Medikamentenknappheit

Warum gibt es noch Engpässe bei Arzneimitteln?

Stand
Moderator/in
Michael Lueg
SWR1-Moderator Michael Lueg
Onlinefassung
SWR1

Kaum hat die Erkältungszeit begonnen, gibt es bei einigen Medikamenten in den Apotheken wieder Lieferengpässe.

Halbleere Arzneimittelschubladen in den Apotheken, Ärzte, die immer wieder neue Rezepte ausstellen müssen, weil die ursprünglich verschriebenen Medikamente nicht lieferbar sind – und natürlich genervte Patienten. In einigen Apotheken sind etwa zehn Prozent der Medikamente meist nicht lieferbar – mal der Fiebersaft, mal ein Cholesterinsenker. Wir haben Hubertus Kranz im SWR1 Interview gefragt, woran das liegt. Er ist Geschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller (BAH).

SWR1: Herr Cranz, warum haben wir plötzlich diese Probleme?

Hubertus Cranz: Wir haben die Probleme seit einigen Jahren schon. Nur leider hat man bisher nicht mit ausreichender Intensität auf die Problematik geachtet. Und jetzt merken wir das durch eine Verengung im Markt, dass es durch immer weniger Hersteller und durch das extrem niedrige Preisniveau zu immer mehr Engpässen gekommen ist. Leider lässt sich das Problem nicht von einen Tag auf den anderen lösen. Aber wir müssen zusammen rangehen. Und die Sensibilität ist mittlerweile auch da, um zu Verbesserungen zu kommen.

SWR1: Im April hat der Bundestag ein Gesetz verabschiedet, das die Knappheit bei vielen Arzneimitteln bekämpfen sollte. Bei Apothekern und Ärzten heißt es, es sei noch kein Effekt spürbar. Woran liegt das?

Cranz: Das Gesetz geht grundsätzlich in die richtige Richtung. Aber bis die Maßnahmen greifen, dauert es ein Moment. Bis wir den gewünschten Effekt haben, muss man leider doch mit einigen Monaten rechnen.

SWR1: Jetzt heißt es, die Hersteller bekommen im Ausland mehr Geld und deshalb wird einfach dahin geliefert.

Cranz: Das ist zu einfach, das ist auch so nicht richtig. Die Hersteller wollen natürlich den Markt versorgen. Sie haben ja auch ein Interesse daran, das muss mal noch mal deutlich sagen.

Lieferengpässe haben Sie in den USA genauso wie in anderen Teilen der Welt.

SWR1: Warum gibt es dann im Ausland diese Probleme nicht? Warum bekomme ich in den Niederlanden beispielsweise Fiebersäfte, die ich hier nicht bekomme?

Cranz: Das sind Einzelfälle! Das kann man so generell nicht sagen. Die Problematik Lieferengpässe ist eine weltweite Problematik. Die haben Sie in USA genauso wie in anderen Teilen der Welt.

SWR1: Müsste mehr in der Europäischen Union produziert werden, dass wir hier zumindest diese Probleme nicht haben?

Cranz: Grundsätzlich sind wir dafür, dass in der Europäischen Union mehr produziert wird, das macht durchaus Sinn. Es ist erstmals ja auch Interesse da, diese Thematik wirklich anzugehen. Aber es ist eben ein Kraftakt, der nicht von heute auf morgen gleich zu diesem gewünschten Ergebnis führt.

SWR1: Sind die Strukturen bei uns falsch oder liegt es nur am Geld?

Cranz: Es sind schon die Strukturen. Aber es gibt eine Reihe von Verbesserungsmöglichkeiten, um auch flexibler auf gewisse Engpässe reagieren zu können. Wir haben eine ganze Reihe von Schwierigkeiten im regulatorischen Umfeld. Und hier ist wichtig, dass man das bei Arzneimitteln umsetzt, was man generell als Bürokratieabbau bezeichnet.

Das Gespräch führte SWR1 Moderator Michael Lueg.

Rheinland-Pfalz

Warnung vor Hamsterkäufen Kalte Jahreszeit kommt: Droht RLP ein Medikamentenmangel?

Manche Eltern kranker Kinder mussten im vergangenen Winter eine Apotheke nach der anderen abklappern, um an Fiebersäfte, Antibiotika und Co. zu kommen. Wie ist die Lage dieses Jahr?

SWR Aktuell Rheinland-Pfalz SWR Fernsehen RP

Mehr zum Thema Medikamentenmangel

Kaiserslautern

Antibiotika, Schmerzmittel und Co. in Apotheken knapp Apotheker aus Kaiserslautern: Medikamentenmangel könnte sich im Winter verschärfen

Herbst und Winter sind Erkältungszeit. Medikamente sollen da helfen. Viele sind aber gerade in Apotheken knapp und nicht lieferbar. Vermutlich bleibt das auch noch länger so.

SWR4 RP am Morgen SWR4 Rheinland-Pfalz

Mehr Interviews

Mehr Gelassenheit an Heiligabend Margot Käßmann über die "Harmonie-Inszenierung" an Weihnachten

An Weihnachten muss alles perfekt sein. Wirklich? Nein, sagt Margot Käßmann, ehemalige Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Guten Morgen RLP SWR1 Rheinland-Pfalz

Satirischer Rückblick auf 2024 Jahresrückblick mit Dieter Nuhr: "Ich hab' meine Galle rausgeschmissen!"

Auch 2024 zeigt Das Erste den satirischen Jahresrückblick mit Kabarettist und Komiker Dieter Nuhr. Sein persönliches Highlight in diesem Jahr ist übrigens seine Galle.

Guten Morgen RLP SWR1 Rheinland-Pfalz

Oft gewünscht, aber schnell vergessen Studie zu Weihnachten: Warum Geld nicht das beste Geschenk ist

Wie feiern die Deutschen am liebsten Weihnachten? Und was ist das beste Geschenk? Antworten darauf gibt es in der Weihnachtsstudie der Bundeswehr.

Der Nachmittag SWR1 Rheinland-Pfalz