Hautkrebs

Dermatologe Stephan Grabbe: "Wir erwarten, dass die Anstiege schwächer werden!"

Stand
Moderator/in
Claudia Deeg
Claudia Deeg
Interview mit
Prof. Dr. med. Stephan Grabbe
Onlinefassung
SWR1

Wir haben mit dem Direktor der Mainzer Hautklinik Prof. Dr. Stephan Grabbe über die Ursachen, Entwicklungen und die Früherkennung von Hautkrebs gesprochen.

Die Zahl der Hautkrebserkrankungen steigt auch bei uns jedes Jahr an. 2022 wurden laut Statistischem Bundesamt über 109.000 Menschen mit der Diagnose Hautkrebs stationär behandelt, 75 Prozent mehr als 20 Jahre zuvor. Was beim Thema Hautkrebs wichtig ist, ob die Früherkennung tatsächlich eine Rolle spielt und inwiefern Apps dabei helfen können, darüber haben wir mit dem Direktor der Hautklinik der Universitätsmedizin Mainz, Prof. Dr. Stephan Grabbe gesprochen.

Hautkrebs: Früherkennung — Umgang

SWR1: Herr Grabe, woran liegt es, dass jedes Jahr mehr Menschen an Hautkrebs erkranken? Sind wir mehr in der Sonne, gehen zu lax mit der Sonnencreme um oder wird Hautkrebs einfach besser erkannt?

Stefan Grabbe: Alles, was Sie gesagt haben, trifft ein bisschen zu. Es gibt drei Hauptgründe. Der erste Hauptgrund ist, die meisten Hautkrebsformen treten bei älteren Menschen vermehrt auf, und je älter die Bevölkerung wird, desto häufiger kommt auch Hautkrebs vor. 

Der zweite Grund liegt lange in der Vergangenheit. Denn Hautkrebs hängt davon ab, wie viel Sonne man im Laufe seines gesamten Lebens abbekommen hat. Oder, der schwarze Hautkrebs davon, wieviel Sonne man in der Kindheit abbekommen hat. Also vor vielen, vielen Jahren, als die Leute jung waren, hatten sie noch nicht die Chance, sich mit Sonnencremes und so etwas zu schützen. Damals waren auch diese Zusammenhänge noch nicht bekannt. Jetzt, wo die Leute älter werden, zeigen sich die Schäden aus vergangener Zeit.

SWR1: Das heißt also, heute sind wir im Umgang sensibler?

Grabbe: Wir erwarten sozusagen, dass die Anstiege mit den zunehmenden Jahren immer schwächer werden. Denn seit 20, 30 Jahren hat sich allgemein durchgesetzt, dass sich die Leute vor der Sonne, zumindest vor der zu intensiven Sonne, und vor Sonnenbränden in Acht nehmen. Und da erwarten wir die ersten Auswirkungen in den nächsten Jahren.

SWR1: Was raten Sie? Muttermale, Hautveränderungen beobachten und regelmäßig zum Screening gehen?

Grabbe: Genau! Es gibt in Deutschland ein Hautkrebs-Screening. Ab 35 wird empfohlen das alle zwei Jahre zu besuchen. Und es ist auch sinnvoll, das zu tun. Der Hautarzt sieht meistens mit einem einfachen Blick, ob da irgendwas besorgniserregend ist oder nicht. Und wenn man genauer hinschauen will, dann gibt es Mikroskope, Lupen und auch KI-Tools, die einem bei der Diagnose helfen können.

Hautkrebs: Hausarzt oder Facharzt, oder App?

SWR1: Muss ich denn zum Hautarzt oder kann ich auch zum Hausarzt gehen?

Grabbe: Ganz normale Muttermale kann ein Hausarzt genauso gut beurteilen wie ein  Hautarzt. Falls es dann doch den Facharzt-Blick braucht, kann man dann auch weitergeleitet werden.

SWR1: Eine neue Smartphone-App bietet nun eine Art Hautkrebs-Screening für zu Hause. Da macht man ein Foto von einer auffälligen Stelle und schickt es per App an einen Hautarzt, der dann eine erste Einschätzung gibt. Was halten Sie davon?

Grabbe: Wenn die Betonung auf "erste Einschätzung" liegt, dann mag das sinnvoll sein. Ansonsten haben Untersuchungen gezeigt, dass gerade die Beurteilung von Muttermalen anhand von Fotos sehr fehlerbehaftet ist. Oftmals, weil das Bild einfach nicht scharf genug ist oder weil man sozusagen die Vergleichsmuttermale, die der Patient sonst noch so hat, nicht als Referenzrahmen benutzen kann. Da ist es einfach sehr, sehr schwierig anhand eines einfachen Fotos eine Diagnose zu stellen.

Hautkrebs: Gesunde Bräune, Hauttypen und Vorbeugung

SWR1: Gerade kommen Viele frisch aus dem Sommerurlaub: Gibt es gesunde Bräune?

Grabbe: Wenn man viel draußen ist, ist das ja eigentlich gesund. Auf der anderen Seite sollte man Sonnenbrände unbedingt vermeiden. Tief gebräunt zu sein, ist schon ein Zeichen dafür, dass die Haut zu viel Sonne abbekommen hat.

Jetzt ist das immer abhängig vom Hauttyp. Stellen sie sich vor, sie sind so ein ganz hellhäutiger, rothaariger Typ, da wird man ja eh nicht braun. Da ist jede Sonnenexposition im Prinzip ein Schädigung der Haut. Bei den nordeuropäischen Typen — blonde Haare, helle Haut, blaue Augen — ist das bedingt auch so.

Wenn man aber so ein mediterraner Typ ist — dunkle Haut, dunkle Augen, dunkle Haare —, dann hat man einen natürlichen Sonnenschutz und kann viel länger in der Sonne sein.

SWR1: Aber egal welcher Hauttyp, vorbeugen ist auf jeden Fall besser als heilen, oder?

Grabbe: Ja. Man kann ja einen Hautkrebs nur verhindern, indem man sich tatsächlich vernünftig in der Sonne aufhält und dieses Risiko so gering wie möglich hält.

Nur wenn die Krebsarten zu spät erkannt werden, dann haben wir ein Problem.

Man kann aber vor allen Dingen Hautkrebs früh erkennen und wenn er denn auftritt und früh erkannt wird, und dafür ist dieses Hautkrebs-Screening so wichtig, dann ist er in aller Regel harmlos. Selbst der schwarze Hautkrebs ist, wenn er früh erkannt wird, fast immer heilbar und somit relativ harmlos. Nur wenn die Krebsarten zu spät erkannt werden, dann haben wir ein Problem.

Das Gespräch führte Claudia Deeg.

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