Dass Frauen gesundheitsbewusster leben als Männer, ist kein Klischee. Mit dem Hausarzt Dr. Jan König haben wir über die Gründe gesprochen. Er praktiziert zusammen mit seiner Mutter in einer Praxis in Kaiserslautern.
SWR1: Kommen in Ihre Praxis weniger Patienten als Patientinnen?
Dr. Jan König: Das kann ich so nicht sagen. Also die Verteilung ist eigentlich ziemlich gleich, aber das liegt teilweise doch an ganz anderen Gründen.
SWR1: Haben Sie den Eindruck, dass es Männern möglicherweise leichter fällt, sich einem Arzt männlichen Geschlechts anzuvertrauen, also eher Ihnen als einer Ärztin? Sie tauschen sich sicher mit Ihrer Mutter aus, die mit Ihnen die Praxis betreibt. Also gibt es da einen Unterschied?
König: Das ist tatsächlich so. Also wir sind zwei Ärztinnen und ein Arzt bei uns in der Praxis. Wir achten eigentlich auch immer schon, weil wir das wissen, darauf, dass wir das genau zuordnen. Wenn wir bestimmte Männer mit Männerproblemen haben, dann sprechen wir uns vorher ab, damit schon von vornherein klar ist, wer zu wem geht.
SWR1: Der Mann gilt ja als starker Macher, den nichts umhaut. Oder ist das ein Klischee, dass die jüngere Generation abgelegt hat und dann doch auch ein bisschen gesundheitsbewusster lebt? Wie sehen Sie das?
König: Das ist immer noch so, natürlich. Aber es stimmt auch, dass die jüngere Generation doch auffällig gesundheitsbewusster ist. Da ist typischerweise eine Veränderung so um das 30. Lebensjahr zu beobachten. Aber die jungen Leute heutzutage sind teilweise sehr viel körperbewusster. Da gibt es auch viele Social-Media-Trends, die man da beobachten kann, die auch zu uns reinschwappen.
Gendermedizin Diese Vorsorgeuntersuchungen sind wichtig für Männer
Männer gelten als Vorsorgemuffel. Tatsächlich suchen sie seltener einen Arzt auf als Frauen – doch immerhin steigt die Tendenz in den vergangenen Jahren. Diese Vorsorgeuntersuchungen werden für Männer empfohlen.
SWR1: Ist es ein Klischee, dass Männer gern mal erst dann in die Praxis kommen, wenn sie wirklich vor Schmerz kaum noch können und es dann oft zu spät ist?
König: Nein, das ist natürlich kein Klischee. Das sehen wir immer wieder, dass sie zu uns kommen, zum Teil dann auch nur von der Partnerin empfohlen. Das sind dann häufig die Workaholics, die vielleicht auch noch rauchen und schon ein bisschen ein schlechtes Gewissen haben. Die kommen gern mal zu spät.
SWR1: Haben Sie in Ihrer täglichen Erfahrung damit eine Erklärung dafür, warum das so ist?
König: Das hat natürlich viele Gründe. Die Männer haben ein höheres Risikoverhalten und das ist ganz interessant. Man hat auch mal eine Studie in einem Kloster gemacht, und da kann man sehen, dass Mönche und Nonnen unter diesen Bedingungen eine gleiche Lebenserwartung haben. Die Männer haben aber in unserer Gesellschaft ungefähr fünf Jahre weniger zu leben. Da kann man ganz schön sehen, dass genetische Faktoren nicht so eine große Rolle spielen. Das sind im Grunde alles die unterschiedliche Lebensführung der Männer und Frauen. Männer haben einfach mehr Süchte in ihrem Leben, konsumieren mehr Alkohol und Zigaretten und nehmen generell nicht so gern an Präventionsmaßnahmen teil, weil sie im Allgemeinen weniger gesundheitsbewusst auftreten.
SWR1: Haben Sie so eine Art Geheimrezept, wie Sie Männern zu mehr Vorsorge Mut machen?
König: Wir sind natürlich als Hausarztpraxis mehr auf die Prävention fixiert als zum Beispiel die urologischen Kollegen, die dann die Krankheiten am Ende behandeln, die auftreten. Ich denke, wir müssen im Grunde noch viel früher schon die jungen Männer ansprechen und mehr Bewusstsein dafür schaffen. Und letztendlich den Leuten die Perspektive offenlegen, dass es darum geht, dass man heutzutage vielleicht mit guter Medizin auch 20, vielleicht sogar 25 Jahre länger leben kann. Und dass sich nicht alles nur in den ersten paar Jahren abspielt, wo man ein starker Mann ist.
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Hanns Lohmann.