Wir haben mit Björn Rulik über diese besonderen Insekten gesprochen. Er ist Biologe im Museum Koenig der Leibniz-Gemeinschaft in Bonn.
SWR1: Ich hätte jetzt gedacht, alle Mücken würden bei Minusgraden sterben. Wie überleben sie dennoch?
Björn Rulik: Das könnte man meinen, aber es gibt verschiedenste Arten, die sich ganz einfach an die Kälte angepasst haben. Diese bilden sozusagen eine Art Frostschutzmittel, wenn es dann langsam kälter wird, und können dann auch durchaus widrige Umstände, wie Minusgrade, gut meistern.
SWR1: Wovon ernähren sich die Wintermücken? Es blüht ja gerade in der Winterzeit wenig in der Natur.
Rulik: Ja, da ist natürlich das Angebot an Pollen, Nektar oder sonstigen Nahrungsgrundlagen relativ dünn gesät. Der Großteil dieser winteraktiven Arten nimmt in dem Sinne keine Nahrung mehr auf, maximal ein bisschen Flüssigkeit. Sie sind also unabhängig von einer Nahrungsaufnahme.
SWR1: Was machen Wintermücken im Sommer? Leben die dann überhaupt noch?
Rulik: In der restlichen Jahreszeit durchlaufen diese Arten in der Regel dann ihr Larvenstadium oder liegen als Ei eine längere Zeit herum und warten darauf, dass es wieder kälter wird oder das die Entwicklung als Puppe sozusagen zum Herbst abgeschlossen ist, damit sie zum Winter schlüpfen können.
SWR1: Stechen die eigentlich?
Rulik: Nein, die stechen nicht. Vielleicht müssen wir in dem Zusammenhang ganz einfach mal kurz festhalten, dass nur der ganz geringe Anteil von circa 150 Arten, der bei uns in Deutschland vorkommenden Mücken, überhaupt stechen und Blut saugen.
SWR1: Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Wintermücken konkurrenzlos durch die Kälte kommen und uns Menschen schlicht gar nichts tun, außer dass sie plötzlich da sind und man sich über sie wundert.
Rulik: Korrekt. Die haben es ganz einfach geschafft, mit diesen widrigen Umweltbedingungen klarzukommen und die Ressourcen, die ja trotzdem da sind, ganz einfach zu nutzen, weil die Konkurrenz relativ klein ist. Dazu kommt auch noch eine ganz eigene Fauna, die insbesondere unter geschlossenen Schneedecken vorherrscht. Das ist nicht so, dass nichts los wäre. Wir sehen dann am Ende sozusagen nur die Spitze des Eisberges.
An milden Tagen, wenn wir ein paar Plusgrade haben, fangen diese Wintermücken, die Vertreter der Familie der Trichoceridaen, auf einmal an zu schwärmen und bilden Fortpflanzungs- bzw. Begattungs-Schwärme. Das fällt uns dann auf. Der Großteil passiert aber völlig unter der geschlossenen Schneedecke.
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Hanns Lohmann.