Der Kauf auf Raten ist bei Zahlungsdienstleistern wie PayPal oder Klarna längst normal und wird gerne genutzt. Wer allerdings nicht zahlen kann, steckt schnell in einer Schuldenfalle. Wie Sie richtig mit Bezahldienstleister umgehen, Ihre Finanzen auch beim Online-Shopping und beim Ratenkauf im Blick behalten, darüber haben wir mit dem Inkasso-Experten Philipp Kadel gesprochen.
Der Reiz vom Kauf auf Pump
SWR1: Warum ist das Bezahlen über Klarna und PayPal so verlockend?
Philipp Kadel: Es ist die Verführung aus der Gelegenheit. Denn wenn wir ein Produkt haben, was relativ hochpreisig ist, auf der einen Seite, und das normalerweise nicht in der Reichweite dessen ist, was meine Finanzmittel so hergeben, dann sind das durchaus geeignete Möglichkeiten, da ranzukommen. Zum Beispiel einen Fernseher für 5.000 Euro, den man sich sonst nicht leisten kann. Das geht dann im Zweifel über so eine Finanzierung schon ganz gut.
Bonitätsprüfung bei Zahlungsdiensten
SWR1: Wie handhaben Bezahldienste das mit der Bonitätsprüfung?
Kadel: Die Zugangshürden sind dramatisch gesunken. Jetzt trifft sozusagen die Verführung auf die Möglichkeit und dann geht man eben eine Verpflichtung ein. Das trifft im Grunde schon den Kern. Wenn die Menschen dann den Überblick nicht haben und nicht wissen, wie viel freie Möglichkeiten sie im Monat zur Verfügung haben, dann leben die quasi finanziell von der Hand in dem Mund.
Wenn jemand mit ausreichend Einkommen ausgestattet ist, mag das alles funktionieren. Aber wenn das eben nicht der Fall ist, dann [...] haben wir das Risiko, dass es aufgrund von verschiedener Finanzierungen schnell eng werden kann, wenn dann zum Beispiel noch das Auto kaputtgeht.
SWR1: Wenn die Bonitätsprüfung einen Einfluss auf die Kreditwürdigkeit hat, sieht man in der Schufa dann auch nicht, dass Klarna noch offene Forderungen vorliegen?
Kadel: Das ist nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich war es früher so, dass jede Anfrage auch bei der Schufa entsprechend registriert wurde. Mittlerweile haben die tatsächlich den Prozess so umgestellt, dass die reine Anfrage keinen Einfluss auf den Schufa-Score hat. Wenn es aber hinterher zu Zahlungsstörungen kommt, dann ist das natürlich vorprogrammiert.
Das ist kostenfrei und man kann das über die Homepage von der Schufa machen. Dort bekommt man sämtliche Informationen, die die Schufa über einen gespeichert hat, zu sehen. Fragen Sie also nicht die Eigenauskunft an, denn die ist nur zur Weitergabe beispielsweise an den Vermieter geeignet. Gehen Sie tatsächlich auf die Datenkopie und prüfen Sie die Inhalte dort dann auf ihrer Richtigkeit.
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Der Schufa-Score gibt Auskunft über die Bonität: für Vermieter, Kredite und Versicherungen. Über die verschiedenen Werte der Auskunftei Schufa und die intransparente Berechnung.
Richtiger Umgang mit PayPal und Klarna
SWR1: Welche Tipps haben Sie damit man nicht in diese Schuldenfalle tappt? Klarna oder PayPal mit diesem Zahlungsziel in bis zu 30 Tagen oder auch in Teilzahlungen gar nicht nutzen?
Kadel: Es nicht zu nutzen, ist eigentlich keine Alternative. Das Produkt an sich ist gut und ermöglicht uns auch eine Menge. Aber was den meisten Menschen fehlt, ist das Thema Überblick. Insofern empfehle ich immer eine Zeit lang ein Haushaltsbuch zu führen.
Das kann man machen, "old-school" mit Bleistift und Papier. Oder es gibt auch ein paar wirklich gute Apps, zum Beispiel "Finanzguru", die uns ein bisschen unter die Arme greifen können.
Das soll vor allen Dingen am Ende dazu führen, dass wir ein Gespür dafür kriegen, wie viel haben wir auf der Einnahmenseite, was haben wir an laufenden Verpflichtungen für Miete, Auto und so weiter. Und was haben wir an freien Mitteln? Was dabei gerne übersehen wird ist, dass zu der Mittelverplanung auch gehört, dass Rücklagen gebildet werden müssen. Damit es, wenn zum Beispiel die Waschmaschine kaputt geht, nicht gleich wieder eng wird.
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Wie Sie im Inkasso-Fall richtig vorgehen
SWR1: Dann klappt es auch mit Bezahlen über Klarna und PayPal?
Kadel: Ganz genau. Wenn es dann doch mal schief gelaufen ist und es ist ein Inkassofall entstanden ist, stecken Sie bitte den Kopf nicht in den Sand.Treten Sie proaktiv entweder an den Gläubiger oder an den Dienstleister heran und sprechen Sie darüber, welche Möglichkeiten bestehen.
Das wird gerne übersehen. Da ist natürlich ein bisschen Angst, vielleicht auch ein bisschen Scham dabei. Aber in der Sekunde, in der der Schuldner proaktiv das Thema in die Hand nimmt, in der er Verantwortung übernimmt, wird sich immer eine gute Lösung finden. Denn am Ende wollen ja alle das gleiche. Der Kunde möchte die Verpflichtung loswerden und der Gläubiger möchte sein Geld. Und wenn sich beide über einen Dialog aneinander annähern, dann ist so viel möglich.
Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Steffi Stronczyk.