Bei ihrer Recherche, warum Frank Farian so häufig mit Schwarzen Musiker*innen zusammengearbeitet habe, sei sie auf die wiederkehrende Erklärung gestoßen, dass er mit Muttersprachler*innen zusammenarbeiten wollte, sagt Joana Tischkau vom Deutschen Museum für Schwarze Unterhaltung und Black Music in Frankfurt am Main. Farian, der unter anderem Boney M. und Milli Vanilli produzierte, ist am 18. Juli 2021 80 Jahre alt geworden.
Der Mann hinter Boney M. und Milli Vanilli
Der aus Rheinland-Pfalz stammende Frank Farian gilt als einer der wichtigsten Produzenten der Pop-Disco-Ära der 1970er und 1980er Jahre, auch weil er den Disco-Sound nach Deutschland brachte und mit Schwarzen Musiker*innen in Deutschland zusammenarbeitete: Boney M. und Milli Vanilli gehören zu seinen berühmtesten Bands.
Spiel mit „exotischen“ Stereotypen
Ein anderer wichtiger Grund, warum Farian mit Schwarzen Künstler*innen arbeitete, war, so Tischkau, dass sich so die Herkunft der Band gut verschleiern ließ — so habe sich die Gruppe national und regional nicht mehr genau zuordnen lassen: „Man hätte denken können, dass es US-amerikanische oder britische Bands sind“. Das sei zu dieser Zeit gang und gäbe gewesen: „Man konnte sich nicht vorstellen, dass Schwarze Menschen auch einfach in Deutschland leben und Musik machen.“
Sound-Grundlage: Andere Künstler*innen covern
Frank Farian habe nicht nur Schwarze Künstler*innen benutzt, um seine Musik zu vermarkten, sondern er habe sich auch schwarzer Kulturtechniken bedient, erklärt Tischkau: „Fast alle seiner Songs sind Cover-Versionen von Schwarzen Künstler*innen oder Künstler*innen of Colour.“ Die Melodie des Songs „Ma Baker“ basiere etwa auf einem tunesischen Volkslied, dessen Pop-Version Frank Farians Assistent im Urlaub hörte.
Andere Songs, wie „Gotta Go Home“ von Boney M. seien ursprünglich deutsche Schlagerlieder gewesen. Er habe immer nur Gerüste von Songs genommen, diese aufgearbeitet und die Musik ein bisschen aufgepeppt.
Boney M. — „Ma Baker“:
Machtverhältnisse in der Musikindustrie sichtbar machen
Es sei schwierig im Museum mit so einer ambivalenten Figur wie Frank Farian umzugehen, sagt Joana Tischkau: einerseits als Förderer, aber andererseits eben auch als Beförderer stereotyper Strukturen. Im Deutschen Museum für Schwarze Unterhaltung und Black Music versuche man deshalb die Musikerinnen mehr in den Vordergrund zu rücken und weniger den Produzenten Frank Farian.
Außerdem sei es wichtig, die ungleichen Machtstrukturen dieser Künstler-Beziehungen aufzuzeigen — Song-Rechte seien beim Produzenten gelegen und die Bandmitglieder von Boney M. etwa mit geringen Summen abgespeist worden, obwohl ihre Songs in Deutschland millionenfach gespielte Hits waren.