Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat deshalb den Protesttag "Alarmstufe Rot – Krankenhäuser in Not" ausgerufen. In Rheinland-Pfalz protestieren zum Beispiel Mitarbeiter des Westpfalz-Klinikums in Kaiserslautern, des Kreiskrankenhauses in Grünstadt und des Krankenhauses Maria Hilf in Daun und fahren zum Protesttag in Mainz. Gerald Gaß ist der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft und berichtet von der Lage der Krankenhäuser.
SWR1: Was brauchen Sie denn sofort konkret von der Politik?
Gerald Gaß: Wir brauchen sofort die Zusage, dass es einen Inflationsausgleich für die Krankenhäuser gibt. Denn wir durften unsere Preise, die wir gegenüber den Krankenkassen abrechnen, bisher nicht anpassen an die gestiegenen Kosten aufgrund der Inflation. Deswegen haben wir eine riesige Finanzierungslücke in den Krankenhäusern.
Warten auf die Krankenhausreform
SWR1: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat schon gesagt, die Krankenhausreform kommt und vorher gibt es nicht mehr Geld. Wenn es dabei bleibt, was bedeutet das dann für die Krankenhäuser in Deutschland?
Gaß: Das bedeutet, dass der Minister sehenden Auges und Wissens ein Krankenhaussterben akzeptiert, bis seine Krankenhausreform dann in einigen Jahren greift. Das führt zu Versorgungsengpässen und Lücken für die Bevölkerung und zu einer riesigen Verunsicherung bei den Beschäftigten.
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SWR1: Was heißt das für die Krankenhäuser und die Patienten? Wie wirkt sich diese Finanzierungslücke aus, wenn Sie jetzt nicht sofort Geld bekommen?
Gaß: Wir haben jetzt schon 50 Krankenhausstandorte in Deutschland, die Insolvenz angemeldet haben, wo man also nicht weiß, wie es weitergeht. Einige auch in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Und zwei Drittel aller Krankenhäuser denken konkret darüber nach, Personal abzubauen, um eben ihre Situation an die wirtschaftliche Notlage anzupassen.
SWR1: Das Krankenhaus in Alzey ist beispielsweise auch betroffen. Man weiß nicht, wie es weitergeht. Wie groß ist denn die Wahrscheinlichkeit, dass so ein Krankenhaus tatsächlich dicht machen muss?
Gaß: Das hängt natürlich davon ab, ob der Krankenhausträger – in dem Fall ist es ja die DRK-Krankenhausgesellschaft – noch in der Lage ist, irgendwie finanzielle Mittel zu akquirieren. Von Banken oder möglicherweise vom Land oder anderer Stelle. Wenn das nicht machbar ist, dann muss man wahrscheinlich die bittere Erkenntnis zur Kenntnis nehmen, dass das Krankenhaus geschlossen werden muss und dass der Standort nicht weitergeführt werden kann.
Krankenhäuser befinden sich in kritischer Lage
SWR1: Könnte es sein, dass da ein paar Krankenhäuser übertreiben, einfach um den Gesundheitsminister weich zu kochen und die Situation schlimmer darzustellen?
Gaß: Das ist sicher nicht der Fall. Denn diese Analyse, die wir jetzt hier vortragen, kommt nicht allein von uns. Führende Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und unabhängige wissenschaftliche Gutachter bestätigen die Lage, dass die Krankenhäuser im Moment wirklich am Rande der Existenz arbeiten müssen.
SWR1: Warum reagiert der Gesundheitsminister dann nicht und bringt die Krankenhäuser sehenden Auges in diese schlimme Lage und damit auch die Patienten?
Gaß: Die bittere Erkenntnis ist wahrscheinlich die, dass er davon ausgeht, dass wir zu viele Krankenhäuser in Deutschland haben und dass man offensichtlich auf einige verzichten kann. Ansonsten ist das überhaupt nicht zu erklären, warum der Minister sehenden Auges zuschaut. Er spricht ja sogar selbst davon, dass es ein Krankenhaussterben gibt und dass er es nicht verhindern kann. Er kann es verhindern. Er muss politisch agieren.
SWR1: Sie sagen also, es ist politisch gewollt, dass über diesen Weg, dass eben nicht geholfen wird, Krankenhäuser dicht gemacht werden, damit am Ende weniger da sind?
Gaß: Davon müssen wir ausgehen, denn die Politik ist tatenlos. Der Bundesgesundheitsminister nimmt die Möglichkeiten, die er hat, nicht wahr, obwohl er um die Situation weiß. Insofern ist er auch dafür verantwortlich, was er nicht tut.
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Michael Lueg.
Weitere Informationen auf der Seite der Deutschen Krankenhausgesellschaft.