Neue Doku in der ARD Mediathek

Dr. Astrid Weber: So geht es heute Menschen mit Long- und Post-Covid

Stand
Das Interview führte
Steffi Stronczyk
Michael Lueg
Interview mit
Dr. Astrid Weber
Onlinefassung
SWR1 RP

"Corona-Schicksale – Was von der Pandemie bleibt", so heißt die Dokumentation, die in der ARD Mediathek zu sehen ist. Darin erzählen betroffene Rheinland-Pfälzer, was sie durchgemacht haben und wie es ihnen heute geht. Im Film lernen wir auch Dr. Astrid Weber kennen. Sie ist Leiterin der Long-Covid Ambulanz in Koblenz.

Sie hat uns im Interview erzählt, wie schlecht es vielen Menschen heute noch geht und mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben.

Dr. Astrid Weber: Immer mehr Kinder und Jugendliche von Long-Covid betroffen

SWR1: Leiden Kinder und Jugendliche auch immer häufiger unter den Langzeitfolgen von Covid, wie Müdigkeit und Erschöpfung?

Astrid Weber Ja, im Moment habe ich leider eine Anmeldungswelle. Gestern hatte ich einen neunjährigen Jungen hier. Das ist natürlich etwas, was einen schon belastet. Die Kinder sind dannso auch nicht schulfähig und fallen aus dem Leben. Long- und Post-Covid sind nicht vorbei.

SWR1: Die Schicksale der Kinder und Jugendlichen gehen schon sehr unter die Haut. Was erzählen sie Ihnen?

Weber: Der Junge war sehr pfiffig und würde gerne zur Schule gehen. Mehr als zwei Stunden geht nicht. Er geht dreimal die Woche für zwei Stunden und dann ist er zuhause.

Sascha Becker über die Doku "Corona-Schicksale"

Aktuelle Situation beim Post-Vac-Syndom

SWR1: Sie behandeln viele Menschen mit dem Post-Vac-Syndrom, also die Menschen, die seit der Corona-Impfung teilweise schwere Probleme haben. Geht das Syndrom zurück?

Weber: Ja, genau. Wir haben immer noch Post-Vac-Patienten in der Begleitung und Betreuung. Aber die Patienten haben mittlerweile fast alle eine akute Covid-Infektion gehabt und dadurch noch eine Verschlechterung der vorbestehenden Post-Vac- Symptomatik bekommen. Neuanmeldung von Post-Vac-Patienten habe ich bestimmt seit einem Jahr keine mehr gehabt.

Reportage Corona-Schicksale - Was von der Pandemie bleibt

Fast fünf Jahre ist der Beginn der Corona-Pandemie her. Viele Menschen leiden bis heute unter den Folgen. Sascha Becker fragt Betroffene in Rheinland-Pfalz, wie es ihnen heute geht. Seit 7.1. in der ARD Mediathek und am 9.1., 20:15 Uhr, im SWR.

Hilfe für Long-Covid Patienten

SWR1: Sowohl für Long-Covid- als auch Post-Vac-Betroffene ist es schwer, Anerkennung und Hilfe zu finden. Das äußert sich auch oft darin, dass teure Medikamente oft selbst bezahlt werden müssen. Ohne, dass die Betroffenen wissen, ob das ihnen auch wirklich hilft.

Weber: Ja, das ist leider so. Herr Lauterbach (Bundesminister für Gesundheit, SPD) wollte schon vor einem Jahr die sogenannte "Off-Label-Liste" rausbringen. Darüber tagen die Politiker aber in Berlin seit über einem Jahr. Alle warten sehnsüchtig darauf.

Die Österreicher haben es uns vorgemacht. Sie haben jetzt eine Liste mit den Medikamenten, die wir eigentlich auch haben wollten. Da die Patienten häufig schwer krank und arbeitsunfähig sind – ich hatte jetzt auch eine Verrentungswelle – sind sie finanziell auch nicht so gut aufgestellt, um sich solche Medikamente leisten zu können.

Funktioniert die Hilfe für Long-Covid und Post-Covid Patienten?

SWR1: Gibt es denn Menschen, denen Sie gut helfen konnten, die dann gesund wurden?

Weber: Glücklicherweise habe ich schon Patienten, die genesen. Ich habe über 1.000 Patienten mittlerweile gesehen. Und ich habe auch viele, die ich regelmäßig begleite, und die leider nicht so genesen. Aber auch ein Teil, die dann nach einer gewissen Zeit genesen. Es dauert länger, das ist keine Sache von wenigen Wochen. Aber sie können dann wieder in den Arbeitsprozess zurückkehren.

Corona-Schicksale - Was von der Pandemie bleibt | Doku

Oder in der ARD Mediathek.

Fehlende Unterstützung der Krankenkassen bei Long-Covid

SWR1: Was die Politik und die Krankenkassen angeht, fühlen Sie sich da genügend unterstützt?

Weber: Nein, von den Kostenträgern definitiv nicht. Es ist zum 1. Januar 2025 eine Long-Covid-Richtlinie rausgekommen. Die hört sich erstmal gut an. Sie ist gut für die Basisversorgung, dass der Hausarzt einen Zuschlag bekommt und mehr Zeit hat.

Aber für die spezialisierte Versorgung ist es vollkommen unzureichend. Zum Beispiel gibt es dafür die spezialisierte Versorgung in Hochschulambulanzen. Aber wir in Rheinland-Pfalz haben keine Hochschulambulanzen. Ich bin eine spezialisierte Versorgungseinrichtung und ich würde nicht unter diese Richtlinie fallen. Das finde ich mehr als ärgerlich.

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