritz Walters Schuhe hin oder her. Dass es jetzt auch noch aus der Politik einen erwartbaren Shitstorm gibt, wenn es nicht ums eigene Geld, um den eigenen Haushalt geht, ist in der ganzen Diskussion am aller-verzichtbarsten."