Warum es aktuell so lange dauert an einen neuen Reisepass zu kommen und wann sich die Lage wieder entspannen könnte, erzählt SWR Hauptstadtkorrespondent Oliver Neuroth.
SWR1: Fahren die Menschen mehr und weiter weg als früher?
Oliver Neuroth: Ja, viele holen das nach, was in den Pandemiejahren nur schwierig möglich war, nämlich das Reisen in ferne Länder. Die Zahlen haben da für manche Ziele sogar ein Niveau erreicht, das über dem vor Corona liegt. Deshalb heißt es von der Bundesdruckerei hier in Berlin: "Wir haben so viele Aufträge vorliegen wie noch nie in unserer Geschichte."
SWR1: Welche Rolle spielt der Brexit bei der Passknappheit?
Neuroth: Der spielt auch eine Rolle, heißt es vom Bundesinnenministerium. Denn für Reisen nach Großbritannien braucht man jetzt auch einen Reisepass. Fans von Großbritannien, die vor dem Brexit mit dem normalen Personalausweis einreisen konnten, können das jetzt nicht mehr. Auch diese Reisenden machen sich bei dieser Antragsflut für die Bürgerämter bemerkbar.
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SWR1: Seit vergangenem Jahr müssen Eltern für ihre Kinder einen normalen Reisepass beantragen. Den bisherigen Kinderpass gibt es nicht mehr. Führt das auch zu mehr Anträgen?
Neuroth: Ja, allerdings ist das nur ein kleines Plus, hat mir die Sprecherin des Bundesinnenministeriums gesagt. Das fand ich verwunderlich, weil schließlich alle Kinder unter 12 Jahren jetzt einen Reisepass brauchen für Auslandsreisen. Aber unterm Strich machen dann eben doch der Brexit und seine Folgen und eben auch einfach die Tatsache, dass während der Pandemie die Bürgerämter kaum Termine vergeben haben und jetzt die Bestellungen nachgeholt werden, einen deutlich größeren Anteil aus.
SWR1: Was macht man, wenn man kurzfristig einen Reisepass braucht?
Neuroth: Es gibt da eine Lösung, die aber auch etwas extra kostet. Man kann nämlich eine Express-Bestellung des Reisepasses in Auftrag geben, die kostet zu den 70 Euro, die für den Reisepass fällig werden, nochmal 32 Euro extra. Also insgesamt würde der Reisepass dann knapp über 100 Euro kosten.
Aber die Zustellung wird dann auch garantiert nach drei Werktagen. Was auch möglich ist: sich einen vorübergehenden Reisepass ausstellen zu lassen. Den erkennen die meisten Reiseländer an und das geht tatsächlich sehr schnell übers Bürgeramt.
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SWR1: Wann entspannt sich die Situation voraussichtlich wieder?
Neuroth: Vom Innenministerium heißt es, so Richtung Ende des Jahres könnte es sich schon entspannen, weil dann einfach weniger Menschen verreisen. Und dann kommt noch ein positiver Effekt dazu: Ab Anfang 2025 werden neue Maschinen in der Bundesdruckerei erwartet. Da hat man dann einfach wieder zusätzliche Kapazitäten.
Das Interview führte Michael Lueg.