Keine Angst vor der Darmkrebsvorsorge

Prof. Dr. Jürgen Riemann: "Viele haben eine falsche Vorstellung"

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SWR1

Unbehandelter Darmkrebs führt immer zum Tod, sagt Darmkrebs-Experte Prof. Dr. Jürgen Riemann von der Stiftung "LebensBlicke" im SWR1 Interview. Dabei sind Vorsorgeuntersuchungen unkompliziert und könnten viele Leben retten.

Die Ludwigshafener Stiftung "LebensBlicke" setzt sich seit 25 Jahren für die Darmkrebsvorsorge ein. Der Vorsitzende Prof. Dr. Jürgen Riemann möchte den Menschen die Scham und Sorge vor den Untersuchungen nehmen. Diese können nämlich schlimmeres verhindern.

SWR1: Sie haben die Darmkrebsvorsorge mit der Stiftung "LebensBlicke" in unser aller Bewusstsein gebracht. Das scheint sich auch auszuzahlen. Denn nach der ersten Corona-Welle haben sich dann wieder mehr Menschen zur Darmkrebsvorsorge getraut. Worauf führen Sie das zurück?

Prof. Dr. Jürgen Riemann: Ich führe es darauf zurück, dass durch sehr intensive Öffentlichkeitsarbeit der Eindruck verwischt werden konnte, es sei in den Praxen die Möglichkeit, sich anzustecken. Das heißt die Menschen haben gescheut, zum Arzt zu gehen, weil sie gefürchtet haben, sich anzustecken. Das hat sich gelegt.

SWR1: Ich muss ja ehrlich sagen, ich persönlich hatte auch Respekt vor der Darmspiegelung, fand es aber im Nachhinein überhaupt nicht schlimm. Man ist ja narkotisiert, verschläft den Eingriff. Man spürt da gar nichts. Dennoch nehmen aber viele Menschen, die Anspruch auf eine Darmkrebsvorsorge haben, diese nicht wahr. Ist es die Angst vor der Untersuchung oder die Scham?

Riemann: Ich glaube, es gibt mehrere Gründe dafür. Der eine Grund ist tatsächlich, dass eine gewisse Furcht davor besteht, etwas entdeckt zu bekommen. Und das ängstigt die Menschen. Das zweite ist eine falsche Vorstellung von der Spiegelung. Das ist eine invasive Methode und da könnte etwas passieren. Aber es gibt auch viele Leute, die sagen das brauche ich nicht. Mir fehlt nichts.

Würden alle die Vorsorge in Anspruch nehmen, dann hätten wir wahrscheinlich keinen Grund mehr, über Darmkrebs als bedrohliche Erkrankung zu sprechen.

SWR1: Pro Jahr erkranken ungefähr 60.000 Menschen an Darmkrebs. Wenn die jetzt alle zur Vorsorge gegangen wären, hätte die Erkrankung dann verhindert werden können?

Riemann: Wenn man das ganz theoretisch sieht: selbstverständlich. Denn es stehen so gute Vorsorgemöglichkeiten zur Verfügung, dass die Wahrscheinlichkeit, etwas zu übersehen, gering ist. Würden alle die Vorsorge in Anspruch nehmen, dann hätten wir wahrscheinlich keinen Grund mehr, über Darmkrebs als bedrohliche Erkrankung zu sprechen.

SWR1: Warum ist der Darmkrebs so gefährlich? Weil man ihn zunächst nicht spürt?

Riemann: Genau das ist der Punkt. Darmkrebs entsteht nicht von heute auf morgen, sondern aus sogenannten Vorstufen. Und diese Vorstufen entarten im Laufe von zehn bis 15 Jahren, ohne dass sie Symptome machen, sichtbare Symptome. Das einzige Symptom, was sie machen, ist die Abgabe von nicht-sichtbaren Blut im Stuhl. Und darauf beruht ja der Stuhltest, der so etwas nachweisen kann. Wenn der Darmkrebs Symptome macht, ist er meistens fortgeschritten.

SWR1: Führt der unbehandelte Darmkrebs immer zum Tod?

Riemann: Ja, er führt immer zum Tod, weil der Darmkrebs dann, wenn er ein bestimmtes Größen-Stadium erreicht hat, sehr schnell sogenannte "Metastasen-Absiedlungen" absetzt. Das kann dann ganz schnell zum Tode führen.

Das Interview führte SWR1 Moderator Frank Jenschar.

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