Die Meinungen zu den Bauernprotesten gehen auseinander. Auf der einen Seite bekommt die Landwirtschaft grundsätzlich viel Unterstützung aus der Bevölkerung. Andere finden jedoch, dass die Proteste etwas über das Ziel hinaus schießen. Wir haben darüber mit unserem SWR Experten Werner Eckert aus der Umweltredaktion gesprochen.
SWR1: Die Landwirte kämpfen um den Erhalt ihrer bisherigen Subventionen. Vor allem geht es um das Geld für den Agrardiesel. Es kommt oft der Vorwurf, dass die Subventionen nur den Großbetrieben wirklich nutzen, der einzelne Bauer habe gar nicht so viel davon. Was stimmt denn?
Werner Eckert: Ja, das stimmt schon. Die großen Betriebe haben wie immer am meisten von all diesen Zahlungen. Das gilt auch ganz grundsätzlich für den Agrardiesel. Das ist aber ein Dilemma, in dem die Agrarpolitik seit Langem steckt. Denn immer dann, wenn die Politik etwas anders machen will, zum Beispiel die Kleinbetriebe zu fördern, ist der Deutsche Bauernverband auch dagegen, weil er sagt: Wir brauchen auch für die großen Betriebe Subventionen und können das Geld nicht konzentrieren auf die Kleinen. Sonst gehen die Großbetriebe auch kaputt und wir haben niemanden gerettet. Also, das ist wahr. Aber es ist auch ein Dilemma.
Erhebliche Verkehrsbehinderungen Proteste der Landwirte im Land: Blockaden, Sternfahrten, Kundgebungen
Am Montag haben Bauern in ganz Rheinland-Pfalz gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung protestiert. Ministerpräsidentin Malu Dreyer forderte sie zur Kompromissbereitschaft auf.
SWR1: Auf den Plakaten der Demonstranten steht zum Beispiel: "Keine Lebensmittel ohne Landwirte." Es wird also ziemlich drastisch dargestellt, als ginge es wirklich um die blanke Existenz der Bauern. Hängt sie wirklich zum Beispiel vom Agrardiesel ab?
Eckert: Nicht vom Agrardiesel allein. Aber natürlich sind die Bauern in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite haben sie Geld vom Staat, das sind fast die Hälfte der Gewinne, die aus staatlichen Einkommensübertragungen, Subventionen und dergleichen stammen. Und die sind eben immer wieder Gegenstand von politischen Verhandlungen. Das sieht man ja gerade am Beispiel Agrardiesel.
Auf der anderen Seite ist eben der Druck auf dem Markt, Druck aus aller Herren Länder. Natürlich sind da alle gemeinsam unterwegs, und die Rheinland-Pfälzer hatten in den letzten Jahren auch nicht so viel von dem Zuwachs, den die Landwirtschaft in Deutschland allgemein hat. In den letzten drei Jahren ist es steil bergauf gegangen mit den Bauern, aber der Süden und Rheinland-Pfalz ist ein bisschen die Ausnahme. Das liegt vor allen Dingen an den Weinbaubetrieben. Die hatten früher eher höhere Einnahmen, im letzten Jahr sind diese nach unten gegangen. Das führt dann natürlich zu negativen Gefühlen.
SWR1: Die Bundesregierung hat vergangene Woche schon Zugeständnisse gemacht. Es gibt keine weitere Kfz-Steuer für landwirtschaftliche Fahrzeuge. Wie realistisch ist es denn, dass bei den Sparplänen noch weiter zurückgerudert wird?
Eckert: Die Bauern sind nicht wenig erfolgreich in Sachen Druck machen auf die Politik. Das hat man im vergangenen Jahr gesehen. Ganz viele Dinge, die den Bauern viele Sorgen gemacht haben, vor allen Dingen die Pestizid-Einschränkungen der EU, sind nachher nicht gekommen, weil die Bauern sie eben mit Protest verhindert haben. Also insofern wird man sehen, wie die Politiker reagieren, wenn es jetzt diese Woche häufiger Bauernproteste gibt.
Aber auf der anderen Seite wird derzeit an allen Ecken und Kanten im Haushalt der Regierung gespart. Das bedeutet, wenn die Bauern Erfolg haben sollten, muss irgendwer anderes das Geld zahlen. Schon das erste Zugeständnis an die Bauern hat sehr viel Geld, zum Beispiel aus dem Umweltschutz abgezogen. Da wird es jetzt kein Geld für Umweltschutz geben, weil man hier den Bauern entgegengekommen ist. Und dieses Geld wird man, wenn man weiter ihnen entgegenkommen will, auch irgendwoher holen müssen.
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Michael Lueg.